Führungsspitzen:"Wie war ich, Schatz?"

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Mitarbeitern Urlaubsgeld streichen und selbst auf die Malediven reisen; Kunden Drei-Liter-Autos verkaufen und selbst Geländewagen fahren: Wie Chefs Maßstäbe setzen.

A. Borchardt

Wer schon immer wissen wollte, wie unsere Spitzenmanager das mit der Work-Life-Balance hinbekommen, wurde in der vergangenen Woche aufgeklärt. "Ich weiß, was ich beruflich geleistet habe. Meine Steuerverfehlung war privater Natur", ließ sich Deutschlands einstiger Oberpostbote Klaus Zumwinkel kurz nach seiner Verurteilung als Steuersünder von der FAZ zitieren. "Sauber", sagt der Bayer. Während der durchschnittliche Mittelmanager noch im Halbschlaf am Jackentaschencomputer hängt wie an einem Herzschrittmacher, kann da wenigstens einer ordentlich trennen: zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Dienst und Betrug.

Urlaub auf den Malediven - und den Mitarbeitern das Urlaubsgeld streichen: Managern der Top-Liga gelingt ein solches Doppelleben erstaunlich gut. (Foto: Foto: ddp)

Auch anderen aus der Top-Liga gelingt eine solche Art Doppelleben erstaunlich gut. So tourt Maria-Elisabeth Schaeffler im Pelz durch Kitzbühel (nur eine Kundeneinladung), während ihre Vasallen in Berlin um Bares vom Steuerbürger betteln. Und fast täglich fliegt irgendein staatssubventionierter amerikanischer Top-Banker dabei auf, wie er doch noch schnell seiner Frau die Villa vermacht oder einen Jet geordert hat. Ganz privat natürlich, nachdem er zuvor ein paar Tausend seiner Untergebenen zum Kistenpacken in ihre Büros geschickt hat.

Heute Gewerkschaftsboss, morgen Bahnvorstand

Beruf als Berufung, das war einmal - oder war vielleicht nie. So mancher Spitzenmensch erweist sich eben nur auf der Bühne als spitze; und schließlich ist der Manager der Bühnentyp schlechthin. Wie ein Schauspieler zieht er von Engagement zu Engagement. Heute Autos, morgen Atomkraftwerke, heute Gewerkschaftsboss, morgen Bahnvorstand. Egal, Hauptsache, das Publikum hat geweint, gezittert, gelacht und applaudiert. Und wenn er nach der Vorstellung das CEO-Kostüm abstreift und "Wie war ich, Schatz?" fragt, was soll's. Die Einnahmen sind (hoffentlich) drin.

Aber geht das, dass jemand im Job ein Held ist, aber privat ein Leichtgewicht, ein Betrüger oder gar ein rechter Schuft? Ja, es geht - aber es geht häufig nicht gut. "Wieso, wen stört's?", könnte man fragen, wenn die private Tat nicht gerade hoffähig war, aber keinen Polizisten vom Straßenrand weglocken würde. Hatte nicht einst US-Präsident Bill Clinton bewiesen, dass man seine Frau betrügen und trotzdem wichtige Gesetze für Familien durchbringen kann? Und hat Bayern nicht diesen Ministerpräsidenten, der privat ..., aber lassen wir das.

Mit Macht und Geld reichlich beschenkt

Man könnte Nachsicht fordern für den Hochleister. Schließlich ist er auch nur ein Mensch und dazu noch einer, der - mit Macht und Geld reichlich beschenkt - besonders vielen Versuchungen widerstehen muss. Allerdings erfährt auch der Normalbürger selten Nachsicht, wenn er den JVA-Passus in seinem Lebenslauf damit erklärt, er sei im Job doch ein super Vertriebsmann gewesen; den Kinderpornoring habe er schließlich nach Feierabend organisiert.

Beim Chef wiegt alles Private noch schwerer, denn er ist Vorbild. Sein Verhalten setzt Maßstäbe in der Belegschaft. Den Mitarbeitern das Urlaubsgeld streichen und selbst auf die Malediven reisen; den Kunden Drei-Liter-Autos verkaufen und selbst im Geländewagen auf den Parkplatz rollen; die Bürokraft wegen unterschlagener Privattelefonate feuern und die eigene Haushaltshilfe illegal beschäftigen - das passt nicht.

Auch wer ganz oben ist, muss seinen Taschencomputer nicht immer 24 Stunden am Tag dabei haben. Seine Werte aber schon.

© SZ vom 2.2.2009/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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