Bewerbung mit Bachelor:Passgenauer Nachwuchs

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Was erwarten Unternehmen von Absolventen? Franziska Pankow vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) über gestiegene Anforderungen und Erfahrungen mit dem Bachelor.

S. Uhlmann

Franziska Pankow ist Referatsleiterin für Bildungspolitik und Hochschulen beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Sie erläutert die Erwartungen der Unternehmen an Hochschulen und Absolventen.

Absolventen der Uni Mainz: Unternehmen sind generell zufrieden mit Bachelor- und Master-Absolventen. (Foto: Foto: ddp)

SZ: Frau Pankow, der Bologna-Prozess, der die Umstellung der Studienabschlüsse auf Bachelor und Master bis 2010 vorsieht, ist aus Sicht der Hochschulen ein Erfolg. Was sagt die Wirtschaft?

Pankow: Auch die Unternehmen sehen, dass sich damit auf dem Ausbildungsmarkt vieles zum Besseren gewandelt hat. Lange Studienzeiten haben sich durch die Einführung des Bachelors verringert, die Zahl der Abbrecher geht zurück. Und speziell mit dem Master ist ein Weg eröffnet worden, Hochschulabsolventen in einem zweiten Studiengang fitter für den Arbeitsmarkt zu machen.

SZ: Das heißt?

Pankow: Dass die Unternehmen den Erfolg der Studienreform vorsichtig optimistisch einschätzen.

SZ: Woran machen Sie das fest?

Pankow: An unserer bundesweiten Umfrage, die wir zur Studienreform im vergangenen Herbst unter 2100 Firmen aller Branchen und Größen durchgeführt haben. Knapp ein Viertel der befragten Unternehmen hat bereits Erfahrungen mit Absolventen der neuen Studienabschlüsse gemacht. Zwei Drittel von ihnen gaben an, dass sich ihre Erwartungen an den Einsatz von Bachelor- und Masterabsolventen erfüllt haben.

SZ: Statistisch gesehen ist das eine satte Mehrheit. Woher rührt die Vorsicht?

Pankow: Keine Frage, dieses Ergebnis macht Mut. Doch die Skepsis der Unternehmen gegenüber der Studienreform und den neuen Absolventen mit ihren weitgehend unbekannten Abschlüssen ist nicht ausgeräumt. Die Hochschulen dürfen jetzt nicht nachlassen, ihre Studieninhalte im Sinne von "Employability" an den Anforderungen des Arbeitsmarktes auszurichten. Erst das wird auch Zögerer aus der Wirtschaft von den neuen Studiengängen überzeugen.

SZ: Welche Erwartungen verbinden die Unternehmen mit Employability oder der "Beschäftigungsfähigkeit", wie es im Deutschen noch sperriger heißt?

Pankow: Generell fordern die Unternehmen, das zeigt die Umfrage, den neuen Absolventen neben Fachwissen mehr soziale und persönliche Kompetenzen ab. Dabei ist Teamfähigkeit die wichtigste Kompetenz, gefolgt von den Fähigkeiten, selbständig zu arbeiten und Einsatzbereitschaft zu zeigen. Fachwissen wird als selbstverständlich vorausgesetzt.

SZ: Welche Rolle hat der Praxisbezug?

Pankow: Er ist für die Unternehmen unverzichtbar. Sie erwarten, dass die Vermittlung von theoretischem Wissen durch Praxiseinsätze gestützt wird.

SZ: Eigentlich eine Binsenweisheit für ein modernes Studium, oder?

Pankow: Das mag sein, dennoch wird nach unseren Erfahrungen Praxiswissen an den Hochschulen nur unzureichend vermittelt. Die Praxisferne von Absolventen ist jedenfalls immer noch der Hauptgrund, wenn sich Unternehmen in der Probezeit von bereits eingestellten Hochschulabsolventen trennen.

SZ: Inwiefern nehmen die Unternehmen schon Einfluss auf die Ausbildungsinhalte der neuen Studiengänge?

Pankow: Auf den ersten Blick trägt die Wirtschaft in hohem Maße dazu bei. Über die Hälfte der an der Umfrage beteiligten Betriebe arbeitet bereits mit Hochschulen zusammen. Weitere Unternehmen planen eine solche Kooperation ...

SZ: ... aber?

Pankow: Nicht wenige Vorhaben scheitern, weil Hochschulen keine passenden Angebote machen oder Unternehmen nicht den richtigen Partner in der weiten Hochschullandschaft finden.

SZ: Wie können beide Seiten besser zueinander finden?

Pankow: Die Unternehmen müssen aktiver werden und sich durch Mitarbeit in Hochschul- und Studienräten in die Gestaltung von Studiengängen stärker einbringen. Auf der anderen Seite sind die Hochschulen gefordert, den Aufbau von Partnerschaften zu befördern. Das würde gerade kleinen und mittleren Firmen mit ihren begrenzten Ressourcen helfen, in Kontakt zu kommen.

SZ: Mit welchem Ziel?

Pankow: Auf die Ausbildung von für sie passgenauem Nachwuchs Einfluss zu nehmen und sicherzustellen, dass Führungskräfte die Chance erhalten, sich in berufsbegleitenden Master-Programmen weiterzubilden.

SZ: Geschieht das bisher nicht?

Pankow: Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Masterstudiengängen - derzeit mehr als 3000. Wirklich praxisorientierte Angebote aber bleiben dabei noch Mangelware. Nach Erhebungen der Hochschulrektorenkonferenz haben sie bei Universitäten nur einen Anteil von deutlich unter zehn Prozent.

SZ: Was muss sich ändern?

Pankow: Hochschulen und Universitäten müssen lernen, "von hinten zu denken". Nicht ihre Bedürfnisse sind entscheidend, sondern die des Arbeitsmarktes sowie die beruflichen Chancen der Absolventen. Die neuen Studiengänge müssen darauf ausgerichtet werden. Das freilich geht nur im intensiven Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

© SZ vom 13.9.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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