Industriedesigner:Schön und gut

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Jörg Ostenrieder, Industrie-Designer: "Anfassen ist wichtig".

Astrid Becker

(SZ vom 5.10.2001) Kaffeemaschinen, Autofelgen, Wasserhähne, Korkenzieher haben eines gemeinsam: Sie müssen nicht nur ihren Zweck erfüllen. Sie sollen auch schön sein. Doch wann und warum gilt etwas als schön? Und wer legt das fest? Zu den Menschen, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, zählen Industriedesigner wie der 29-jährige Jörg Ostenrieder. Es ist Teil seines Jobs, die Funktionalität eines Gegenstands mit seiner Ästhetik in Einklang zu bringen.

Design-Rechner von Apple Computer (Foto: N/A)

Vor fünf Jahren, noch während des Studiums, hat sich Ostenrieder mit seinem Kommilitonen Tom Wolf, 33, selbstständig gemacht. Seit Anfang des Jahres sind sie zu dritt: Mit dem 28-jährigen Patrick Scholl nennen sie sich nun "die Haptiker". Allein mit diesem Namen kommen die drei ihrer Auffassung von Schönheit recht nahe. "Wichtig ist, was im Menschen passiert, wenn er einen Gegenstand anfasst - ob die Empfindungen und Assoziationen, die durch das Tasten in ihm geweckt werden, gut sind", sagt Ostenrieder.

Er zeigt auf das Aushängeschild der Haptiker, die "Acrybox" - eine Art Schrank, der wegen seines reinen Innenraumklimas in der Lebensmitteltechnik und in der Mikrobiologie eingesetzt wird - also ein Stück, das der Normalverbraucher nur selten zu Gesicht bekommt. In seiner Diplomarbeit erfand Ostenrieder für das bisher einem Medizinschrank aus dem vorigen Jahrhundert ähnelnde Stück ein neues Outfit. Doch eben nicht nur das: Die neue Form des Schranks erhöhte sogar seine Funktionalität. Denn Ostenrieder zerlegte den Spezialschrank, den es davor nur in einer fixen Größe gab, in mehrere Einzelteile - für die Nutzer ein entscheidender Vorteil. Ostenrieder hat allen Grund, auf seine Idee stolz zu sein: Sie brachte ihm im vergangenen Jahr immerhin eine der begehrtesten Auszeichnungen der Branche ein, den "Design Award".

So schaffen sich die Haptiker einen Namen in der Branche - und das ist Ostenrieder wichtig: Wer das Thema Image ernst nimmt, schafft sich selbst eines. Unternehmen wie Siemens teilen diese Auffassung. Für sie gestaltet Ostenrieder beispielsweise Maschinen, die Platinen mit Chips bestücken. Wozu brauchen diese Stückautomaten ein Design weit über die Funktion hinaus? "Wenn Kunden eine gut gestaltete Produktionshalle besichtigen, die nach High-Tech aussieht, vertrauen sie Siemens und kaufen mehr." Design als Garant für den Markterfolg - eine Weisheit, die mittlerweile offenbar für alles gilt: für Investitionsgüter ebenso wie für Kaffeemaschinen, Autofelgen, Wasserhähne oder Korkenzieher.

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