Datenschutz am Arbeitsplatz:Schnüffeln, spitzeln, spionieren

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Datenskandal bei der Bahn: Dürfen Firmen ihre Mitarbeiter heimlich überwachen? Was sich Angestellte gefallen lassen müssen - und was nicht.

Daniela Kuhr

Auf welche Arten überwachen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter?

Privatdetektiv: Die Überwachung von Mitarbeitern ist nur bei einem konkreten Verdacht erlaubt. (Foto: Foto: dpa)

Im Fall der Bahn fand ein Abgleich der Personaldaten mit den Daten von Lieferanten statt. Ziel war, Überschneidungen herauszufiltern. Andere Unternehmen überprüfen die Telefonverbindungen ihrer Angestellten oder schrecken sogar vor heimlichen Aufzeichnungen mit der Videokamera nicht zurück. So hatte Lidl mit Hilfe von Detekteien mehrere hundert Beschäftigte in Filialen überwacht. Der Discounter bekam dafür eine Geldbuße von 1,4 Millionen Euro aufgebrummt.

Darf der Arbeitgeber überhaupt heimlich kontrollieren?

Im Einzelfall könnten heimliche Kontrollen gerechtfertigt sein, sagt Frank Achilles, Arbeitsrechtler bei der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds. "Sogar mit Videokamera." Wenn es einen Betriebsrat gebe, müsse dieser allerdings vorher zustimmen. Die Überwachung sei nur bei einem konkreten Verdacht erlaubt. "Es muss beispielsweise mehrmals zu Diebstählen gekommen sein oder zu Beschädigungen, die das Unternehmen anders nicht aufklären konnte."

Die Überwachung sei immer ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Andererseits habe der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse daran, nicht bestohlen zu werden. Zwischen diesen beiden gegenläufigen Interessen sei abzuwägen. "Eine versteckte Kamera auf der Toilette ist daher tabu, im Lagerraum dagegen kann sie erlaubt sein", sagt Achilles.

Darf der Arbeitgeber E-Mails kontrollieren oder Telefongespräche?

"Nein", sagt Torsten Walter, Arbeitsrechtsexperte beim Deutschen Gewerkschaftsbund. "Die Inhalte sind geschützt." Allenfalls die Verbindungsdaten dürfe der Arbeitgeber beispielsweise aus Gründen der Kostenkontrolle überprüfen. Generell aber gelte, dass die Überwachung immer das letzte mögliche Mittel sein muss. "Wenn der Arbeitgeber anders zum Ziel kommen kann, ist sie unzulässig."

Laut Bahn empfehlen Wirtschaftsprüfer den Abgleich von Daten der Angestellten mit denen der Lieferanten. Warum? Das könne eine effektive und einfache Methode sein, um Korruption aufzudecken, sagt Klaus-Peter Naumann vom Institut der Wirtschaftsprüfer. Die Empfehlung in den internationalen Standards der Wirtschaftsprüfer ziele aber nicht auf eine flächendeckende Kontrolle ab, sondern "nur in Einzelfällen und nur bei konkretem Anfangsverdacht". Dann aber könne es seiner Ansicht nach sinnvoll sein, die Überprüfung zur Vermeidung von Verschleierungen ohne vorherige Ankündigung durchzuführen.

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Warum brauchen wir ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz?

Die momentane Gesetzeslage reiche "nicht aus, um den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten in der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten", heißt es in einem Brief, den die Verkehrsgewerkschaften GDBA und Transnet am Mittwoch an Kanzlerin Angela Merkel geschrieben haben. Auch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, hatte vergangene Woche ein eigenes Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer gefordert. Derzeit sei völlig unklar, was ein Angestellter sich gefallen lassen muss. "Die meisten Arbeitgeber wollen sich rechtstreu verhalten", sagte Schmidt. "Derzeit fehlt ihnen dafür die Rechtssicherheit."

Was würde ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz bringen?

Es könnte die offenen Rechtsfragen klären und dem Arbeitgeber aufzeigen, was er darf und was nicht. Typischerweise habe ein Arbeitgeber "Einblick in zahlreiche sehr persönliche Daten seiner Angestellten", sagt Gisela Piltz, innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Gerade deshalb müsse der Arbeitnehmer "Herr seiner Daten bleiben". Es könne nicht sein, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter ausspionieren oder bespitzeln lassen und damit "noch weit über das hinaus gehen, was die Polizei dürfte".

© SZ vom 5.2.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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