Bezahl-Uni:Gutes Studium oder Geld zurück

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In Nordrhein-Westfalen und Hessen sollen Studenten ihre Gebühren zurückerhalten, wenn die Gegenleistung nicht stimmt.

Christoph Hickmann, Marco Finetti

Es ist ein Wettlauf der besonderen Art - um die vorgeblich kundenfreundlichste, vielleicht aber auch nur skurrilste und nutzloseste Regelung rund um die Einführung von Studiengebühren in Deutschland. Die Regelung heißt "Geld-zurück-Garantie" und verspricht Hochschülern, dass sie ihren Semesterobolus ganz oder teilweise erstattet bekommen, wenn sie dafür keine Gegenleistung erhalten, sprich: wenn die Studienbedingungen so schlecht sind oder bleiben, dass ein zügiges und qualitätsvolles Studium unmöglich ist.

Grund für Unzufriedenheit: überfüllte Hörsäle. Ob Studierende deswegen Gebühren zurückverlangen dürfen, darüber sollen in NRW künftig Schiedskommissionen entscheiden. (Foto: Foto: ddp)

Bislang war so etwas nur in Nordrhein-Westfalen vorgesehen, wo schon im anstehenden Wintersemester alle Studienanfänger und vom Sommersemester an alle Hochschüler 500 Euro pro Semester zahlen sollen. Mit der Geld-zurück-Garantie werde "der Student als Kunde ernst genommen und die Qualitätspartnerschaft von Hochschule und Studierenden auf eine verbindliche Grundlage gestellt", jubilierte der für die Hochschulen zuständige Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP), der sich lange im Schein einer bundesweit einmaligen Regelung sonnte.

Nun hat sein hessischer Amtskollege Udo Corts (CDU) nachgezogen. Kurz vor der entscheidenden Landtagsabstimmung hat die mit absoluter Mehrheit regierende CDU das umstrittene Studiengebührengesetz vergangene Woche entschärft - und zudem auch für Hessen eine Geld-zurück-Garantie hineingeschrieben.

Gerade sie wird jedoch schon jetzt überaus skeptisch aufgenommen. "Das ist ein unsinniger Ansatz", sagt etwa Johann-Dietrich Wörner, der Präsident der Technischen Universität Darmstadt (TUD). Dabei ließe sich eigentlich annehmen, dass Wörner derartigen Regelungen aufgeschlossen gegenüber steht: Seit Januar 2005 gilt in Hessen das so genannte TUD-Gesetz, das seiner Hochschule das Recht auf weitestgehende Selbstverwaltung und eine bundesweit einmalige Autonomie einräumt. Im Gegenzug ist die Uni verpflichtet, "die Studierenden in angemessener Zeit zum Studienerfolg zu führen, indem sie sicherstellt, dass die Studierenden das in den Studienplänen und -ordnungen vorgesehene Lehrangebot tatsächlich in ausreichendem Maße und ohne zeitliche Verzögerung wahrnehmen können" - was nicht weit weg von der Geld-zurück-Garantie scheint.

Wörner aber wendet ein: "Ein individuelles Geld-zurück-Recht führt erstens zur Ökonomisierung der Hochschule. Und zweitens wird uns eine Flut von Verfahren erwarten. Denn falls Vorgaben nicht eingehalten werden können, wird jeder das auf die Institution schieben, also die Hochschule." Eine solche Garantie solle also "bitte nicht auf individueller Ebene" gegeben werden.

In Nordrhein-Westfalen ist diese Bitte bereits erfüllt. So unzumutbar die Studienbedingungen auch sein mögen - einklagen können die Studenten die Erstattung ihrer Gebühren nicht. "Hochschulen und Studierende sollen sich im Hörsaal, nicht im Gerichtssaal treffen", sagt dazu das Innovationsministerium. Ob jemand seinen Obolus zurückerhält, darüber soll stattdessen an jeder Hochschule zunächst eine Schiedskommission befinden. Sie soll zur Hälfte mit Studenten besetzt und von einer Person geleitet werden, die nicht der Hochschule angehört. Bei "erheblichen Qualitätsmängeln" kann die Kommission der Hochschulleitung empfehlen, die Gebühren ganz oder teilweise zu erstatten.

Als Beispiele für solche Mängel nennt das Ministerium den "Ausfall von Lehrveranstaltungen, einen Mangel an Laborplätzen oder einen zu spät ausgestellten Leistungsnachweis, so dass die Anmeldung für das Folgeseminar nicht fristgerecht möglich ist". Das mag angesichts der derzeitigen Studienverhältnisse fast den Eindruck erwecken, als sei die Erstattung der Gebühren nur eine Formsache. Andererseits wenden Kritiker wie der "Freie Zusammenschluss der Studierendenschaften" ein, die Geld-zurück-Garantie sei gerade wegen ihrer rechtlichen Unverbindlichkeit nicht mehr "als ein freundlicher Versuch, der letztlich nicht einzuhalten" sei.

© SZ vom 25.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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