Das Hartz-Konzept:Gutscheine statt Zuweisung von Amts wegen

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Bei der Weiterbildung sollen Arbeitslose mehr Eigeninitiative zeigen.

Wolfgang Büser

Bei ihrer beruflichen Weiterbildung dürfen Arbeitslose jetzt mitentscheiden. Wer die Voraussetzungen erfüllt, erhält anstelle der bisherigen Zuweisung in eine bestimmte Bildungsmaßnahme einen "Bildungsgutschein". Das Arbeitsamt kann den Gutschein zwar auf bestimmte - arbeitsmarktpolitisch sinnvolle - Bildungsziele beschränken und auch regional begrenzen. Abgesehen davon kann der Berechtigte mit dem Gutschein aber frei zwischen den zugelassenen Maßnahmen und unterschiedlichen Bildungsträgern wählen.

Das neue Gutscheinverfahren bedeutet nicht, dass ein Arbeitsloser nunmehr frei darüber entscheiden kann, ob er sich weiterbildet. Wenn eine Weiterbildung nach Auffassung des Arbeitsamtes zur Beendigung der Arbeitslosigkeit notwendig ist, wird dies auch weiterhin vom Arbeitsamt vorgeschlagen. Wer eine zumutbare Maßnahme ohne wichtigen Grund ablehnt, der muss deshalb nach wie vor mit einer Sperre seiner Arbeitslosenunterstützung rechnen.

Hilfe für ältere Arbeitslose

Ältere Arbeitnehmer sind nicht nur häufiger, sondern auch länger arbeitslos als jüngere. Ein Grund: Trotz der großen beruflichen Erfahrung und Zuverlässigkeit der Betroffenen haben viele Arbeitgeber Vorbehalte gegen ihre Einstellung. Solche Hemmschwellen sollen jetzt durch einen Beitragsbonus und durch Erleichterungen beim Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse gesenkt werden.

Arbeitgeber, die einen mindestens 55-jährigen Arbeitslosen einstellen, werden von der Zahlung ihres Beitragsanteils zur Arbeitslosenversicherung (das entspricht 3,25 Prozent des Bruttoentgelts) befreit. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer erstmals bei diesem Arbeitgeber beschäftigt wird.

Arbeitnehmer zahlen unverändert ihren Beitragsanteil von 3,25 Prozent und erwerben damit für den Fall der Arbeitslosigkeit - trotz des fehlenden Arbeitgeberanteils - volle Ansprüche.

Auch bei älteren Arbeitnehmern bestehen "Hemmschwellen" zur Aufnahme eines neuen Jobs, etwa wenn die Arbeitsaufnahme mit Lohneinbußen verbunden ist. Eine solche Lohndifferenz soll mit der neuen "Entgeltsicherung" zumindest teilweise ausgeglichen werden. Nach der Neuregelung haben Arbeitslose, die mindestens 50 Jahre alt sind und eine geringer entlohnte Beschäftigung aufnehmen, Anspruch unter anderem auf einen Zuschuss zum Nettoarbeitsentgelt.

Voraussetzung ist, dass bei Aufnahme der Beschäftigung noch ein (Rest- )Anspruch auf Arbeitslosengeld mit einer Dauer von mindestens sechs Monaten besteht und dass die Entlohnung im neuen Arbeitsverhältnis tariflichen Bedingungen entspricht. Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt beträgt 50 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem pauschalierten Nettolohn, der für die Bemessung des Arbeitslosengeldes maßgeblich ist, und dem pauschalierten Nettolohn der neuen Beschäftigung. Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt wird an den Arbeitnehmer ausgezahlt.

Den großen Umbau der Bundesanstalt für Arbeit nach den Vorschlägen der Hartz-Kommission hat sich der Gesetzgeber erst für 2004 vorgenommen. Zu Jahresbeginn 2003 sind mit dem "JobCenter" und der "Personal-Service-Agentur" aber bereits wichtige Teile des neuen Konzepts begonnen worden.

Die JobCenter werden künftig in jedem Arbeitsamt als "die Servicestelle" eingerichtet. Spezielle Arbeitgeberteams sollen sich um individuelle Arbeitsmarktberatung für Unternehmen, passende Stellenbesetzung und neue Online-Angebote für Betriebe kümmern. Für Arbeitnehmer und Arbeitslose wird das JobCenter zentrale Anlaufstelle in allen Vermittlungsangelegenheiten und Leistungsfragen, die hier künftig aus einer Hand bearbeitet werden sollen.

Ein Kernstück des Hartz-Konzepts ist die Personal-Service-Agentur (PSA). Sie soll künftig als neue Form einer "vermittlungsorientierten Zeitarbeit" Arbeitslosen neue Chancen für einen beruflichen Wiedereinstieg eröffnen. Bei jedem Arbeitsamt wird mindestens eine Personal-Service-Agentur eingerichtet. Dies geschieht durch Auftrag an ein am Markt tätiges Zeitarbeitsunternehmen oder durch Beteiligung an einem solchen Unternehmen.

Ziel der PSA ist es, Arbeitslose einzustellen und an interessierte Firmen zu verleihen. Die können die Betroffenen dann - zwar gegen übliches Verleihentgelt, aber ohne Beschäftigungs- und Kündigungsrisiko "testen". In Zeiten, in denen die PSA-Beschäftigten nicht verliehen sind, sollen sie - passgenau bezogen auf Anforderungen der Entleiher - qualifiziert, aber auch bei einer anderweitigen Beschäftigungssuche unterstützt werden.

Klebe-Effekt erhofft

Für die Einstellung der Arbeitslosen beziehungsweise die sonstigen Eingliederungsbemühungen erhält die PSA aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung pauschale Zuschüsse oder Erfolgshonorare aus dem "Eingliederungstopf" des Arbeitsamtes. Für Arbeitslose bedeutet dies: Sie sind in der PSA im Rahmen eines regulären Arbeitsverhältnisses sozialversicherungspflichtig beschäftigt und haben durch den Einsatz in verschiedenen Betrieben die Chance, ihr Können zu beweisen und im Arbeitsleben noch mal Tritt zu fassen. Die Rechnung des Hartz-Konzepts geht aber erst dann auf, wenn der Klebe-Effekt eintritt - wenn die verliehenen Arbeitnehmer nach "Erprobung" vom Entleiher als Stammarbeitnehmer übernommen werden.

Zeiten einer Beschäftigung in der PSA dienen - wie andere Beschäftigungen auch - zur Begründung eines neuen Anspruches auf Arbeitslosengeld. Weil es sich bei der PSA-Beschäftigung um normale Arbeitsverhältnisse handelt, ist aber auch klar: Arbeitslose müssen sich künftig verstärkt darauf einrichten, dass ihnen das Arbeitsamt bei erfolglosen sonstigen Vermittlungsbemühungen die Beschäftigung in einer PSA anbieten wird.

Eigener Tarif für Zeitarbeiter

Zur Entlohnung sind für die Zeit ab 2004 per Gesetz neue Bedingungen nicht nur für die PSA, sondern für die gesamte Zeitarbeitsbranche beschlossen worden. Danach gilt im Grundsatz: Vorrang haben tarifliche Regelungen der Zeitarbeitsbranche selbst. Hat eine PSA beziehungsweise eine Zeitarbeitsfirma deshalb mit der zuständigen Gewerkschaft einen Tarifvertrag abgeschlossen, so richtet sich die Entlohnung des Arbeitnehmers bei Verleih und in den verleihfreien Zeiten nach diesen Regelungen.

Kommen Zeitarbeitsfirmen und Gewerkschaften bis Ende 2003 aber nicht zu eigenen Tarifabschlüssen, so gilt gleiches Recht für alle. Ein Leiharbeitnehmer kann dann ab 2004 bei Verleih in einen anderen Betrieb grundsätzlich die gleichen wesentlichen Arbeitsbedingungen (Entgelt, Arbeitszeit, Urlaub) beanspruchen wie ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihbetriebs.

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