IT- und Multimedia-Branche:Mein Bonus, sein Auto, ihr Gehalt

Lesezeit: 3 min

Mehr oder weniger: Wie sich die Gehälter von IT-Beschäftigten entwickeln.

Von Nicola Holzapfel

Die Gehälter liegen bei 56.000 oder 47.000 Euro, sie sind gefallen oder gestiegen - je nachdem welche Studie man aufschlägt. Die optimistischsten Werte liefert die Unternehmensberatung Kienbaum. Sie hat die aktuellen Gehälter der Fach- und Führungskräfte in IT-Abteilungen von 205 Unternehmen verschiedener Branchen erhoben. Demnach konnten sich leitende IT-Experten gegenüber dem Jahr 2004 um 3,4 Prozent auf durchschnittlich 96.000 Euro steigern. Die Fachkräfte legten um 3,0 Prozent auf 56.000 Euro zu. "Die Gehälter sind querbeet durch alle Berufe gestiegen. Sehr stark im Kommen sind die Sicherheitsfunktionen in Unternehmen", sagt Christian Näser von Kienbaum.

In manchen Berufen haben die Gehälter kräftig zugelegt. Aber der Nachwuchs muss sich noch bescheiden: "Berufseinsteiger müssen eher mit geringeren Einkommen zufrieden sein. Daran zeigt sich, dass zurzeit noch immer viele Bewerber auf wenige Stellen kommen", sagt Christian Näser von Kienbaum. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Ganz anders der Tenor der Entgelterhebung der IG-Metall vom vierten Quartal 2004: In den befragten Unternehmen gab es entweder keine oder nur geringe Gehaltssteigerungen. In einigen Firmen ohne Tarifbindung hat es bereits seit Jahren keine Erhöhungen gegeben. An der Umfrage hatten sich 47 Betriebe beteiligt, darunter Software-Anbieter und Beratungsunternehmen. Am besten haben sich noch die Gehälter für Berater und Marketing-Profis entwickelt. Schon Marketing-Einsteiger kommen auf ein Jahresgehalt von 43.000 Euro, in Leitungsfunktion mit langjähriger Erfahrung gibt es mehr als das Doppelte. Junior-Berater verdienen im Schnitt 42.600 Euro im Jahr. Senior-Berater mit langjähriger Berufserfahrung liegen bei 68.000 Euro.

Auch nach der Online-Umfrage der Computer-Zeitschrift c't liegen die Gehälter in Marketing, Vertrieb und Verkauf im Aufwind. Gegen den Trend haben sie um 9,3 Prozent zugelegt und kommen auf 59.200 Euro. Spitzenverdiener sind die Berater mit fast 60.000 Euro. An dritter Stelle stehen die Hardware-Entwickler mit 49.100 Euro. Schlusslicht bilden Webentwickler mit 36.600 Euro.

4800 IT-Angestellte quer durch alle Branchen haben bei der Umfrage mitgemacht.

Laut dem Gehaltsspiegel des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) sind Marketing-Profis zurzeit nicht nur die gesuchtesten, sondern auch die am besten bezahlten Fachkräfte der Multimedia-Branche. Der BVDW hat die Gehälter in 122 Unternehmen untersucht, die zum Großteil Internet-Anwendungen gestalten. Im Schnitt arbeiten in den befragten Firmen 20 Mitarbeiter.

Über alle Berufe hinweg sind die Gehälter der Multimedia-Beschäftigten 2004 gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent gestiegen. In den Marketing-Abteilungen werden Angestellten im Schnitt 48.000 Euro, Führungskräften 63.000 Euro gezahlt. Im Projektmanagement kommen die Mitarbeiter auf durchschnittlich 43.000 Euro, die Programmierer folgen mit 41.000 Euro, das Schlusslicht bilden die Designer mit 36.000 Euro.

In allen Umfragen sind die Spannbreiten der erhobenen Gehälter sehr groß. Wie viel auf dem Lohnzettel steht, entscheiden eben nicht nur Beruf und Position. Ein wichtiger Einflussfaktor ist die Branche. Laut der c't-Umfrage zahlen Banken und Versicherungen mit im Schnitt 53.800 Euro am besten, knapp dahinter liegen die Telekommunikationsunternehmen mit 53.600 Euro. Am schlechtesten bezahlt der Öffentliche Dienst seine IT-Beschäftigten: Sie kommen nur auf 38.100 Euro.

Auch die Größe des Arbeitgebers bestimmt über die Verdienstmöglichkeiten. Claus Becher und Daniel Apfelbaum von der Uni Frankfurt, die die c't-Umfrage ausgewertet haben, erklären das mit den Hierarchien: In großen Unternehmen hätten mehr Beschäftigte Personal- und Führungsverantwortung und daher auch höhere Gehälter. Laut Kienbaum kann der Unterschied bis zu 50 Prozent mehr ausmachen.

Große Einkommensdifferenzen gibt es auch nach Regionen. Am schlechtesten gezahlt wird laut c't in Sachsen-Anhalt, am besten in Hessen. In der Multimedia-Branche scheint es dagegen ein Nord-Süd-Gefälle zu geben. Dem BVDW zufolge verdienen die Beschäftigten in München am meisten. In Hamburg gibt es am wenigsten Geld, dafür wird am längsten gearbeitet.

Bei der Ausbildung zahlt sich laut c't ein Hochschulabschluss kräftig aus. Zwar kann laut der Umfrage steigende Berufserfahrung fehlende Qualifikation wettmachen - so verdienen ITler ohne Abschluss mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung mehr als ihre Kollegen mit IHK-Zertifikat -, am besten bezahlt werden aber Uni- und FH-Absolventen. Am meisten verdienen Wirtschafts- und Naturwissenschaftler. Kienbaum hat ausgerechnet, wie lohnend ein Doktortitel sein kann: Pro Jahr kann es mitunter bis zu 44.000 Euro mehr geben.

Wenn Extras zur Gewohnheit werden

Für alle Beschäftigten nehmen Gehalts-Extras zu. "Immer mehr Unternehmen setzen auf variable Zahlungen, auch unterhalb der Führungsetagen", sagt Christian Näser von Kienbaum. "So können sie die Gehälter besser dem augenblicklichen Geschäftsverlauf anpassen. In guten Jahren fällt es leichter, die Prämien zu zahlen. Wenn die Geschäfte schlechter laufen, fallen die Sonderleistungen weg. Das entlastet die Firmen dann auch ein Stück."

Von den Teilnehmern der c't-Umfrage erhalten mehr als 70 Prozent Sonderzahlungen. Am häufigsten sind vermögenswirksame Leistungen, Fahrtkostenausgleich, Handy und Jahresprämie. Ein Dienst-Auto haben nur zehn Prozent.

Frei und gefragt

Aufwärts geht es zurzeit mit den Honoraren für Freiberufler. Erstmals seit 2002 können die IT-Spezialisten wieder mehr verlangen. "Die Stundensätze steigen wieder. Die verstärkte Nachfrage im Markt macht sich bemerkbar", sagt Stefan Symanek von Gulp, einem Portal für IT-Projekte. Im Schnitt liegt der Stundensatz nun bei knapp 66 Euro, im Februar waren es noch 64 Euro. Die höchsten Forderungen können Projektleiter und Berater stellen, danach kommen die Software-Entwickler und Trainer.

Für manche IT-Spezialisten eröffnen sich ganz neue Perspektiven. "Unternehmen versuchen verstärkt, Freiberufler für eine Festanstellung zu gewinnen. Das zeigt, dass sie über die traditionellen Rekrutierungswege nicht mehr fündig werden", sagt Symanek, der davon ausgeht, dass sich die Situation für die Arbeitgeber in nächster Zeit noch verschärfen wird.

Dreht sich also der von Bewerberseite oft beklagte Trend, dass man in der IT-Branche nur in jungen Jahren Chancen bekommt? Das Durchschnittsalter der Freiberufler liegt laut Gulp genau bei 40. "Der Markt altert und der Nachwuchs bleibt aus. Die Unternehmen haben gemerkt, dass sie sich ein großes Potenzial und damit auch die gesamte Erfahrung wegschneiden, wenn sie nur Junge kontaktieren", sagt Symanek.

© Bruttogehälter inkl. Urlaubs-, Weihnachtsgeld, 13. Gehalt - ohne Provisionen, ohne geldwerte Vorteile, ohne variable Zahlungen. Abgebildet wird der Mittelwert. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: