Internet-Betrug:Auf die Philippinen zum großen Schwindelgeschäft

Lesezeit: 2 min

Fast zehn Jahre lang soll ein Deutscher von der Insel Cebu aus per Internet hunderte Arbeit suchende Menschen betrogen haben.

Von Johannes Nitschmann

Als die Zielfahnder bei Manfred M. in einem Internetcafé auf der philipinischen Insel Cebu auftauchten, hatte der sein Büro gerade im Rucksack verstaut. Mit einem Laptop und einem Handy soll der 57-jährige Bad Harzburger fast zehn Jahre ein großes Rad beim Internet-Betrug gedreht haben. Es handele sich um eine "beispiellose Betrugsserie", bei der hunderte von Bundesbürgern geschädigt worden seien, erklärte am Dienstag der Leiter der Zielfahndung beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt (LKA), Rudolf Brügge. Gegen M. werde von 43 deutschen Staatsanwaltschaften ermittelt. Der Schaden gehe "in die Hunderttausende". Allein die federführende Staatsanwaltschaft Köln wirft dem Mann mehr als 200 Betrugsfälle vor. Hinzu komme "eine immens hohe Dunkelziffer".

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war der gelernte Elektro-Ingenieur 1996 mit seiner Firma hochverschuldet in Konkurs gegangen. Danach habe er seine Ehefrau mit zwei Kindern zurückgelassen und sich auf die Philippinen abgesetzt. Dort habe er mit groß angelegtem Internetbetrug bald einen luxuriösen Lebenswandel geführt: mit Villa, Ferienhaus und Boot sowie zwei Frauen und mehreren gemeinsamen Kindern.

Kontonummer aus dem Papierkorb

In Internet-Jobbörsen habe M. gezielt Bundesbürger aufgespürt, die dort Nebenbeschäftigungen suchten. Bei diesen Personen habe er sich als ehemaliger Manager einer Luftfahrgesellschaft vorgestellt, der besonders preisgünstig Last-Minutes-Tickets vermitteln könne. Er suche in Deutschland Kuriere, die diese Flugtickets an die Kunden zustellten.

Zu der Arbeitsvereinbarung gehörte, dass der angeworbene Mitarbeiter sein Konto für den Zahlungsverkehr zur Verfügung stellte. Doch den Ermittlungen zufolge traf auf den Konten der Kuriere nicht das Geld der potenziellen Kunden ein, sondern Überweisungen, die von M. selbst veranlasst worden waren. "Aus Zeitungen und Papierkörben" habe er sich Kontonummern großer deutscher Unternehmen besorgt und "total gefälschte Überweisungsträger" angefertigt, erklärten die LKA-Fahnder. Damit habe er den Boten in Deutschland einen ordnungsgemäßen Zahlungseingang der Ticket-Käufer vorgetäuscht. Die Kuriere zogen eine Provision von 20 Prozent ab und überwiesen den Restbetrag in bar über eine Reiseverkehrsbank unter einem Stichwort auf die Philippinen. Dort habe M. das Geld ohne Preisgabe seiner Identität jahrelang "abgreifen können".

Tickets seien bei diesen Geschäften nie geliefert worden, erklärte das LKA. Für die von M. eingespannten Kuriere folgte das böse Erwachen, wenn die Banken die gefälschten Überweisungen bemerkten oder von den Firmen über ihre betrügerisch belasteten Konten alarmiert wurden. Per Rückbuchung holten sich die Banken das Geld bei den hinters Licht geführten Kurieren zurück.

Außerordentliche Sorglosigkeit

Nach den Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen LKA machen sich immer mehr Internet-Betrüger "die Unkenntnis, Arglosigkeit und Leichtgläubigkeit" finanzschwacher Menschen zunutze, die im Netz nach zusätzlichen Einnahmen suchen.

Der Düsseldorfer LKA-Chef Wolfgang Gatzke hat "einen Strukturwandel" bei der Kriminalität ausgemacht. Die zunehmenden Betrügereien im Internet stellten die Fahnder ebenso vor neue Herausforderungen wie den normalen Bürger. Viele Menschen seien bei den neuen Medien "außerordentlich sorglos", klagte Gatzke. "Sie haben kein ausreichendes Gefahrenbewusstsein und tappen in die Falle hinein."

© SZ vom 23.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: