Entwicklungszusammenarbeit:Tue Gutes und komme wieder!

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Ihr Einsatzort ist die Welt und ihr Job steht im Dienst der guten Sache: Wie man Entwicklungshelfer wird.

Von Nicola Holzapfel

Die Ausschreibung könnte genauso gut auf den Seiten einer Unternehmensberatung stehen. Verlangt werden Managementkompetenz und Führungsqualitäten, Fremdsprachenkenntnisse und Auslandserfahrung. "Unsere Profile sind sehr anspruchsvoll", sagt Ulrich Heise, Ausbildungsleiter bei der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). "In der Regel werden sehr erfahrene Leute gesucht". Die GTZ führt für das Bundesentwicklungsministerium weltweit Projekte der Entwicklungszusammenarbeit durch - vom Ausbau der Wasserversorgung in Mali bis zu Umweltschutzprojekten in Chile.

Auch der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) braucht Leute aus der Praxis. "Unsere Ausschreibungen richten sich zu 90 Prozent an Fachkräfte mit mindestens fünfjähriger Berufserfahrung", sagt Gottfried Wirtz vom DED. Pro Jahr schickt die Organisation etwa 300 Entwicklungshelfer ins Ausland. Neben der fachlichen Qualifikation müssen die Bewerber auch Fremdsprachenkenntnisse und die richtigen Soft-Skills wie soziale Kompetenz und Flexibilität mitbringen. "Und sie müssen belastbar sein", sagt Wirtz. "Im Ausland ist die Belastung viel höher, weil man sich mit einem fremden Kulturkreis auseinandersetzen muss. Dazu kommt noch das self-monitoring, wie wir das nennen, also die Fähigkeit zur Selbstkritik." Auch die GTZ achtet auf die Person der Bewerber: "Wir suchen Berater und keine Macher", sagt Ulrich Heise. "Weil wir vor Ort in Veränderungsprozessen unterstützend beraten wollen - mit dem Ziel uns überflüssig zu machen."

Nichts für Romantiker

Wie es mit den eigenen Chancen aussieht können Interessenten auf den Internetseiten der GTZ mit einem Online-Test überprüfen. Abgefragt werden unter anderem Studienrichtung und Praxiskenntnisse. "Der Bewerbungscheck ist sehr ernst zu nehmen. Er gibt eine gute Orientierung, was für Leute wir suchen, was die Interessenten schon mitbringen und was ihnen fehlt", sagt Ausbildungsleiter Heise.

Vor allem zeigt der Test, dass es wenig Sinn macht, sich spontan für einen Job in der Entwicklungszusammenarbeit zu bewerben. "Man muss früh anfangen", sagt Imme Scholz vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), das Hochschulabsolventen für einen Berufseinstieg in der Entwicklungszusammenarbeit ausbildet. "Schließlich muss man planen: Wann erwerbe ich die nötigen sprachlichen Kompetenzen und wann mache ich meinen Auslandsaufenthalt? Es macht keinen Sinn, in die Entwicklungszusammenarbeit gehen zu wollen, wenn man noch nie zuvor in einem Entwicklungsland war. Man darf keine romantischen Vorstellungen haben".

Den Ernstfall proben

Marcus Flatten hat den Praxis-Test während seines Biologie-Studiums mit dem Asa-Programm gemacht, das heute zur Organisation Inwent gehört. Nach sechs Monaten in Costa Rica war ihm klar, dass die Entwicklungszusammenarbeit für ihn doch keine berufliche Perspektive ist. Trotzdem hat ihm der Aufenthalt viel gebracht: "Das führt nicht immer nur in die eine Richtung. Ich habe dann im Anschluss für Asa ein Austauschprojekt zwischen einer philippinischen und einer deutschen Umweltorganisation geleitet. So bin ich letztendlich zur PR gekommen", sagt Flatten, der inzwischen eine PR-Agentur in Hamburg hat.

Neben dem Asa-Programm, über das Studenten für mehrere Monate einen Studien- und Arbeitsaufenthalt im Ausland machen, können Interessenten ihren Traum auch im Rahmen eines Praktikums auf die Probe stellen. Die GTZ bietet pro Jahr fast 500 Plätze im In- und Ausland an. "Die Chancen auf ein Praktikum sind nicht schlecht", sagt Ausbildungsleiter Ulrich Heise.

Für das Projektassistentenprogramm, einer Art Traineeship für die Entwicklungszusammenarbeit, und die Positionen für "Juniorkräfte", die sich beide an Hochschulabsolventen richten, müssen Bewerber dann schon mit ersten Erfahrungen überzeugen. "Chancen haben junge Leute, aus deren Lebensweg hervorgeht, dass sie sich schon mit dem Thema Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt haben. Dass sie zum Beispiel schon eine Rucksackreise gemacht haben oder in einem Dritte-Welt-Laden arbeiten", sagt Heise.

Auch der DED fördert den Nachwuchs. Für das einjährige Entwicklungsstipendium können sich auch Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung bewerben. Fremdsprachenkenntnisse gehören, wie auch bei den anderen Organisationen, zu den Bewerbungsvoraussetzungen.

Keine Lebensaufgabe

Wer es schafft, einen der 22 Plätze beim neunmonatigen Ausbildungsprogramm des DIE zu bekommen, hat gute Chancen, später seinen Lebensunterhalt in der Entwicklungszusammenarbeit zu verdienen. "Wir haben eine sehr gute Vermittlungsquote", sagt Imme Scholz. "Fast 30 Prozent unserer Absolventen kommen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der GTZ und anderen staatlichen Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit unter, 17 Prozent bei internationalen Organisationen und 15 Prozent beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und anderen Behörden." Die Ausbildung richtet sich an Uniabgänger, die wirtschafts- oder sozialwissenschaftliche Fächer oder Jura studiert haben. Bewerbungsfrist für den nächsten Lehrgang ist der 14. April.

In allen Nachwuchsprogrammen ist die Nachfrage von Bewerberseite viel höher als es Plätze gibt. Ulrich Heise von der GTZ macht trotzdem Mut: "Wenn man das wirklich will und konsequent in kleinen Schritten vorangeht hat man gute Chancen einzusteigen. Man sollte das aber nicht als Lebensaufgabe sehen, sondern zweigleisig fahren."

Dann dürfte später auch der Wiedereinstieg in den deutschen Arbeitsmarkt klappen. Die Auslandsjahre für den guten Zweck werden nämlich nicht von allen Arbeitgebern honoriert. "Unsere Entwicklungshelfer sind im Schnitt 41. Wenn sie dann zurückkommen, müssen sich viele in Beruf und Karriere neu orientieren. Das gilt besonders für die Privatwirtschaft. Arbeitgeber finden einen Auslandsaufenthalt zwar gut, aber am besten vor 30," sagt Gottfried Wirtz vom DED. Ulrich Heise von der GTZ rät, rechtzeitig an die Rückkehr zu denken: "Man sollte sich vorher schon überlegen, was man macht, wenn man zurückkommt."

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