Bergführer:Zigeunerleben zwischen Fels und Eis

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Bergführer sind viel unterwegs. Sie begleiten Bergsteiger auf der ganzen Welt. Die Einstiegsvoraussetzungen sind hoch: Zum Eignungstest gehören Eiskletterei, Skifahren und das Abfassen von Tourenberichten.

Bergführer sind im Gebirge zu Hause. Und das bereits bevor sie eine Ausbildung zum staatlich geprüften Berg- und Skiführer aufnehmen. Ob in Fels, Eis oder Schnee, ob beim Klettern, Skifahren oder bei kombinierten Bergtouren: Bergführer müssen in allen Bereichen überdurchschnittlich gut sein.

Bergführer begleiten Bergsteiger auf der ganzen Welt (Foto: N/A)

"Der Bergführer ist so eine Art alpiner Zehnkämpfer, ein Allrounder der Bergwelt", erklärt Peter Geyer aus Piding bei Bad Reichenhall. Er ist Ausbildungsleiter und Präsident des Verbands Deutscher Berg- und Skiführer.

Kein Wunder, dass sich gerade drei Frauen unter den rund 400 deutschen Berg- und Skiführern finden. Gudrun Weikert aus Bad Tölz hat sich nicht abschrecken lassen. Sie ist seit mehr als zehn Jahren selbstständige Berg- und Skiführerin: "Es ist schon eine besondere Herausforderung. Man muss genau dieselbe Leistung bringen wie die Männer, und das kann man nicht nur durch Technik wettmachen."

Die Anforderungen sind hoch gesteckt, bereits bei der jährlichen Zulassung zur Ausbildung durch den Fachverband: Alle Bewerber müssen bis November einen Tourenbericht einreichen.

Wer genügend Erfahrung hat, wird zum Eignungstest zugelassen. Eine Altersgrenze gibt es nicht. "Im Eignungstest wird das persönliche Können geprüft. Von den 30 bis 40 Bewerbern schaffen es ungefähr 15 bis 20, in die Ausbildung zu kommen", schätzt Peter Geyer. Der Test erfolgt in zwei Teilen: Zuerst findet die Winterprüfung statt. Gefordert werden Kenntnisse von Skitechniken, sicheres Skifahren bei allen Schneeverhältnissen und Beurteilung der Lawinengefahr.

Klettern für Profis

Darauf folgt der Sommertest in Fels und Eis. Es gilt, "im kombiniertem Gelände alpine Kletterei bis Schwierigkeitsgrad VI+" zu meistern. Außerdem muss man auch Steigeisentechniken beherrschen: Eiskletterei bis mindestens 60 Grad, auch senkrecht und überhängend. Nach Bewältigung dieser Hürde beginnt laut Geyer erst die eigentliche Ausbildung: "Die Bergführer-Anwärter müssen sich dann einen Lehrherrn suchen, der die Verantwortung für sie übernimmt und ihnen ein 40-tägiges Praktikum ermöglicht."

Neben dem Praktikum muss man rund 100 Tage theoretische Lehrgänge besuchen. In dieser Ausbildung gibt es zwei Schwerpunkte: Es werden Führungstechniken und methodisch-didaktische Konzepte vermittelt. Nach mindestens dreieinhalb Jahren Ausbildungszeit kann die staatliche Prüfung zum Berg- und Skiführer abgelegt werden. Abgedeckt werden dabei erneut die Teilbereiche Sommer, Winter und Theorie.

Wer schließlich staatlich geprüfter Berg- und Skiführer ist, den erwartet ein aufregendes Leben: "Als Bergführer ist man heute viel unterwegs. Früher war das noch anders. Damals gab es regionale Bergführer, die Touristen auf die immer gleichen Gipfel in ihrer Heimatgegend gebracht haben. Heute führt man ein Zigeunerleben und reist in der ganzen Welt herum", erzählt Joachim Wechner, Leiter der Bergsteigerschule Club Altitude in Münster.

Gehen, wohin das Herz trägt

Selbständige Bergführer können gehen, wohin das Herz sie trägt - zu Expeditionen in den Anden, Trekkingtouren im Himalaja, Inselwanderungen auf den Kanaren oder klassischen Gletschertouren in den Schweizer Alpen.

Am besten ist es, einen eigenen Kundenstamm aufzubauen wie Peter Geyer: "Manche Leute kenne ich schon seit 20 Jahren und gehe jedes Jahr mit ihnen auf Tour. Es ist optimal, wenn man sich bereits gut kennt. Dann wissen beide Seiten, was sie zu erwarten haben."

Leben aus dem Rucksack

Ab einem gewissen Alter kann das Wanderer-Dasein jedoch auch zur Last werden.

Joachim Wechner ist froh, mit seiner Bergsteigerschule endlich einen festen Standort gefunden zu haben, auch wenn das mehr lästige Verwaltungsarbeit bedeutet: "Bei einem so unregelmäßigen Leben aus dem Rucksack ist es schwer, ein Sozialgefüge aufzubauen. Spätestens wenn man Familie haben will, kann das dauernde Reisen problematisch werden. Viele meiner Kollegen satteln deshalb mit 30 oder 35 um und kommen in der Bergsportindustrie unter."

Die Familienproblematik kennt Gudrun Weikert als Mutter einer siebenjährigen Tochter auch: "Es ist schon schwierig, so viel weg zu sein, gerade mit ganz kleinen Kindern. Da ich zusätzlich an der TU München als Diplomsportlehrerin in der Fachrichtung Bergsport arbeite, geht es aber ganz gut." Wer sich also den Traum der unbegrenzten Freiheit in den Bergen als Berufsziel verwirklichen will, sollte noch einmal die Konsequenzen einer solchen Entscheidung erwägen - und sich dann ans Trainieren machen.

(Quelle: sueddeutsche.de/dpa)

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