Eine Milliarde Euro für die Hochschulen:Lächerlich wenig

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Der Hochschulpakt hilft den Universitäten nicht. Er verhindert nur, dass alles noch schlimmer wird.

Marco Finetti

Die Hochschulen in Deutschland und mit ihnen einige Zehntausend angehende Akademiker können aufatmen - freuen können sie sich nicht. Der Hochschulpakt, das Hilfsprogramm für die Universitäten und Fachhochschulen, ist zwar endlich geschlossen. Doch es ist nicht mehr als eine minimale Hilfe, die der Bund und die Länder den vor einem Massenandrang stehenden Hochschulen und deren künftigen Studenten gewähren.

Bis zum Jahr 2010 werden die Studierendenzahlen um 90.000 steigen. (Foto: Foto: dpa)

Die gut eine Milliarde Euro, die Bundesforschungsministerin Annette Schavan und ihre Länderkollegen bis 2010 für zusätzliche Studienplätze ausgeben wollen, sieht nur auf den ersten Blick nach viel Geld aus. Tatsächlich ist es gerade einmal so viel, wie die Hochschulen brauchen, damit sie ihren akademischen Ausbildungsbetrieb überhaupt aufrechterhalten können und die Studienbewerber nicht von vorneherein zu Tausenden abweisen müssen.

Überfüllt und unterfinanziert sind die Unis und Fachhochschulen schon seit den siebziger Jahren. Damals mussten die Hochschulen mit dem ersten Studentenberg fertigwerden - und die Politik ließ sie damit allein. Nun steht die Alma Mater vor einem zweiten Studentenberg. Sie wieder im Stich lassen wollten die Politiker zwar nicht; doch mit dem Pakt helfen sie den Hochschulen nicht, den Berg zu bewältigen.

Verglichen mit 2005 dürften bis 2010 gut 90.000 zusätzliche Studienanfänger in die Hörsäle drängen, die letzten geburtenstarken Jahrgänge und die Schulzeitverkürzungen machen es möglich. Für ein Land, das nur den vielzitierten "Rohstoff Geist" besitzt und in dem schon jetzt zuhauf die Fachkräfte fehlen, sind so viele potentielle Akademiker eine große Chance. Doch diese Chance wollen Bund und Länder offenbar gar nicht ernsthaft nutzen.

Fast blamiert

Rechnet man die Milliarde Euro für den Hochschulpakt auf die benötigten 90.000 zusätzlichen Studienplätze herunter, so bleiben für jeden Platz - und damit für jeden zusätzlichen Studenten - pro Jahr 5500 Euro. Wie die Fach- und Führungskräfte von morgen damit vernünftig ausgebildet werden sollen, mögen die Minister wissen; die Rektoren und Professoren wissen es nicht, dabei sind sie gewohnt, spitz zu rechnen.

So zeigt der Pakt einmal mehr, wie viel der Politik die Bildung wert ist - lächerlich wenig. Dieses Hilfsprogramm hilft nicht; es verbessert nichts; es verhindert höchstens, dass alles noch viel schlimmer wird. Und selbst dazu wäre es fast nicht gekommen. Dass es den Pakt gibt, ist dem Bund und namentlich Annette Schavan zu verdanken.

Die Länder sind dagegen nur knapp einer Blamage entgangen. Für sie war es die erste Bewährungsprobe nach der Föderalismusreform. Mit ihren bis zuletzt gegensätzlichen Interessen haben sie diese Probe nicht bestanden. So beweist der Pakt zugleich, wie wichtig es war, den Ländern an den Hochschulen nicht alle Macht zu geben, sondern dem Bund ein Mindestmaß an Mitsprache zu belassen. Sonst stünden die Hochschulen und die künftigen Studenten nun vollends mit leeren Händen da.

© SZ vom 21.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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