Dialekt und Karriere:Haschd a Gschäft?

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Dialekte spielen im Berufsleben eine Rolle. Ob als Karrierebremse oder Katalysator hängt vom Job ab.

Als Cindy mit ihrem Dialekt aus den Thüringer Bergen bei dem Großunternehmen anrief, hatte sie bereits verloren. Der Personalchef sah ein unbeholfenes Mädchen vom Lande vor sich.

Helmut dagegen war mit seinem Hamburger Zungenschlag genau der richtige Kandidat für die Kundenberatung einer Bank im Norden Deutschlands. Das klingt nach Klischee - doch Dialekte können im Berufsleben tatsächlich Karrierebremse oder Katalysator sein.

"Ob ein Dialekt zum Vor- oder Nachteil wird, hängt von der Position ab", sagt Constanze Wachsmann von der Managementberatung Kienbaum in Dresden. Könnten sich Kunden in einer Region eher mit einem Dialekt sprechenden Außendienstler anfreunden, so erwarten deutschlandweit agierende Unternehmen oder Callcenter eine hochdeutsche Aussprache.

Im Außendienst schaffe der Dialekt Nähe und Vertrautheit. "Er gehört zur Identität und ist häufig Aufhänger für ein Gespräch", sagt Wachsmann. Martin Vesterling vom gleichnamigen Personaldienstleister in München bestätigt das: "Grundsätzlich zählt die Erfahrung - einen Posten bekommt man nicht wegen seines Dialektes, sondern wegen seiner Leistung", sagt er mit Blick auf Manager, die es trotz ihrer deutlich hörbaren regionalen Wurzeln geschafft haben.

Die Personaler und auch der Linguist Helmut Spiekermann aus Freiburg empfehlen, zur Heimat zu stehen. Wer sein Kind in einer Dialekthochburg aufzieht und ihm bessere Berufschancen eröffnen will, solle ganz natürlich mit ihm sprechen. Mit Sprache würden nicht nur Inhalte vermittelt, sondern auch Gefühle. In Deutschland unterscheiden Wissenschaftler zwischen rund zehn Großraumdialekten. Da allerdings die Menschen in fast jedem Ort anders reden, belaufe sich die Zahl der kleinräumigen Dialekte auf mehr als 100.

"Wo gehsch hi?"

Das Nordlicht Spiekermann etwa lebt bereits seit mehr als fünf Jahren im Breisgau und spricht dort grundsätzlich Hochdeutsch. "Das schafft zwar eine gewisse Distanz und wirkt nicht ganz so privat. Aber ich kann nicht sagen, dass es bisher gestört hat", erklärt der Wahl-Freiburger. Manchmal parodiere er die Aussprache. "Dann heißt es zum Kollegen: Wo gehsch hi?" In einer aktuellen Studie hat er unter anderem herausgefunden, dass Frauen aus Baden-Württemberg das Hochdeutsch von Fernsehmoderatoren imitieren und daher mittlerweile weniger Dialekt sprechen als Männer.

Der Dialektforscher und Linguist Markus Hundt von der Universität Dresden hat in Studien festgestellt, dass Dialekte sowohl positiv als auch negativ belegt sein können: "Sprache kann in beide Richtungen polarisieren - je nachdem, auf wen sie trifft", erläutert er. Lassen sich mit Bairisch bei einem Geschäftspartner Sympathiepunkte angeln, so kann ein anderer schon Gänsehaut bekommen.

Grundsätzlich seien Dialekte aus dem Norden nicht akzeptierter als aus dem Süden, auch wenn das Pfälzische und Sächsische nach seinen Worten das geringste Prestige haben. Auch tragen im Süden nicht mehr Menschen die Heimat auf ihrer Zunge als im Norden des Landes: "Die Hamburger oder Hannoveraner sprechen auch kein Hochdeutsch", sagt Hundt. "Die Dialektmerkmale fallen manchen nur nicht so stark auf und sind nicht so stark stigmatisiert."

© Quelle: sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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