Freiwillige Arbeit:Der Ego-Dienst

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Lieber anderen helfen als arbeitslos sein: Die Bewerberzahlen für ein "Freiwilliges Soziales Jahr" steigen.

"Annegret Schmieder ist eine echte Perle", versichert Kerstin Pantel vom Diakonischen Werk Mecklenburg-Vorpommern. Die 21-Jährige Pampowerin lässt auch keinen Zweifel zu: Die Arbeit im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) habe ihr Spaß gemacht.

Doch auch Kerstin Pantel weiß, dass nicht alle im FSJ diese Einstellung haben. "Die Motivation vieler Jugendlicher hat sich geändert", erklärt Pantel. Nicht selten stehe die Flucht vor der Arbeitslosigkeit im Vordergrund. Am 2. September begann für etwa 400 Jugendliche im Land das Freiwillige Soziale Jahr, 130 sind in Stellen des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) untergekommen. Dabei übersteigt die Zahl der Bewerber die der Einsatzmöglichkeiten bei weitem.

Allein 600 Bewerbungen für ein FSJ bekam das Diakonische Werk, nur 120 Bewerber wurden schließlich genommen. Auf die 150 Plätze beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) kamen 700 Zuschriften. Auch Regina Illing vom Jugendwerk Aufbau Ost, einer der beiden Träger des Freiwilligen Ökologischen Jahres im Land, verzeichnete etwa sechsmal so viele Bewerbungen wie Einsatzstellen. In diesem Jahr sei die Zahl der Bewerbungen erneut gestiegen, sagt Illing. Grund dafür sei die schwierige Ausbildungssituation.

Etwa sechzig Prozent würden ein FÖJ machen, weil sie es wirklich wollen, schätzte Anne Ulrich vom Internationalen Bund für Sozialarbeit ein. "Für viele ist es nicht das, was sie sich nach der Schule vorgestellt haben, dass heißt aber nicht, dass sie sich keine Mühe geben", betont sie.

Immer noch nutzten viele Jugendliche das Jahr jedoch auch zur Berufsvorbereitung. "Sogar junge Leute, die zunächst skeptisch auf ihren Einsatzort reagieren, bringen sich später toll in die Arbeit ein", berichtet Karin Utecht vom DRK Landesverband. Dazu gehörten auch diejenigen, die das Jahr beginnen, weil sie keine Lehrstelle bekommen haben.

Doch nicht jeder, der sich nach der Schulzeit in das FSJ oder FÖJ "gerettet" hat, hält die sechs- bis 18-monatige Bildungszeit durch. Etwa zehn von 100 würden das Jahr vorzeitig beenden, schätzt Kerstin Pantel. "Man merkt manchmal leider an der Einstellung, dass für viele nicht mehr der soziale Dienst im Vordergrund steht."

Annegret Schmieder hat ihr Jahr in einer Reha-Klinik der Diakonie in der Nähe von Schwerin verbracht. Essen austeilen, Arzneischränke auffüllen und die Umsorgung der Patienten während der therapiefreien Zeit gehörten zu ihren Aufgaben. Auch für sie stand das FSJ zunächst nicht an oberster Stelle. Doch ein Wartesemester für das Medizinstudium brachte sie zur Alternative FSJ. Ihre Erfahrungen aus der Rehaklinik haben sie in ihrem Berufswunsch gestärkt, meint Annegret Schmieder. Im Herbst beginnt sie ihr Studium.

© Quelle: sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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