Führungsspitzen:In acht Stunden nach oben

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Die Herren der Chefetagen können einen Sieg für sich verbuchen: Den Wettbewerb "Wer schafft am längsten?" gewinnen sie - und haben dadurch Karrierevorteile.

Alexandra Borchardt

Diesen Sieg können die Herren der Schöpfung und der Chefetagen für sich verbuchen: Der kleine Unterschied beträgt acht Stunden. Forscherinnen an der London Business School haben in 21 multinationalen Konzernen 100 Teams unter die Lupe genommen und herausgefunden: Während die Teamleiter im Durchschnitt etwa 52 Stunden pro Woche bei der Arbeit anzutreffen waren, brachten es die Teamleiterinnen gerade einmal auf 44 Stunden. Kein Wunder, werden jene Männer sagen, die den Wettbewerb "wer schafft am längsten?" schon seit dem Berufseinstieg perfektioniert haben. Spricht nicht das Ergebnis, also die relative Testosteron-Konzentration in den Führungsebenen, für den Erfolg dieser Strategie? Frauen mögen das bedauern, aber die Antwort lautet "ja".

Frauen schicken das fertige Konzept noch rechtzeitig dem Bereichsleiter zu. Männer dagegen legen gerne noch eine Extrarunde am Schreibtisch ein. (Foto: Foto: dpa)

Karrieretechnisch hilft es nämlich überhaupt nichts, wenn die Studienfabrikantinnen betonen, die geringere Zahl an Arbeitsstunden der Chefinnen habe sich positiv auf deren Leistung ausgewirkt. Sie seien mit Einsatz und Konzentration bei der Sache, und die fürs Private gewonnene Lebenszeit versorge sie mit mehr Energie, als jenen Kollegen bliebe, die erst nach 22 Uhr den Computer herunterfahren und den Ehrgeiz haben, die um 0.43 Uhr versandte Mail des Rivalen noch mit einem lockeren "gute Idee, habe ich gestern gerade mit dem Vorstand diskutiert" zu beantworten.

Männer wollen gesehen werden - samt Dienstwagen und Nadelstreifen

Die Wissenschaftlerinnen haben nicht verstanden, dass es beim Karrieremachen auf Leistung nur bedingt ankommt. Da gilt vielmehr Regel Nummer eins: Etwas machen ist wichtig; wichtiger ist, wie man es - und sich - präsentiert. Und daraus folgt Regel Nummer zwei: Etwas zu präsentieren ist wichtig; wichtiger ist, wem man es präsentiert. Und da lässt sich in acht Stunden einiges schaffen.

Während es also Frauen gute Laune macht, auf den Sendeknopf zu drücken und das fertige Konzept noch vor 17.30 Uhr dem Bereichsleiter zu schicken, um sich danach auf die heimische Präsentation von "Jim Knopf und die Wilde 13" zu freuen, legt der Kollege gerne noch eine Extrarunde am Schreibtisch ein. Könnte ja sein, dass zu später Stunde der Bereichsleiter vorbeikommt, und man mit ihm ein paar strategische Fragen diskutieren kann. Das Konzept, so verspricht Mann dann, werde er in einer Nachtschicht fertigstellen. Welch ein Einsatz!

Je höher jemand in der Hierarchie steigt, desto wichtiger wird diese "Karrierezeit". Über Wünsche nach flexibler Arbeitszeit, dem Heimbüro gar, kann der ambitionierte Mensch nur lachen. Will er doch gesehen werden, samt Dienstwagen, Nadelstreifen und Taschencomputer. Ein Blick zu den Abendempfängen, in die Edelrestaurants und auf die Golfplätze dieser Welt zeigt, dass jene, von denen wir vermuten, dass sie rund um die Uhr arbeiten, auch gerne arbeiten lassen. Eine Asien-Strategie entwickeln oder den Wettbewerb beobachten sind schließlich Aufgaben, die der Chef von Welt delegieren kann. Manch ein mutmaßlicher 24-Stunden-Manager schafft es sogar, zwischen Vorstandsrunden und Business-Class-Flügen die Hauptrollen in seinem Privatleben neu zu besetzen. Das ist eben der kleine Unterschied. Zwischen denen, die viel leisten, und denen, die Karriere machen.

© SZ vom 19.11.2007/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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