Hochschulpakt:275.000 neue Studienplätze

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In zähen Verhandlungen haben die Kultussminister jedes Detail ausdiskutiert: Sie wollen 18 Milliarden Euro zusätzlich in die Bildung investieren. Doch die Finanzminister mauern.

Es ist in diesen schwierigen Zeiten ein gewaltiger politischer Kraftakt für die Hochschulen wie für die Forschung. Aber die Bildungsminister von Bund und Ländern sind sich einig: An zusätzlichen Milliarden-Investitionen in Studienplätze, Forschungspersonal und Labors führt trotz neuer Rekordverschuldung und sinkender Steuereinnahmen kein Weg vorbei - wenn Deutschland auch nach der Krise seine Stellung auf dem Weltmarkt behaupten will.

Arme Hochschulen: Der Hochschulpakt II ist trotz weitgehender Einigung der Wissenschaftsminister noch lange nicht in trockenen Tüchern. (Foto: Foto: ddp)

Doch die Finanzminister heben bereits mahnend die Hände. Der Hochschulpakt II wie auch die zusätzlichen Förderprogramme für die Forschung sind trotz weitgehender Einigung der Wissenschaftsminister noch lange nicht in trockenen Tüchern.

Unabwägbare Konjunkturrisiken

Seit Wochen laufen zwischen Bundesfinanzministerium und dem Bundesbildungsministerium die Telefone heiß. Ein Brief von Finanzstaatssekretär Werner Gatzer an seine Amtskollegin im Bildungsressort, Cornelia Quennet-Thielen, elektrisierte am Mittwoch die in Berlin tagenden Wissenschaftsminister.

Angesichts noch unabwägbarer weiterer Konjunkturrisiken mahnt Gatzer die Bildungsseite eindringlich zur Mäßigung beim Versprechen neuer Milliarden-Ausgaben. Der Bundes-Haushälter kann sich dabei auch auf Rückendeckung seiner Länderkollegen berufen.

Regelmäßige Etatsteigerungen garantiert

Nach dem Willen der Bildungsminister sollen Hochschulen und Forschung bis 2015 mit folgenden zusätzlichen Milliarden-Hilfen fit für die Zukunft gemacht werden: 6,4 Milliarden Euro für die Schaffung von 275.000 Studienanfängerplätzen (Kosten je zur Hälfte Bund und Länder), 1,5 Milliarden Euro für eine Forschungsprogramm-Pauschale (nur Bund), 2,7 Milliarden für die Neuauflage der Exzellenzinitiative zum Aufbau von Spitzenforschung und Eliteuniversitäten (75 Prozent Bund, 25 Prozent Länder) sowie weitere 5 Milliarden Mehrausgaben für den "Pakt für die Forschung", mit dem den Forschungsorganisationen regelmäßige Etatsteigerungen garantiert werden sollen.

Die Bildungsminister haben in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) in zähen Verhandlungen jedes Detail ausdiskutiert. Kompromisse sorgen dafür, dass der besonderen Situation der neuen Länder und auch der Stadtstaaten Rechnung getragen wird. Der Ost-Länder übernehmen angesichts des dort schon deutlich spürbaren Geburtenrückgangs einen Teil der Ausbildungslasten der West-Länder. Ein Bonus soll die Stadtstaaten dafür entschädigen, dass sie weitaus mehr Studienplätze anbieten, als sie dies angesichts der Zahl ihrer Landeskinder für nötig erachten.

Auf der nächsten Seite: Warum der Konflikt zwischen Bildungs- und Finanzseite ist für die nächsten Wochen programmiert ist.

"Nicht von dieser Welt"

Die Papiere sind unterschriftsreif. Doch der Konflikt zwischen Bildungs- und Finanzseite ist für die nächsten Wochen programmiert. Dabei wird es vor allem auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ankommen. Sie muss am 4. Juni in Berlin die Länder- Ministerpräsidenten mit ins Boot holen - und die Einlösung der Versprechungen einfordern, die sich Bund und Länder vor einem halben Jahr auf dem Bildungsgipfel in Dresden gegenseitig gaben.

Die Spitze der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat inzwischen den Ernst der Lage erkannt. Auffällig war, dass HRK-Präsidentin Margret Wintermantel am Mittwoch in Berlin auf die sonst üblichen massiven zusätzlichen Geldforderungen verzichtete - die in der Vergangenheit selbst gutwillige Wissenschaftsminister häufig "als nicht von dieser Welt" bezeichnet hatten. Eindringlich mahnte Wintermantel, jetzt weder zulasten von Lehre und Ausbildung noch zulasten der Forschung zu sparen.

Und nahezu geschlossen hatten am Vortag die Rektoren auf ihrer Jahresversammlung in Aachen versprochen, künftig an dem neuen bundesweiten Zulassungsverfahren teilzunehmen. Künftig soll keiner der teuren Studienplätze in den örtlichen Numerus clausus-Fächern mehr unbesetzt bleiben, nur weil es kein überregional funktionierendes Nachrückverfahren gibt.

Keine Erstsemester-Flut

Dabei haben die Hochschulen mit ihrem selbst organisiertem Zulassungs-Chaos in den NC-Fächern seit 2004 auch ein Stück mit dazu beigetragen, dass der immer wieder prognostizierte "Studienanfängerberg" aus den geburtenstarken Schulabgängerjahrgängen bislang weitgehend eine "Fata Morgana" am Planungshorizont blieb.

Zwar verließen im vergangenem Jahr 19,4 Prozent mehr junge Menschen ihre Schule mit Abitur oder dem Zeugnis der Fachhochschulreife als noch vor fünf Jahren. Im gleichen Zeitraum stieg jedoch die Zahl der Erstsemester lediglich um 2,4 Prozent.

© dpa/Karl-Heinz Reith - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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