Bildungsstudie:Deutscher Pisa-Koordinator zum Rücktritt aufgefordert

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Die Kultusminister der Länder fordern die Suspendierung von Pisa-Koordinator Andreas Schleicher. Er hatte die Sperrfrist der Studie durchbrochen und die Ergebnisse vorab kommentiert - aus ideologischen Gründen, wie die CDU glaubt.

Die Kultusminister der unionsgeführten Länder haben den OECD-Pisa-Koordinator Andreas Schleicher nach dessen Äußerungen zur neuen Pisa-Studie zum Rücktritt aufgefordert. "Wenn das OECD-Konsortium diejenigen mit hohen Konventionalstrafen bedroht, die vorab Informationen herausgeben, und dann ein OECD-Vertreter selbst mit Aussagen vorab an die Öffentlichkeit geht, ist das ein einmaliger Vorgang", sagte die Sprecherin der CDU/CSU-Kultusminister, Karin Wolff aus Hessen.

Der OECD-Pisa-Koordinator Andreas Schleicher bei der Vorstellung der Pisa-Studie 2003. (Foto: Foto: Reuters)

Schleicher müsse deshalb von seinen Aufgaben bei der OECD entbunden werden, forderte Wolff. Die Minister seien "grob verärgert" über die Vorabveröffentlichung und die Kommentierung durch den OECD-Mitarbeiter Schleicher. "Aus ideologischen Gründen" könne Schleicher wohl nicht ertragen, wenn Deutschland durch erhebliche pädagogische Reformen besser geworden sei und sich nicht auf das Gleis der Schulstrukturdebatte begeben habe, sagte Wolff.

Eine spanische Zeitung hatte Teile der Pisa-Studie bereits am Mittwochabend vorzeitig veröffentlicht. Schleicher hatte daraufhin erklärt, die deutschen Schüler hätten sich nicht verbessert. Die jüngsten Tests könnten nicht mit dem Jahr 2003 verglichen werden. Das neue Testverfahren habe bestimmte Stärken deutscher Schüler begünstigt.

Der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz (KMK), Erich Thies, forderte die OECD auf, Konsequenzen zu ziehen. "Dass Herr Schleicher vor Ablauf der Sperrfrist eine Bewertung der neuen Pisa-Studie vorgenommen hat, ist ein politischer Skandal", sagte Thies. Schleichers Verhalten sei inkorrekt und schamlos. "Die OECD sollte rasch Konsequenzen ziehen", fügte der KMK-Generalsekretär hinzu.

Die Pisa-Studie soll offiziell am 4. Dezember vorgestellt werden. Bis dahin gilt eine Sperrfrist. Wenn ein OECD-Mitgliedsland die Sperrfrist durchbricht, kann es sanktioniert werden. Die Organisation selbst hat allerdings nach Durchsickern der Studie die Kernergebnisse am Donnerstag und damit fünf Tage früher als geplant mitgeteilt.

Auch Deutscher Lehrerverband empört

Der Deutsche Lehrerverband reagierte ebenfalls empört. "Für den OECD-Mann Schleicher sind offenbar nur schlechte Ergebnisse gute Ergebnisse", sagte Verbandspräsident Josef Kraus. Im Übrigen müsse sich die OECD fragen lassen, warum sie einen Test konstruiere, der über drei Jahre hinweg nicht vergleichbar sei. "Wenn das so wäre, dann hat die ganze Pisa-Testerei die Hälfte ihres Werts verloren", sagte Kraus. Der Lehrerverband jedenfalls habe das vorab verbreitete Ergebnis Deutschlands erfreut zur Kenntnis genommen.

Positiv reagierte auch der Deutsche Philologenverband (DPhV) auf die Ergebnisse und wertete sie als "sehr gute Nachricht" und "Beweis für die Innovationskraft und Reformfähigkeit" deutscher Schulen. Nach der signifikanten Verbesserung von Pisa 2000 zu Pisa 2003 und der nochmaligen Steigerung von Pisa 2006 könne nunmehr von einem sehr positiven Trend gesprochen werden. Der DPhV-Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger hob hervor, dass die neuen Ergebnisse all jene Lügen straften, die entweder das gegliederte Schulwesen für reformunfähig erklärten oder ein Versagen der weiterführenden Schularten behaupteten.

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