Exzellenzinitiative:Ein bisschen Elite

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Deutsche Spitzen-Unis erhalten mehr Geld, doch im Vergleich zu ihren Konkurrenten in den USA schneiden sie immer noch schlecht ab.

Tanjev Schultz

Der Rektor der Uni Konstanz hat für alle Fälle vorgesorgt. In seinem Büro stehen ein paar Flaschen Sekt bereit - und ein Magenbitter. Am Freitag wird Gerhart von Graevenitz das passende Getränk hervorholen. Denn dann werden die Gutachter des Wissenschaftsrats und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gemeinsam mit den Wissenschaftsministern von Bund und Ländern die neuen deutschen Elite-Hochschulen verkünden. Und Konstanz gehört zu den acht Kandidaten, die es bis ins Finale geschafft haben.

Uni-Abschlussfeier: Deutschen Studenten stent wesentlich weniger Geld zur Verfügung als amerikanischen. (Foto: Foto: dpa)

Noch ist offen, wie viele Unis am Ende überhaupt prämiert werden. In der Wissenschaftsszene wird heftig spekuliert, aber niemand weiß etwas Genaues. Er bemühe sich um Seelenruhe, sagt Rektor Graevenitz, ,"aber es ist wie in der Achterbahn".

In der vergangenen Woche waren die Wissenschaftler schon einmal in Feierstimmung, als gleich zwei Deutsche den Nobelpreis gewannen. Politiker rühmten den Forschungsstandort Deutschland. Und tatsächlich zählt die Max-Planck-Gesellschaft mit siebzehn Nobelpreisträgern seit 1948 zu den weltweit angesehensten Orten für Spitzenforscher.

Hörsäle zu voll, zu wenig Forschung

Doch für die Hochschulen trifft dies weniger zu. Die Hörsäle sind zu voll, und es gibt zu wenig Geld für die Forschung. So können die deutschen Universitäten mit der Ausstattung von Spitzenunis in den USA, England oder der Schweiz kaum mithalten.

Mit der "Exzellenzinitiative", wie der Elite-Uni-Wettbewerb offiziell heißt, wollen Bund und Länder die Spitzenforschung an den Universitäten stärken. Es werden Hochschulen ausgezeichnet, die bereits bewiesen haben, dass sie Anschluss an die Besten halten können.

Fünf Jahre lang 21 Millionen Euro

In umfangreichen Anträgen mussten Rektoren und Professoren aber auch darlegen, wie sie ihre Hochschule weiter nach vorne bringen wollen. Ihre Konzepte kreisen dabei immer wieder um die Themen Nachwuchs- und Frauenförderung, interdisziplinäres Forschen, um die Entlastung der Professoren von Verwaltungsarbeit und um mehr Zusammenarbeit mit Instituten außerhalb der Hochschule.

Ein internationales Gutachterteam, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat zusammengestellt haben, hat die Konzepte geprüft. Am Donnerstag und Freitag werden die Experten zunächst allein, anschließend gemeinsam mit den Ministern, in Bonn beraten und ihre Entscheidung fällen.

Jene Unis, die das Elite-Siegel erhalten, bekommen dann fünf Jahre lang 21 Millionen Euro jährlich beschert. Wissenschaftler an den Universitäten können außerdem Geld für große Forschungsprojekte ("Exzellenzcluster") und für Graduiertenschulen gewinnen, in denen Doktoranden ausgebildet werden.

Lesen Sie, welche Folgen der Exzellenzinitiative deutsche Forscher befürchten.

In der ersten Wettbewerbsrunde sind im vergangenen Jahr bereits die beiden Münchner Unis und die TU Karlsruhe zu Elite-Unis gekürt worden. Damals profitierten insgesamt 22 Hochschulen von dem Wettbewerb. Allerdings kamen nur wenige Geistes- und Sozialwissenschaftler zum Zuge, aus deren Reihen es auch die stärkste Kritik an der gesamten Initiative gibt. So warnen etliche Professoren davor, der Wettbewerb zwinge sie zu einer Art "Antragsprosa" die wenig mit gründlicher Forschung, aber viel mit geschickter Selbstdarstellung zu tun habe.

Dennoch hoffen am Freitag noch einmal 35 Unis (von denen etliche bereits in der ersten Runde Erfolg hatten) auf das Geld und den Imagegewinn durch einen Sieg im Wettbewerb. Und diesmal sind auch mehr Projekte von Geistes- und Sozialwissenschaftlern im Rennen.

Insgesamt stehen für die Exzellenzinitiative 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung, der Bund gibt 75 Prozent davon, 25 Prozent übernehmen die Länder. Gerhard Ertl, der frisch gekürte Chemie-Nobelpreisträger, lobt den Schwung, den der Wettbwerb in die Hochschulen getragen habe. Die Fördergelder jedoch nennt er einen "Tropfen auf dem heißen Stein".

Der Wettbewerb wirkt kleinlich

Im Vergleich zur Finanzkraft amerikanischer Privat-Unis wirkt der Wettbewerb auch eher kleinlich. Allein die Harvard-Universität hat ein Vermögen von 36 Milliarden Dollar. Selbst weniger bekannte staatliche Unis, rechnete Matthias Kleiner, der Chef der Deutschen Forschungsgemeinschaft, vor, stehen in den USA oft gut da. So habe die Ohio State University 25000 Euro pro Student und Jahr zur Verfügung, die Universität Bonn dagegen nur 8900 Euro.

Kritiker des deutschen Wettbewerbs fürchten nun aber, dass einige Unis immer mehr Geld und Ansehen gewinnen werden, während die Masse zurückfalle. Dass sich bisher nur wenige ostdeutsche und norddeutsche Hochschulen im Wettbewerb durchsetzen konnten, weckt den Unmut von Landespolitikern.

Kanzlerin Angela Merkel hat jedoch gerade erst wieder betont, regionalpolitische Überlegungen dürften in dem Wettbewerb keine Rolle spielen. Das sei sicher für manche bitter, aber aus der Exzellenz- dürfe keine Regionalinitiative werden.

© SZ vom 17.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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