Egomane Chefs:Selbstverliebt, eitel und cholerisch

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Viele erfolgreiche Manager treten äußerst eitel auf. Woran man erkennt, ob ein Vorgesetzter nur selbstverliebt ist oder schon Züge eines Narzissten trägt.

Juliane Lutz

Wann narzisstische Chefs einem Unternehmen zum Erfolg verhelfen oder es in den Abgrund stürzen, weiß Gerhard Dammann. Der Schweizer Psychiater hat das vieldiskutierte Buch "Narzissten, Egomanen, Psychopathen in der Führungsetage" geschrieben, erschienen im Haupt Verlag.

Wütend? Dann ist der Narzisst gekränkt. (Foto: Foto: ap)

SZ: Viele erfolgreiche Manager treten äußerst eitel auf. Woran erkenne ich, ob mein Vorgesetzter nur selbstverliebt ist oder schon Züge eines Narzissten trägt?

Gerhard Dammann: Ihr Chef ist ein Narzisst, wenn sein Interesse immer nur um die eigene Person kreist. Wenn er den anderen in seinen Bedürfnissen nicht wahrnimmt und jede Gelegenheit nutzt, sich - auch auf Kosten anderer - zu profilieren. Ein weiteres Anzeichen: der brennende Wunsch, um des Sieges willen zu gewinnen. Der Narzisst reagiert bei Kritik mit Gekränktheit oder Wut und neigt dazu, unter Druck überall nur noch Feinde zu sehen. Und wenn es wirklich schwierig wird, dann werfen Narzissten gerne die Flinte ins Korn.

SZ: Wie geht man am besten mit einem solchen Chef um?

Dammann: Ich plädiere grundsätzlich nicht für ein spezielles, auf diese Art Chef zugeschnittenes Verhalten. Das würde seine Tendenz zur Abgehobenheit oder Isolation eher noch verstärken. Vielleicht kann man versuchen, seine Launenhaftigkeit anzusprechen.

SZ: Aber würde ein Chef mit einer narzisstisch gestörten Persönlichkeit Kritik nicht besonders übelnehmen?

Dammann: Manche dieser Chefs ertragen Kritik in der Tat nicht. Andere dagegen respektieren nur diejenigen, die sich nicht unterwerfen. Wenn alles nicht hilft, müsste der Mitarbeiter mit dem Vorgesetzten seines Chefs sprechen - vorausgesetzt, er hat einen.

SZ:Sie schreiben, Narzissten könnten auch positiv für eine Firma sein. Wieso?

Dammann: Manager, die eher leichte narzisstische Züge aufweisen, besitzen oft Charisma. Das ist ein Attribut, das von guten Führungskräften durchaus verlangt wird. Und ihre visionäre Stärke sowie ihre Durchsetzungskraft können gerade in Krisenzeiten einer Firma zugutekommen. Anders sieht es bei schweren Narzissten aus: Sie verleugnen die Realität, wälzen ihre Schuld auf andere ab und sind unfähig, in der Krise konstruktiv zu handeln.

SZ: Wenn der narzisstische Chef immer unerträglicher wird - wann ist es Zeit zu kündigen?

Dammann: Die Extremvariante ist der destruktive Narzissmus, gepaart mit antisozialen Zügen. Das erkennt man zum Beispiel an der Tendenz, andere ständig zu manipulieren und zu täuschen, oder an einer absoluten Skrupellosigkeit. In der Regel sind diese Menschen kaum dauerhaft erfolgreich und sogar eher in Gefängnissen anzutreffen. Dennoch können bestimmte Phänomene der Psychopathie, wie die Tendenz zu manipulieren oder oberflächlicher Charme, in seltenen Fällen dazu führen, dass es jemand in der Wirtschaft weit bringt. Oft endet es aber letztlich im geschäftlichen Desaster.

© SZ vom 10.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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