Fünf Jahre Pisa:Schock mit Folgen

Lesezeit: 1 min

Seit der ersten Pisa-Studie hat sich das deutsche Schul-System stärker gewandelt als in den 50 Jahren zuvor. Dennoch bleibt noch viel zu tun.

Marco Finetti

Sie hätten es wissen müssen, andere Studien mit ähnlichen Ergebnissen hatte es schließlich bereits zuvor gegeben. Dennoch setzte "Pisa" (Programme for International Student Assessment) die hiesigen Bildungspolitiker - und mit ihnen die ganze Republik - unter Schock: Erhebliche Wissenslücken bei Deutschlands 15-Jährigen im Lesen, Schreiben und Rechnen, eine große "Risikogruppe" mit niedrigsten Kompetenzen und ein beschämend enger Zusammenhang von sozialer Herkunft und Lernerfolg - die am 4. Dezember 2001 vorgestellten Ergebnisse der Schulleistungsstudie rüttelten an den Grundfesten des Bildungssystems.

Von einem Test zum nächsten: Seit der ersten Pisa-Studie sind die Wissenslücken der Schüler zum Dauerthema geworden. (Foto: Foto: dpa)

Das blamable Abschneiden im weltweiten Vergleich (Platz 21 unter 32 Nationen), die Wucht der öffentlichen Diskussion und schulpolitische Ambitionen des Bundes zwangen vor allem die federführenden Bundesländer zum Handeln - und zu einer ungekannten Einigkeit.

Frühere und individuellere Förderung: Auch wenn es im Schulalltag noch oft hakt - nach Pisa ist der einzelne Schüler mit seinen Leistungsmöglichkeiten und -grenzen stärker in den Blickpunkt gerückt. Mit Sprachstandserhebungen schon im Kindergarten, Förderkursen in der Grundschule und dem Ausbau von Ganztagesangeboten wird versucht, Defizite früher zu erkennen und jeden Schüler besser als bisher zu fördern.

Bildungsstandards: Über alle politischen und pädagogischen Grenzen hinweg haben die Länder bundesweite Bildungsstandards eingeführt. Diese legen fest, was Schüler am Ende der vierten, neunten und zehnten Klasse wissen sollen - egal ob sie in Hamburg, München oder Leipzig wohnen. So sollen Anforderungen und Leistungen vergleichbarer, das Leistungsniveau angehoben werden.

Zentralabitur und landesweite Tests: Fast alle Länder haben nach 2001 das Zentralabitur , bei dem alle Prüflinge dieselben Aufgaben lösen müssen, eingeführt - oder planen dies. In den meisten Ländern werden in Klasse drei oder vier sowie neun zentrale Leistungstests geschrieben. Auch hier heißt das Ziel: mehr Vergleichbarkeit und höhere Qualität

Selbstständige Schulen: Während die Lerninhalte standardisiert werden, wird ihre Umsetzung zunehmend den Schulen überlassen. Sie erhalten mehr Freiräume bei Unterrichtsgestaltung, Schwerpunktsetzung und Personalauswahl - und müssen sich dafür verstärkter pädagogischer Kontrolle ("Schul-TÜV") stellen.

Bildungsforschung: Die brachliegende Bildungsforschung wurde mit neuen Professuren und Projekten ausgebaut. Das von den Ländern eingerichtete Institut für Qualität im Bildungswesen entwickelt Tests für die Bildungsstandards. Länder und Bund legen gemeinsame Bildungsberichte vor.

In den fünf Jahren seit der ersten Pisa-Studie hat sich das deutsche Schulsystem stärker gewandelt als in den 50 Jahren davor. Dennoch steht der Umbau erst am Anfang.

© SZ vom 4.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: