Interview:Chef, ich will mehr Geld!

Lesezeit: 2 min

Über den richtigen Zeitpunkt und Strategien für die Gehaltsverhandlung.

Interview: Nicola Holzapfel

Ein Interview mit dem Gehaltsexperten Christof Schössler.

sueddeutsche.de: Wie weit kann man denn für Gehaltsverhandlungen überhaupt allgemeine Tipps geben?

Schössler: Das ist natürlich schwierig. Denn letztlich stellt sich die Situation jeder Branche, jedes Unternehmens und natürlich jedes Mitarbeiters vollkommen unterschiedlich dar. Es gibt Unternehmen bei denen regeln sich Gehaltserhöhungen ohnehin per Tarifvertrag. Das wird in Zukunft aber weniger werden. Darum wird die Fähigkeit, Gehaltsgespräche gut und clever zu führen, immer wichtiger.

sueddeutsche.de: Woher weiß man denn, ob man mehr Gehalt verlangen kann?

Schössler: Dafür gibt es allgemeine Indikatoren. Der wichtigste ist: Geht es dem Unternehmen gut? Dann muss man schauen: Wie geht es der Branche? Erst dann kommen die individuellen Faktoren. Man muss sich in die Lage des Arbeitgebers versetzen und sich fragen: "Würde ich mir als mein Chef selber mehr Gehalt zahlen?".

Das kann man ganz leicht herausfinden, indem man die vergangenen zwölf oder achtzehn Monate Revue passieren lässt und sich fragt: "Habe ich eigentlich mehr geleistet? Habe ich schwierige Projekte zum Abschluss gebracht? Hat sich mein Verantwortungsbereich vergrößert?"

Aber all das nützt natürlich nichts, wenn es dem Unternehmen nicht gut geht.

sueddeutsche.de: Heißt das, dass, wenn die Lage des Unternehmens schlecht ist, selbst ein sehr guter Mitarbeiter nicht mit einer Gehaltserhöhung rechnen kann?

Schössler: Ja, das gilt selbst für einen Bilderbuch-Mitarbeiter. Wenn es dem Unternehmen nicht gut geht, sollte man so sensibel sein und von einem Gespräch, mit dem Ziel mehr verdienen zu wollen, erst einmal absehen. Man sollte den Chef nicht überstrapazieren.

Außerdem hat die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes ganz einfach Vorrang vor einer Gehaltserhöhung. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Natürlich sollte man dann, wenn es dem Unternehmen besser geht, wieder vorstellig werden.

sueddeutsche.de: Angenommen dem Unternehmen und der Branche geht es gut, und man ist der Ansicht, mehr verlangen zu können: Wie überzeugt man seinen Chef dann am besten?

Schössler: Mit Leistung. Mann muss belegen können, wie wertvoll man für das Unternehmen ist. Wenn man seinem Chef plausibel machen kann, dass man ihm mehr bringt als man ihn kostet, dann wird er sich nicht dagegen sträuben, mehr Geld zu zahlen. Gehalt ist eben keine Anwesenheitsprämie, sondern Leistung für Gegenleistung.

sueddeutsche.de: Was sollte man im Gespräch auf jeden Fall unterlassen?

Schössler: Man darf den Chef nicht erpressen. Man sollte nicht sagen: Entweder kriege ich jetzt mehr Geld, oder ich gehe.

sueddeutsche.de: Dann darf man also nicht pokern?

Schössler: Jeder ist frei zu pokern. Allerdings sollte man sich im Klaren darüber sein, dass der Schuss nach hinten losgehen kann.

Was man auf keinen Fall darf, ist im Vorstellungsgespräch zu hohe Angaben über das aktuelle Gehalt zu machen. Damit macht man sich strafbar und der neue Arbeitsvertrag ist, sobald das rauskommt, jederzeit vom Arbeitgeber wegen arglistiger Täuschung fristlos kündbar.

sueddeutsche.de: Gibt es eine Faustregel, wie viel mehr man verlangen kann?

Schössler: Ja, allerdings ist das wirklich nur eine Faustregel - es kann natürlich Abweichungen nach oben und nach unten geben. Wenn man in der Firma bleibt und die Position sich nicht ändert, sind das zwischen fünf und zehn Prozent auf das Bruttogehalt. Wenn man den Arbeitgeber wechselt, sind sicherlich zwischen zehn und fünfzehn Prozent mehr drin.

Ich würde jedoch empfehlen, über das Netto-Gehalt nachzudenken. Warum muss es unbedingt eine Brutto-Erhöhung um 500 Euro sein? Warum belässt man es nicht beim Buttogehalt und verhandelt über steuerfreie Gehaltsextras, beispielsweise über Kindergartenzuschläge, eine Direktversicherung oder die private Nutzung des Dienstwagens?

Christof Schössler ist Autor des Ratgebers "Mehr Gehalt", der kürzlich im Rudolf Haufe Verlag erschienen ist.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: