Betrug:Kasse machen mit Arbeitslosen

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Arbeit statt Hartz IV? Von wegen: Jobsucher werden immer dreister abgezockt.

Wer einen Job sucht, sollte wachsam sein. Denn mit Menschen auf Arbeitssuche werde in Deutschland immer skrupelloser Kasse gemacht, schlagen die Verbraucherschützer Alarm.

Abgezockt und allein damit: "Wer schon arm ist, hat sowieso kein Geld für einen Rechtsanwalt" (Foto: Foto: photodisc)

Wer unseriösen Verdienstangeboten auf den Leim geht, erleidet in der Regel Verluste statt Geld zu verdienen. "Die Methoden werden immer dreister", mahnt Markus Saller, Jurist der Verbraucherzentrale Bayern, zur Vorsicht. Seine Beobachtung: "Der Boom kam mit Hartz IV". Dubiose Job-Angebote habe es schon immer am Markt gegeben, aber noch nie zuvor mit solcher Wucht. Unzählige Betrüger und windige Geschäftemacher hätten sich darauf spezialisiert, an der Perspektivlosigkeit vieler Arbeitsloser zu verdienen.

"Höchste Vorsicht ist angesagt, selbst wenn man noch so dringend einen Job braucht", warnt auch Marion Schmidt von der Verbraucherzentrale Sachsen. Es sei schwieriger geworden, seriöse Verdienstmöglichkeiten von den dubiosen zu unterscheiden.

Wurden früher die Köder nur über Kleinanzeigen ausgelegt ("leichter Nebenverdienst", "3.000 Euro monatlich garantiert"), läuft die Kontaktanbahnung heute gezielter, berichtet Saller. Zum Beispiel über so genannte Spam-mails via Internet. Die Drahtzieher kaufen dafür spezielle Datensätze mit den mail-Adressen von Bürgern, die bei anderer Gelegenheit angaben, auf Jobsuche zu sein, wie der Münchner Jurist weiß.

Die neuste Masche: Arbeitssuchende direkt vor dem Arbeitsamt abfangen. Die verlockende Offerte: ein Bewerbungsgespräch ("Arbeit statt Hartz IV"). Was folgt, ist ein Verkaufsgespräch mit dem Ziel, dem Arbeitslosen Geld aus der Tasche zu ziehen.

Oft wird auch noch versucht, den Jobsucher als Kundenwerber anzuheuern. Dafür wird von ihm Geld verlangt, das verrechnet werden soll, wenn eine bestimmte Zahl Neukunden in kurzer Zeit an Land gezogen ist. "Kaum zu schaffen, das Geld ist futsch", so die Erfahrung von Bettina Dittrich, Juristin der sächsischen Verbraucherschützer. Handelt es sich um einen Vertrieb im Schneeballsystem, kann das Ganze auch noch strafbar sein.

Sobald Vorkasse verlangt wird, bevor auch nur ein Cent verdient ist, sollten die Alarmglocken schrillen, raten die Experten der Verbraucherzentrale Hamburg. Dann ist die Sache unseriös. Ganz gleich, ob für die "Anzahlung" in Aussicht gestellt wird, mit Werbefolien auf dem eigenen Auto spielend leicht Geld zu verdienen. Oder ob man Produkte testen, Fahrdienste leisten und tausende Euro in ein Computerprogramm investieren soll.

"Finger weg, das geht schief"

Auch mit den immer neu abgewandelten Klassikern wird nach Schmidts Angaben Kasse gemacht: da sollen Geräte, Proben oder Waren bestellt werden, die auf eigenes Risiko zusammengebaut oder weiter verkauft werden müssen. Interessenten sollen Registrierungs-, Anmeldungs-, Schutzgebühren zahlen, oft für wertloses Material. Sie sollen für den neuen Job "Startkapital" aufbringen, auf eigene Kosten einen Lehrgang besuchen, "zum Einstieg" einen Zugangscode fürs Internetportal finanzieren. "Finger weg, das geht schief", warnt Schmidt.

Häufig wird auch dadurch abkassiert, das ein Zettel hinter dem Scheibenwischer oder die Internet-Offerte zum Rückruf animiert. Dann landet der Jobsucher bei teuren 0190-Rufnummern oder Mehrwertdienstenummern mit endlosen Bandansagen. Auch eine "normale" Telefonnummer im Ortsnetz kann tückisch sein, wenn sie den Anrufer zu einer teuren Nummer weiter schickt. Misstrauen ist grundsätzlich nötig, wenn nur eine Telefonnummer oder Postfachadresse angegeben wird.

"Wer aufs Kreuz gelegt wurde, hat meist keine Chance, jemals wieder an sein Geld zu kommen", zieht Saller Bilanz. Um einen Anspruch auf Rückzahlung durchzusetzen, müsse man den Drahtziehern vorsätzliches, betrügerisches Handeln nachweisen können. Und das klappt so gut wie nie. "Wer schon arm ist, hat sowieso kein Geld für einen Rechtsanwalt", weiß Schmidt. Darauf setzten die Geschäftemacher.

Eine Liste mit unseriösen Offerten bereits bekannter "schwarzer Schafe" auf dem Markt hat die Verbraucherzentrale Hamburg unter der Internet-Adresse www.Vzhh.De zusammengestellt.

© Berrit Gräber, AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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