Einspruch gegen die Kündigung:Ich gehe nicht!

Lesezeit: 2 min

Wie Angestellte gegen Kündigungen vorgehen können und wann eine Klage Aussicht auf Erfolg hat.

Nicht jede Missachtung der Autorität von Vorgesetzten rechtfertigt automatisch die Kündigung eines Arbeitnehmers. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt.

Es kann sich lohnen, die Begründung zu hinterfragen. (Foto: Foto: AP)

Die Richter gaben der Klage einer Reinigungsangestellten statt und erklärten ihre fristlose Kündigung für nichtig. Die türkische Arbeitnehmerin war mit ihrem Vorgesetzten über ihren Urlaubsanspruch und einen Arztbesuch während der Arbeitszeit in Streit geraten. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung rief sie in ihrer Heimatsprache "Hau ab" und "Verpiss Dich". Darüber hinaus zweifelte sie lautstark an der vorgesetzten Eigenschaft des Chefs. Die Firma kündigte der Frau daraufhin fristlos.

Laut Urteil ist in der Reinigungsbranche ein etwas gröberer Umgangston unter der Belegschaft durchaus üblich. Deshalb sei eine fristlose Kündigung völlig übertrieben. Das Unternehmen hätte die Mitarbeiterin mit einer sachlichen Ermahnung auf ihren unangemessenen Tonfall hinweisen können, sagte die vorsitzende Richterin.

Dieser Fall zeigt: Manchmal lohnt es sich, eine Kündigung nicht zu akzeptieren. Gegen eine Kündigung Einspruch erheben kann aber generell nur, wer mindestens sechs Monate lang in einem Betrieb mit mindestens zehn Mitarbeitern beschäftigt war, sagt Martina Perreng in Berlin.

Innerhalb von drei Wochen nach der schriftlichen Kündigung muss die Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden. Erfolgreich ist eine solche Klage, wenn das Gericht feststellt, dass die Kündigung "sozial ungerechtfertigt" ist. Das legt das Kündigungsschutzgesetz fest. Überprüft wird dazu der Grund der Kündigung: Generell wird zwischen personen- oder verhaltensbedingten und betriebsbedingten Kündigungen unterschieden.

"Ein personenbedingter Grund kann zum Beispiel eine Krankheit sein", sagt die Expertin für Arbeitsrecht beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Wirft der Arbeitgeber dem Mitarbeiter vor, den Betriebsfrieden zu stören, wäre das ein verhaltensbedingter Grund.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung prüft das Gericht nicht nur, ob der Arbeitgeber dem "richtigen" Mitarbeiter gekündigt hat - also zum Beispiel dem mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit. "Generell muss geklärt werden, wohin denn die Arbeit, die der Gekündigte früher gemacht hat, verschwunden ist", sagt Martin Buschmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Halten die Gründe der Kündigung vor Gericht nicht stand, kann der Arbeitnehmer an seinen Arbeitsplatz zurückkehren.

Das Risiko einer Klage ist für den Arbeitnehmer laut Jobst-Hubertus Bauer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein in Stuttgart, gering: "Verliert er in erster Instanz, muss er nicht die Kosten des Gegners übernehmen", so der Experte.

Lohnen kann sich die gerichtliche Auseinandersetzung deshalb auch nicht nur für hohe Gehaltsgruppen: "Auch gewerbliche Arbeitnehmer zum Beispiel aus der Baubranche können sich erfolgreich gegen betriebsbedingte Kündigungen wehren, wenn zum Beispiel der Grund oder die Sozialauswahl des Arbeitgebers zu unüberlegt ist", sagt Fachanwalt Buschmann.

Arbeitsgericht kann auch die Abfindung regeln

Das Arbeitsgericht kann nicht nur entscheiden, ob eine Kündigung gilt oder nicht: Kommt es zur Überzeugung, dass eine Kündigung zwar nicht gerechtfertigt, aber auch die weitere Zusammenarbeit unmöglich ist, kann es eine Abfindung vorschlagen.

"In der Regel halten sich die Gerichte an die Faustformel: die Hälfte des Monatsgehalts pro Jahr der Betriebszugehörigkeit", sagt Bauer. Allerdings können Arbeitnehmer auch ohne eine gerichtliche oder gesetzliche Anordnung um eine Abfindung verhandeln. "Dann kann die Faustformel der Ausgangspunkt sein", sagt DGB-Expertin Perreng.

Bekommt der Arbeitnehmer eine Abfindung, ist diese generell bis zu einer Grenze von 7200 Euro steuerfrei. "Ist der Arbeitnehmer älter als 50 und hat länger als 15 Jahre gearbeitet, erhöht sich der Freibetrag auf 9000, bei mehr als 55 Lebens- und 20 Arbeitsjahren auf 11.000 Euro", sagt Fachanwalt Bauer.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: