Einstieg:Technik braucht Frauen

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Femtec - ein Projekt an der TU Berlin fördert weibliche Karrieren.

Peter Becker

(SZ vom 8.12.20019 "Kugelschreiberfabrik" heißt das Planspiel. Da sitzen die Studentinnen in Arbeitsgruppen verteilt an Tischen, schrauben Minen in Kuli-Schäfte und spielen die Schritte von der Bestellung der Einzelteile bis zur Belieferung der Kunden durch. Die Aufgabe lautet: Wie ließe sich eine Produktionssteigerung erreichen? Nur dadurch, dass man Nacht- und Sonntagsarbeit einführt oder dass man das Fließband schneller laufen lässt? Oder etwa auch, indem die Abstimmung zwischen den einzelnen Tischen effektiver gestaltet wird?

Information Femtec (Foto: N/A)

Das Planspiel steht im Mittelpunkt eines der Workshops, die das Frauenkarrierezentrum Femtec GmbH an der Technischen Universität Berlin anbieten. Ziel der Einrichtung ist es, Frauen für Führungspositionen zu qualifizieren. Und das geschieht, indem die Studentinnen während zehn Semestern besondere Studienangebote bekommen, etwa zu Arbeitstechniken oder Teamwork - Know-how, das sie später am Arbeitsplatz als Chefinnen brauchen werden, das ihnen aber auch schon an der Hochschule weiterhilft. "Insofern bringt die Zusatzbelastung, die wir ihnen auferlegen, auch eine Arbeitserleichterung für sie", sagt Marion Esch, wissenschaftliche Leiterin des Programms.

Netzwerke bilden

Im vergangenen Sommersemester startete das Studienprogramm. 30 Erstsemester mit sehr guten Abiturzeugnissen bewarben sich und durchliefen ein aufwändiges Auswahlverfahren, in dem sie ihre Befähigung als High Potentials unter Beweis stellen mussten. 18 wurden aufgenommen.

Neben Wochenendseminaren und Workshops in den Ferien bietet das Karrierezentrum Firmenbesuche und Praktika. Dabei steht den Studentinnen eine erfahrene Ingenieurin aus dem Betrieb als Mentorin zur Seite. Ziel ist zum einen, Erfahrungen als Frau im Unternehmen weiterzugeben und zum anderen, Kontakte zu knüpfen - "Netzwerke bilden" heißt das Schlagwort. Wenn das Programm einmal seine volle Stärke mit 250 Teilnehmerinnen erreicht hat, sollen die Studentinnen aus den höheren Semestern diese Rolle für die Neueinsteiger übernehmen.

Potentiale nutzen

Mit von der Partie sind renommierte Firmen wie Siemens, Wintershall, DaimlerChrysler, Porsche und die Boston Consulting Group. "Technik braucht Frauen, und auch Führung braucht Frauen", umreißt Peter Ramm, bei Siemens zuständig für internationale Personalpolitik, das Interesse des Konzerns. Es gehe darum, "deren Potential für Kreativität und Innovation" zu nutzen.

Auch die TU verknüpft mit dem Frauen-Karrierezentrum ihre eigenen Ziele. Bislang ist nämlich hierzulande der Anteil der Studentinnen an den Kernfächern der Technischen Universitäten verschwindend gering. Mit Hilfe von Femtec will man die bislang vernachlässigte Hälfte der Gesellschaft gewinnen - der Wettbewerb der Hochschulen zeigt Wirkung.

Doch es geht auch darum, schon den Schülerinnen die technischen und naturwissenschaftlichen Fächer nahe zu bringen. Daher geht das Karrierezentrum auch aus der Universität heraus an die Schulen. Für Schülerinnen der 10. Klasse und Abiturientinnen werden Workshops und Firmenbesuche veranstaltet, in denen sie erfolgreiche Ingenieurinnen oder Professorinnen kennen lernen. "Viele sind begeistert, andere Frauen zu finden, die ihr Interesse an Technik teilen", berichtet Sonja Roth, Beraterin bei Femtec.

Auch so genannte Innovationswerkstätten gehören zum Konzept. Da entwickeln die Studentinnen für einen realen Betrieb Strategien für neue Märkte oder für interne Verbesserungen. Da wird die Kugelschreiberfabrik plötzlich zum Ernstfall, denn die Ideen müssen vor den Chefs präsentiert werden. Auch das gehört zum Führungskräftetraining: selbstbewusstes Auftreten und Selbstmarketing.

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