Berufsbegleitende Hochschulprogramme:Kompaktes Wissen für Führungskräfte

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Das Interesse am Master of Business Administration ist ungebrochen - was hinter dem begehrten Titel steckt.

Von Lars Reppesgaard

Eigentlich müssten Top-Manager alles auf einmal können: Sie sollen ihren Aufgabenbereich fachlich fest im Griff haben und dazu auf höchstem Niveau führen, verkaufen und kalkulieren. Doch so voll gepackt wie die Lehrpläne der meisten Studiengänge sind, verwundert es kaum, dass das im Unternehmensalltag so bitter benötigte Betriebswirtschaftliche in der Ausbildung meist unter den Tisch fällt.

Hybridqualifikation

Um sich dieses Wissen kompakt anzueignen, bezahlen besonders motivierte Mitarbeiter für den Besuch berufsbegleitender Hochschulprogramme. Danach können sie den begehrten Titel auf der Visitenkarte führen: Den Master of Business Administration (MBA). Auch wenn die Wirtschaft lahmt, ist das Interesse am MBA ungebrochen. Die Bewerber- und Absolventenzahlen steigen allerorten, die Lehrangebote schießen aus dem Boden. Experten schätzen, dass es mittlerweile weltweit rund 1500 Schulen mit über 5000 MBA-Programmen gibt.

Im Fokus der meist auf zwei Jahre angelegten Kurse steht die Vermittlung übergreifender Managementmethoden und -werkzeuge anhand von Fallbeispielen. Gerade der Praxisbezug macht diese Art der Weiterbildung für Arbeitgeber attraktiv, sagt Udo Dierk, Leiter Management Learning bei Siemens. "Wir machen hochkomplexe Geschäfte und betreuen große Projekte im internationalen Rahmen. Wir brauchen Leute, die so etwas managen können." Die Hybridqualifikation - Fachwissen kombiniert mit Managementwissen - sei ideal, um Führungsaufgaben übertragen zu bekommen.

Sobald ein gelernter Softwareentwickler, Ingenieur oder Chemiker für ein Projekt Kosten- oder Personalverantwortung übernimmt, muss er mit betriebswirtschaftlichen Prozessen umgehen. Alle großen Firmen begegnen dieser Herausforderung mit Personalentwicklungsprogrammen. Doch nicht alle Schulungsangebote halten, was sie versprechen. "Die Unternehmen brauchen eine Qualitätskontrolle und keinen Seminartourismus", sagt Professor Waldemar Pelz, Leiter des MBA-Programms der Fachhochschule Gießen-Friedberg. Der formale Titel gibt Unternehmen die Sicherheit, dass die Weiterbildung bestimmten Qualitätsstandards genügt. "Der MBA ist schon in gewisser Weise ein Gütesiegel", bestätigt auch die Personalchefin des Pharmaunternehmens Aventis, Brigitte Fuchs.

Von früh morgens bis nach Mitternacht

Viele kleine Unternehmen haben ihre Weiterbildungsanstrengungen in letzter Zeit zurückgefahren. Bei den Personalentwicklungsprogrammen der Großunternehmen hat die konjunkturelle Delle dagegen weniger Spuren hinterlassen. Bei Nachwuchs- und Führungskräften wird nicht gespart, heißt es auf Nachfrage unisono bei RWE, Bertelsmann oder Audi. Sie alle registrieren, dass sich immer mehr ihrer Mitarbeiter für MBA-Programme interessieren.

Die Teilnehmer des MBA-Programms an der FH Gießen sind im Durchschnitt 36 Jahre alt und haben im Mittel sieben Jahre qualifizierte Praxiserfahrung. Wer sich dafür entscheidet, neben seinem - oft fordernden - Berufsalltag zusätzlich für den MBA zu büffeln, muss stressresistent sein und Herausforderungen lieben: Oft ist die Dauerbelastung von früh morgens bis nach Mitternacht die Regel.

Nach Dierks Schätzung setzen sich allein bei Siemens in Deutschland 100 bis 200 Mitarbeiter dieser Doppelbelastung aus und machen neben ihrer Arbeit den MBA. Der Konzern unterstützt sie dabei. "Wir übernehmen zum Beispiel Studiengebühren ganz oder zum Teil, und wir reden über Freistellungen. Dies sind aber Einzelabsprachen zwischen Chef und Mitarbeiter", sagt Dierk. "Wir finden es großartig, wenn Mitarbeiter sich weiter qualifizieren wollen und bereit sind, dafür selbst Zeit und Geld zu investieren."

Aventis schickt im vierten Jahr Bewerber an die Aspen Business School in Birmingham. Doch auch hier gibt es keine Standardlösungen für MBA-Interessierte. Wer woanders weiter lernen will, kann das auch tun. "Wir arbeiten mit allen Mitarbeitern individuell aus, wo sie sich wie weiter qualifizieren", erklärt Aventis-Personalerin Fuchs.

Bei der Auswahl der Ausbildungsstätte ist allerdings manchmal Vorsicht geboten. Viel versprechende Talente weiter zu qualifizieren, ist ein gutes Geschäft. In der Regel werden fünfstellige Summen für die Teilnahme an einem MBA-Programm verlangt. Doch neben Nobeladressen wie der US-Eliteuniversität Harvard oder der London Business School und den soliden deutschen Fachhochschulen tummeln sich auch unseriöse Anbieter in der Branche, wie Universitäten, die reine Titelhändler sind.

Interessante Visitenkarte

Dennoch sind MBA-Abschlüsse an seriösen Bildungseinrichtungen sinnvoll, wenn sie zum übrigen Profil des Absolventen passen, betonen die Personalexperten. "Der MBA war zum Teil auch ein Modethema und hat ein wenig von seinem Glanz und Glamour verloren", sagt Dierk. "Aber wenn ich auf einer Visitenkarte die Buchstaben MBA lese, gehe ich nach wie vor davon aus, dass der Mensch eine ordentliche, qualifizierte Ausbildung hat, und dass er anhand vieler praktischer Fallbeispiele gelernt hat und analysieren kann." Und Brigitte Fuchs erklärt: "Allein die Tatsache, dass Menschen bereit sind, weiter zu lernen und sich damit weiterzuentwickeln, macht sie für Aventis interessant."

Auch MBA-Ausbilder Waldemar Pelz ist davon überzeugt, dass der Titel nach wie vor ein Gütesiegel ist, der Bewerbern wichtige Vorteile für die eigene Karriere verschafft: "Wer sich so quält, kann nur ein Leistungsträger sein. Und am Ende hören wir immer wieder, dass MBATeilnehmer sagen, wie toll es sei, dass sie nun auf Augenhöhe mit dem Controller oder dem Marketingmann mitreden können."

Zwar gibt es mittlerweile selbst für MBA-ler keine Garantien mehr. Jeder fünfte Absolvent der US-Topschulen findet derzeit keinen Job. Wer aber sein Fachwissen mit dem Titel abgerundet hat, verdient im Falle einer Anstellung oft besser als seine Kollegen: Beispielsweise zahlt sich für Fachleute aus dem Bereich Informationstechnologie das Studiengeld schnell aus, errechneten Wissenschaftler der Universität Saarbrücken.

IT-Spezialisten mit MBA-Abschluss und Doktortitel verdienten im letzten Jahr im Schnitt 112.000 Euro, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. IT-Experten mit anderen Abschlüssen verdienen dagegen nur zwischen 62.000 und 68.000 Euro.

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