Elterngeld:Lohnersatz in der Babypause

Lesezeit: 4 min

Mit wie viel Geld Eltern rechnen können. Und worauf zu achten ist.

Rolf Winkel und Hans Nakielski

Zum 1. Januar 2007 kommt das Elterngeld. Anders als das bisherige Erziehungsgeld richtet es sich nach dem Verdienst. Maximal gibt es für besser verdienende Mütter und Väter insgesamt 25.200 Euro - in 14 Monaten Bezugszeit. Mindestens gibt es (für geringverdienende Antragsteller) insgesamt 3600 Euro für zwölf Monate.

Wer bekommt Elterngeld?

Egal, ob es sich um leibliche Kinder, Pflege- oder Adoptivkinder handelt: Mütter und Väter haben demnächst Anspruch auf Elterngeld - wenn das Kind ab dem 1. Januar 2007 zur Welt kommt. Für Kinder, die bis Silvester geboren werden, gibt es weiterhin maximal 24 Monate lang Erziehungsgeld. Das Elterngeld - wie auch das Erziehungsgeld - können Mutter oder Vater nur beanspruchen, wenn ein Elternteil im Job pausiert oder nur Teilzeit arbeitet.

Maximal sind für den Elternteil, der das Kind betreut, 30 Arbeitsstunden pro Woche erlaubt. Wie viele Stunden der andere Partner arbeitet und wie viel er verdient, spielt beim künftigen Elterngeld - anders als beim jetzigen Erziehungsgeld - keine Rolle.

Wie hoch ist das Elterngeld?

Die Höhe wird ganz ähnlich bemessen wie beim Arbeitslosengeld (I). Das Elterngeld soll 67 Prozent des entfallenden Nettolohns des erziehenden Elternteils ersetzen.

Höchstens gibt es pro Monat 1800 Euro - und mindestens 300 Euro. Diesen Mindestbetrag bekommen diejenigen, die vor der Geburt ihres Kindes nur ein geringes Erwerbseinkommen hatten. 300 Euro stehen in jedem Fall auch denen zu, die vor der Geburt arbeitslos waren oder gar kein Einkommen hatten.

Ausschlaggebend für die Höhe der Leistung ist in der Regel das durchschnittliche Nettoeinkommen in den vergangenen zwölf Monaten vor Beginn der Mutterschutzfrist. Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld zählen dabei nicht.

Ein Beispiel: Eine Arbeitnehmerin verdiente im maßgeblichen Zeitraum im Schnitt netto 1077 Euro pro Monat. Hiervon wird der - auf den Monat umgerechnete - Werbungskostenpauschbetrag (jährlich 920 Euro) abgezogen. Ein Zwölftel hiervon sind etwa 77 Euro. Das anrechenbare Einkommen vor der Entbindung beträgt damit 1000 Euro. 67 Prozent hiervon gibt es als Elterngeld. Das sind in diesem Fall genau 670 Euro.

Für Niedrigverdiener, die vor der Jobpause monatlich weniger als 1000 Euro pro Monat netto verdient haben, wird die Leistung nach einer etwas günstigeren Methode berechnet. Sie bekommen mehr als 67 - im günstigsten Fall 100 Prozent des ausfallenden Lohns ersetzt.

Gibt es für Familien mit mehreren Kleinkindern mehr?

Bei Mehrlingsgeburten gibt es für das zweite und jedes weitere Kind 300 Euro monatlich mehr. Ein sogenannter Geschwisterbonus - also mehr Elterngeld - wird auch gezahlt, wenn eine Familie in relativ kurzen zeitlichen Abständen mehrere Kinder bekommt. Als Bonus wird dann ein zehnprozentiger monatlicher Zuschlag zum Elterngeld gezahlt, mindestens jedoch 75 Euro. Aus 1200 Euro Elterngeld werden durch den Zuschlag 1320 Euro. Dieser Bonus wird gewährt, wenn eine Familie neben dem neu geborenen Kind mindestens ein weiteres Kind unter drei Jahren oder zwei Kinder unter sechs Jahren hat. Den Zuschlag gibt es nur, solange die Geschwisterkinder diese Altersgrenzen nicht erreicht haben.

Was gilt, wenn Eltern in der Babyzeit weiterverdienen?

Auch dann wird Elterngeld gezahlt, vorausgesetzt ein Elternteil jobbt nicht mehr als 30 Stunden pro Woche. In diesem Fall werden 67 Prozent des Einkommensverlustes in der Babyzeit ersetzt. Wer vor der Entbindung 2000 Euro und nachher nur 1000 Euro netto verdient, bekommt also 670 Euro Elterngeld. Mindestens aber gibt es 300 Euro pro Monat für Geringverdiener - auch wenn die Arbeitszeit gar nicht verkürzt wurde.

Wie lange gibt es Elterngeld?

Der Standardfall sieht künftig so aus: Die Mutter erhält in den ersten acht Wochen nach der Entbindung Mutterschaftsgeld und den Arbeitgeberzuschuss hierzu. Das Elterngeld setzt erst ab dem 1. Tag nach dem Ende der Mutterschutzfrist ein. Anschließend kann die Mutter diese Leistung erhalten, bis das Kind zwölf Monate alt ist. Für junge Mütter gibt es damit meist nur zehn Monate Elterngeld. Zwei weitere Monate kann der Vater beanspruchen, wenn er eine entsprechend lange Auszeit vom Job nimmt oder seine Arbeitszeit verkürzt. Das ist der sogenannte "Väterbonus".

Für alleinerziehende Frauen gibt es nach Auslaufen der Mutterschutzfrist zwölf Monate Elterngeld. Lediglich wenn kein Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht, wird die neue Leistung für Eltern, die alleinerziehend sind oder sich bei der Elternzeit abwechseln, 14 Monate gewährt.

Die Bezieher können sich auch entscheiden, monatlich nur die Hälfte des ihnen zustehenden Satzes zu bekommen - dann gibt es doppelt so lange Elterngeld. An der Gesamtsumme, die die Eltern erhalten, ändert sich dadurch aber nichts.

Bringt ein rechtzeitiger Steuerklassenwechsel Verheirateten mehr?

Ja. Je höher das Minus beim Nettoeinkommen wegen der Elternzeit ist, desto höher fällt das Elterngeld aus. Alles, was das Nettoeinkommen beeinflusst, hat deshalb Folgen für die Höhe der Leistung - also auch die auf der Steuerkarte eingetragene Steuerklasse.

Tipp: Verheiratete Frauen, die künftig Elterngeld beziehen wollen, sollten statt Steuerklasse V die "bessere" Klasse IV wählen - auch dann, wenn sie deutlich weniger als ihre Männer verdienen. Denn mit der besseren Steuerklasse fällt ihr Nettoeinkommen - und damit auch das spätere Elterngeld - häufig um einige 100 Euro höher aus. Jens Flosdorff, Sprecher des Bundesfamilienministeriums betont ausdrücklich, dass es sich beim Wechsel in Steuerklasse IV nicht um einen Rechtsmissbrauch handelt. Mögliche Vor- oder Nachteile bei der Steuer werden ohnehin spätestens mit der Steuererklärung im Folgejahr ausgeglichen.

Manche Experten - so auch von der Zeitschrift "Finanztest" - raten Frauen, sobald sie schwanger sind, möglichst schnell in Steuerklasse III zu wechseln und dem Ehemann Steuerklasse V zu überlassen. Das könnte aber unter Umständen - so das Bundesfamilienministerium - als "rechtsmissbräuchlich" gewertet werden. Im Bundeselterngeldgesetz finden sich hierzu allerdings keinerlei Hinweise. Ehepartner, die die Steuerklassen wechseln, sollten beachten, dass dies auch Folgen für andere Sozialleistungen - wie Kranken- oder Arbeitslosengeld (I) - haben kann.

Beeinflussen auch Freibeträge auf der Steuerkarte die Höhe des Elterngeldes?

Ja. Denn hierdurch steigt das Nettoeinkommen. Wer künftig Elterngeld beziehen kann, sollte - sofern noch nicht geschehen - alle Freibeträge auf seiner Steuerkarte eintragen lassen, die möglich sind: Etwa für (höhere) Werbungs- oder Kinderbetreuungskosten, aber auch für zu zahlende Kirchensteuer oder Steuerberatungskosten.

Elterngeld ist nicht steuerpflichtig. Wer in einem Kalenderjahr nur Elterngeld bezieht, muss auch keine Steuern bezahlen. Wer allerdings neben Elterngeld Arbeitseinkommen bezieht, wird möglicherweise im Folgejahr vom Finanzamt zur Kasse gebeten.

© SZ vom 19.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: