Bildung:Gleiche Anforderungen für alle

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Der Beschluss, bundesweite Bildungsstandards einzuführen, ist ein Gebot der Gerechtigkeit. Trotzdem sollten Lehrer lieber mehr statt weniger Freiheit bei der Wahl der Themen erhalten.

Tanjev Schultz

Das Abitur soll in Zukunft überall gleich viel wert und gleich schwer sein. Eigentlich müsste dies längst selbstverständlich sein, weil es ein Gebot der Gerechtigkeit ist. Arbeitgeber und Hochschulen richten sich nach den Zeugnissen, von den Noten hängen die Chancen und Lebenspläne der Jugendlichen ab.

(Foto: Foto: ap)

Der Beschluss der Kultusminister, länder- übergreifende Bildungsstandards für die Jahre vor dem Abitur zu entwickeln, war deshalb überfällig. Langfristig könnte dies auch zu einem bundesweiten Zentralabitur führen.

Die Runde der Länderminister brauchte dafür wieder einmal die Nachhilfe der Bundesregierung. Hätte Bundesbildungsministerin Annette Schavan nicht eine Debatte über die Defizite des Föderalismus angezettelt und wochenlang für ein Zentralabitur getrommelt, wäre der Beschluss sicher nicht so schnell zustande gekommen.

Standards sind nur der erste Schritt

Doch nun fängt die Arbeit erst richtig an. Standards, die festlegen, was Schüler können sollten, müssen entwickelt werden und dann den Unterricht in allen Ländern prägen. Bis das Abitur "von Kiel bis Konstanz" wirklich gleichwertig ist, wie dies Hessens Ministerin Karin Wolff jetzt stolz verkündet, wird es noch dauern. Unterschiede in den Lehrplänen und Prüfungen bestehen erst einmal fort. Die Standards werden nur der erste Schritt sein, um mehr Gemeinsamkeiten im Schulsystem herzustellen.

Bisher weiß aber auch niemand so genau, wie groß die Unterschiede in der Qualität des Abiturs eigentlich sind. Bayern und Baden-Württemberg tun so, als sei ihr Abitur das härteste und beste. Dafür gibt es Hinweise, aber keine systematischen Belege.

Die Pisa-Studie hilft nur bedingt, weil dort 15-Jährige getestet wurden und die Gymnasiasten in Kiel mit denen in Konstanz oder am Chiemsee durchaus mithalten konnten. Eine andere Studie zeigt, dass Baden-Württembergs Abiturienten in Mathematik mehr können als die Schüler in Hamburg. Solide bundesweite Vergleiche gibt es jedoch nicht. Und für ein bundesweites Zentralabitur fehlen noch die Voraussetzungen.

Bundesweiter Aufgaben-Pool

Gegenwärtig wäre es sogar höchst ungerecht, weil es Schülern, die nach verschiedenen Lehrplänen unterrichtet werden, dieselbe Prüfung abverlangte. Doch sobald die bundesweiten Standards vorliegen, wird die Forderung nach einheitlichen Aufgaben erneut erhoben werden.

Ist es aber wünschenswert, dass jeder Abiturient von Kiel bis Konstanz dasselbe Gedicht interpretiert? Lehrer sollten lieber mehr statt weniger Freiheit bei der Wahl der Themen erhalten. Aus diesem Grund schreiben Standards keinen starren Kanon vor, sondern definieren, auf welche Fähigkeiten es ankommt.

Das Beste wäre also, wenn sich jede Schule für das Abitur aus einem bundesweiten, zentralen Aufgaben-Pool bedienen könnte. Der müsste freilich mit einem Bewertungsschema verknüpft sein. Denn die Korrekturen dürfen nicht allein in der Verantwortung der einzelnen Schule liegen. Bei der Benotung soll es ja so gerecht wie möglich zugehen.

© SZ vom 19.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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