Englisch für die Jobsuche:Was ist eigentlich ein Runner?

Lesezeit: 2 min

Runner sind Laufboten, die in Unternehmen und Behörden Post und Akten verteilen. Zwischen 3000 und 4000 Mark monatlich (brutto) finden sie in ihrer Lohntüte vor.

Peter Felixberger

(SZ vom 13.11.1999) Bei Post und Zeitungen ist er nach wie vor unverzichtbar: der Bote. Jeder rauen Witterung zum Trotz, den Gefahren kläffender Vorgartenpinscher mutig entgegentretend und manchmal auch als Gesprächspartner für einsame Zeitgenossen verrichtet er seinen Dienst. Nicht wenige glauben trotzdem, er sei vom Aussterben bedroht, ein Opfer der aufkommenden globalen Informationsgesellschaft, in der virtuelle Agenten und Boten durchs Internet springen und die Laufburschen-Aufträge ohne Aufbegehren übernehmen.

Runner oder Walker?

Offenbar ist aber das Gegenteil der Fall. Immer mehr Boten, Verzeihung, Runner - so heißen sie jetzt - wuseln durch Abteilungsgänge. Sie sind die Hauptdarsteller der neofeudalen Dienstbotengesellschaft, so jedenfalls sieht es der Soziologe Ulrich Beck: "Das System der Broker, Investmentbanker, EDV-Spezialisten, Programmierer und Immobilienhändler und Versicherungsexperten kann nur funktionieren, wenn es eine Menge Leute gibt, die aufräumen, putzen, instandhalten, versorgen und sichern." In den Städten strampeln daher Fahrradkuriere in den Staulücken zwischen Luxuskarossen und auf dem Bau wird der Azubi wie seit Urvaters Sitte zum Brotzeit holen geschickt.

In den bayerischen Landratsämtern trifft man bisweilen noch eine besondere Spezies: den Amtsboten oder Offiziant, wie er früher hieß. Verschrien war er oft als Plaudertasche, kein Runner, sondern eher ein Walker, manchmal sogar mit Jonny als Vornamen.

Kommt er heut nicht, kommt er morgen

Nur noch wenige ihres Standes schieben langsam ihr Wägelchen durch mausgrau getünchte Behördengänge und verteilen Post und wichtige Akten. Wie schnell sie dabei sind, regt niemanden auf. Kommt er heut nicht, kommt er morgen. Wer jemals schon im Gängewirrwarr der International Labour Organization (ILO) in Genf war und dort zwischen den über 1000 Büros umherirrte, weiß den Runner auch als Auskunftsperson zu schätzen. Denn ohne diese freundlichen Menschen würde man dort nie mehr den Ausgang finden.

Ganz anders die Situation in der Medienwelt. Hier ist der Runner noch gefragter. Beim Fernsehsender Pro Sieben hecheln zehn Runner mit Sendebändern zwischen Redaktion und Produktion, die in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht sind. Alles sportliche Typen, zum Teil festangestellt, zum Teil auf Stundenbasis. 3000 bis 4000 Mark finden sie monatlich in ihrer Lohntüte vor. Ob das umgerechnete Kilometergeld dabei jenen 52 Pfennig der Reisekostenverordnung des Öffentlichen Dienstes entspricht, wollte auf Anfrage niemand bestätigen.

Gut zu Fuß

Personalreferentin Alexandra Jaschinski jedenfalls fasst es in der Stellenausschreibung zusammen: "Wenn Sie die Zusammenarbeit in einem jungen, dynamischen Team sehr schätzen, ein aktiver Mensch sind, der gut und gerne zu Fuß unterwegs ist, in einem turbulenten Arbeitstag den Überblick behalten und sich in das dynamische Umfeld eines Archivalltages einbringen möchten, dann freuen wir uns auf Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen."

Der Runner ist bei Fernsehsendern ein wichtiges Glied in der Arbeitskette. Er kommt viel herum in den Abteilungen, kennt alle wichtigen Leute, und gerade deshalb träumen die vielfach jungen Berufseinsteiger davon, "von der Kabelhilfe zum Moderator aufzusteigen", so Jaschinski. Pfiffige Laufburschen schaffen es sogar nicht selten, zumindest für andere Aufgaben im Unternehmen herangezogen zu werden. Eine spezielle Ausbildung für den Runner ist nicht nötig, so dass abenteuerhungrige Ein- und Umsteiger eigentlich nur gewissenhaft in den Stellenangeboten forschen müssen.

Trotzdem sollte man über PC-Kenntnisse verfügen und die Bereitschaft zum schnellen Lernen mitbringen. In den Dokumentationsarchiven der Fernsehsender gehört neben Bänderverwaltung, Botengängen, Einkauf und sonstigen Erledigungen für das Archiv, Frisch- und Löschbandverwaltung, Stand-by für das Archiv mit Überspielungen und organisatorischen Tätigkeiten nach wie vor auch die Erledigung des Posteingangs und -ausgangs zum Job. Und irgendwann wartet vielleicht die Chance zum großen Berufsglück. Wer weiß schon, wer von den derzeitigen Moderatoren als Runner angefangen hat?

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: