Hauptschulen:Lächerliches Schwärmen

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Die Kultusminister wollen die Bildungsstandards der Hauptschüler nicht mehr überprüfen. Das zeigt die Hilflosigkeit, mit der sie vor der großen Gruppe schwacher Schüler stehen.

Tanjev Schultz

Es ist ein Verdienst der Pisa-Studien, dass in Deutschland intensiv über Bildung diskutiert wird. Je mehr geforscht und geredet wird, desto größer wird allerdings auch der Verdruss: Man will Taten sehen, nicht schon wieder nur Tabellen. Auch einige Kultusminister würden sich wohl wünschen, aus den Studien wieder auszusteigen. Aber eine Bildungspolitik im Blindflug ist Deutschland in früheren Jahren überhaupt nicht gut bekommen.

Hauptschule in Köln: Die Kultusminister stehen hilflos vor der großen Gruppe schwacher Schüler. (Foto: Foto: dpa)

Wenn nun in Kreisen der Minister Pläne auftauchen, die sogenannten Bildungsstandards bei Hauptschülern nicht wie geplant zu überprüfen, ist dies ein beunruhigendes Zeichen. Es zeigt, dass die Politiker unliebsamen Tatsachen lieber aus dem Weg gehen möchten. Und es zeigt die Hilflosigkeit, mit der sie vor der großen Gruppe schwacher Schüler stehen. Für die Jugendlichen müsste es vom Kindergarten bis zum Schulabschluss eine Förderkette geben, bei der ein Glied ins andere greift.

Ab in die Hauptschule!

Kinder von Migranten brauchen oft selbst dann noch Hilfe in der deutschen Sprache, wenn sie Abitur machen. Stattdessen gibt es für Kinder, deren Familien kaum oder schlecht Deutsch sprechen, nur ein paar Förderstunden vor der Einschulung - und nach der vierten Klasse heißt es für viele: Ab in die Hauptschule! Dort fallen die Defizite nicht mehr so auf, denn dort haben ja fast alle Probleme.

Die Union muss einsehen, dass sie sich allmählich lächerlich macht, wenn sie weiter vom Erfolg der Hauptschule schwärmt. Aber die Linken haben auch keinen Grund zu triumphieren. In SPD-regierten Ländern gibt es besonders viele schwache Schüler; auch in Gesamtschulen sind die Probleme oft gewaltig. Um diese zu lösen, braucht es den politischen Willen - und verlässliche Daten.

© SZ vom 14.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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