Hochschule in Bayern:Die Zukunft der Forschung

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Mehr Geld und eine Konzentration der Fächer sollen die Universitäten in Bayern stärken.

Von Christine Burtscheidt

Am Dienstag hat die Kommission "Wissenschaftsland Bayern 2020" ihre Reform-Vorschläge vorgelegt. Stimmt der Landtag zu, wird das zum größten Umbau der Hochschulen in der Nachkriegsgeschichte führen. Hier die Empfehlungen zu Fächern und Fachhochschulen:

Eine Forderung der Kommission an die Fachhochschulen lautet: mehr forschen. (Foto: Foto: photodisc)

Naturwissenschaften: Die traditionelle Einteilung in Fakultäten der Physik, Chemie, Biologie und Mathematik verhindert Innovationen, die heute vor allem zwischen den Disziplinen stattfinden. Die Kommission rät sowohl den nordbayerischen Unis in Bayreuth, Erlangen, Regensburg und Würzburg sowie den südbayerischen in München die Fächer jeweils in eigenen "Schools of Science" zu vereinigen. Auch sollen sich die Hochschulen in Lehre und Forschung besser aufeinander abstimmen; insbesondere die Münchner Universitäten.

Zudem beklagen die Experten eine chronische Unterfinanzierung der Naturwissenschaften im internationalen Vergleich.

Medizin: In der Medizin wird zu wenig geforscht. Das gilt für Deutschland wie für Bayern. Doch gibt es löbliche Ausnahmen. In Würzburg beispielsweise macht die Kommission optimale Rahmenbedingungen für eine konkurrenzfähige internationale Forschung aus. In Erlangen sei es sogar gelungen, in den vergangenen 20 Jahren eine "Vorreiterrolle" in der klinischen Forschung in Deutschland zu spielen. In Regensburg gibt es hingegen noch Defizite. Und in München sieht das Gremium nur dann die Chance auf einen "europaweit bedeutenden Forschungscampus", wenn es gelingt, alle Grundlagenfächer auf dem Campus in Martinsried-Großhadern zu konzentrieren. Unterstützung erhält generell der Vorschlag der Münchner Klinik-Aufsichtsräte, die Innenstadt als Standort bis auf einige Solitäre und ein Ambulatorium aufzugeben. Des weiteren sollen die beiden Medizin-Fakultäten fusionieren.

An allen Uni-Kliniken wünschen sich die Experten ein besseres Management. Sie sollten selbstständiger und professioneller geführt werden.

Veterinärmedizin: Das Fach an der Ludwig-Maximilians-Universität in München soll nach Ansicht der Kommission an die TU auf ihren agrar- und umweltwissenschaftlichen Standort in Weihenstephan abgetreten werden.

Geisteswissenschaften: Die kleinen Institute verhindern fachübergreifende Forschungprojekte. Zugleich sind die Fächern, die auch "Orchideen" genannt werden, der Gefahr ausgesetzt, besonders schnell Opfer von Sparmaßnahmen zu werden. Die Kommission spricht sich somit gegen die geplante Schließung bundesweiter Unikate wie der Orthodoxen Theologie oder der Wissenschaftsgeschichte an der Münchner Uni aus. Wie in den Naturwissenschaften raten die Experten zur Zusammenführung zu großen geisteswissenschaftlichen Fakultäten, die durch Zentren für Geschichts- oder Literaturwissenschaft ergänzt werden sollen. Völlig isolierte Fächer wie die Assyriologie in Erlangen sollen allerdings aufgegeben oder verlagert werden.

Ingenieurwissenschaften: Mit bayernweit lediglich zwei Standorten, der TU München und der Uni Erlangen, sind sie "sachgerecht" vertreten. Einen Rückbau darf es nicht geben. Allerdings sollen sich die beiden Unis mehr mit den Fachhochschulen absprechen.

Jura: Es werden zu wenig Forschungsschwerpunkte gebildet. Positiv hebt die Kommission lediglich die Uni Augsburg mit ihrem internationalen Wirtschaft- und Steuerrechts hervor. Prinzipiell beklagen die Experten die schlechten Betreuungsverhältnisse, die wenig Spielraum für die Forschung lassen.

Lehrerbildung: Die Qualität lässt bundesweit zu wünschen übrig. Die Kommission mahnt für Bayern deshalb mehr Kooperation zwischen Universitäten und Fachhochschulen an. Auch befürwortet sie einen Konzentrationsprozess an weniger Standorten. Die Bereitschaft der Universitäten Bayreuth und Regensburg, die Ausbildung für das Grund- und Hauptschullehramt einzustellen, wird begrüßt. Die Entscheidung, wo künftig die Spitzenausbildung der Lehrer in Bayern angesiedelt wird, soll auf der Grundlage einer internationalen Begutachtung erfolgen.

Theologie: Die großen Standorte der katholischen Theologie an den Unis - die Fakultäten in München, Würzburg und Regensburg - dürfen nicht weiter geschwächt werden. Stattdessen sollen die kleinen Standorte in Passau, Bamberg und Augsburg auf die Ausbildung von Religionslehrern beschränkt werden. Die evangelische Theologie, die bislang in München und Erlangen vertreten ist, soll es künftig nur mehr an der mittelfränkischen Uni geben. Andernfalls befürchten auch hier die Experten eine kontraproduktive Ausdünnung beider Standorte.

Fachhochschulen: Die Kommission hält die Trennung zwischen Fachhochschulen und Universitäten für gut. Doch sollte ein stärkere Austausch zwischen beiden stattfinden. Bis 2020 sollen 40 Prozent der Studenten an einer Fachhochschule studieren. Zurzeit sind es rund 25 Prozent. In Zuge dessen wird empfohlen, ganze Fächer an die Fachhochschulen zu verlagern. Etwa die Ausbildung der Berufs- sowie der Volksschullehrer. Einen Rückbau befürworten die Experten bei den Bauingenieuren, der Architektur, dem Vermessungswesen sowie bei der Betriebswirtschaftslehre.

Generell forschen die Fachhochschulen zu wenig. Auch arbeiten sie zu sehr als nachgeordnete Behörden. Die Kommission fordert deshalb eine grundlegende Analyse.

© SZ vom 6.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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