Das schriftliche Auswahlverfahren:Ich war dabei

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Ein Erfahrungsbericht.

Heiner Mueller

"Bewerben für den höheren Auswärtigen Dienst? 'Versuchen kann ich es ja einmal', dachte ich mir, und schickte meine Unterlagen fristgerecht zum 30. Juni an das Auswärtige Amt. Die gleiche Idee hatten noch etwa 1.000 andere Hochschulabsolventen und Studierende kurz vor dem Examen.

Das Auswahlverfahren Bewerben für den Auswärtigen Dienst (Foto: N/A)

Zusammen mit 200 Mitbewerbern fand ich mich eines frühen Morgens Ende August im Audimax der TU München ein - zur schriftlichen Prüfung. Die restlichen Bewerber schwitzten zeitgleich in vier weiteren Hörsälen in Berlin, Bonn, Frankfurt und Hamburg. Manche waren schon wie angehende Diplomaten gekleidet, andere kamen in Shorts und Badeschlappen.

Dann ging es los mit einem einstündigen Aufsatz. Als Themen standen zur Auswahl: Die Vergabe der Olympischen Spiele nach Peking, die Bonner Klima-Konferenz und George W. Bushs Pläne für eine Raketenabwehr.

Alles eine Frage der Zeit

Nach dem Aufsatz kamen die Englisch- und Französisch-Kenntnisse auf den Prüfstand: Jeweils ein Papier mit Lückentexten, Grammatik- und Vokabularübungen. Eigentlich machbar, wenn nur die Zeit nicht so knapp gewesen wäre. Die Tests sind offensichtlich nur zu schaffen, wenn man alle Fragen ohne zu überlegen beantworten kann.

Knüppeldick kam es nach der Mittagspause mit den Wissenstests in Geschichte, VWL, Staats- und Völkerrecht und Allgemeinbildung: Pro Gebiet eine Menge Fragen und nur 20 Minuten Zeit. Trotz Geschichtsstudiums musste ich bei einigen Fragen passen, darunter "Wie hieß der Präsident Großkolumbiens aus dem 19. Jahrhundert?"

"Wer insgesamt die Hälfte aller Fragen richtig hat, liegt schon ganz gut", tröstete ein freundlicher Herr vom Auswärtigen Amt, der die Prüfung beobachtete.

Nun denn, bei VWL und Völkerrecht schätzte ich mein Ergebnis schlechter ein und so nahm ich mir vor, wenigstens im Bereich Allgemeinbildung als alter Trivial-Pursuit-Spieler noch etwas rauszureißen. Doch die Fragen waren schwer. Fünf der sieben antiken Weltwunder bekam ich gerade noch zusammen, die deutschen Weinanbaugebiete gingen auch noch, aber beim Entdecker der Atomspaltung musste ich mal wieder passen.

"Sehen Sie das Ganze auch ein bisschen von der sportlichen Seite", sagte der Prüfungsleiter: "Niemand ist in allen Gebieten fit." Tröstende Worte, denn der Test führte uns die eigene Unzulänglichkeit vor Augen. Wahrscheinlich selbst den wenigen Glücklichen, die zur mündlichen Auswahlrunde nach Bonn eingeladen werden. Für die anderen gilt: Auf Wiedersehen bis zum nächsten Jahr."

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