Bayern:Lehrer ohne Staatsexamen

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Die Universitäten streben eine grundlegende Reform des Lehrerstudiums mit internationalen Abschlüssen an.

Von Christine Burtscheidt

München - Die bayerischen Universitätsrektoren wollen die Lehrerbildung tiefgreifend reformieren. Auf drei Seiten haben sie ein Konzept formuliert. Darin plädieren sie für die Abschaffung des Staatsexamens und die Einführung der internationalen Abschlüsse Bachelor und Master sowie für mehr Praxisnähe. Die Rektoren werden es heute auf einer gemeinsamen Sitzung Kultusministerin Monika Hohlmeier vorstellen.

Strikte Trennung von Staat und Wissenschaft

Seit internationale Leistungsvergleiche wie Pisa den deutschen Schülern nur mittelmäßige Noten bescheren, wird über eine neue Lehrerbildung nachgedacht. Die CSU hat im Jahr 2000 bereits Reformen beschlossen. Für Lehramtsanwärter in Bayern ist die neue Studien- und Prüfungsordnung in diesem Wintersemester in Kraft getreten. Mehr Didaktik, Methodik, Pädagogik und Praxis sind wesentliche Neuerungen. Das aber reicht den bayerischen Hochschulchefs nicht.

Alf Zimmer, Rektor der Regensburger Universität, hat deshalb ein neues Konzept entwickelt. Es sieht in der Ausbildung eine strikte Trennung von Staat und Wissenschaft vor. Ein Studium mit zwei Staatsexamina wie es zurzeit noch die Lehrerprüfungsordnung (LPO) vorschreibt, wird es demnach nicht mehr geben. Stattdessen plädiert Zimmer für die international vergleichbaren Abschlüsse Bachelor und Master. Der Vorteil ist, sie sind auch im Ausland anerkannt. Ein Wechsel für Absolventen über die Landesgrenzen hinaus ist dann viel leichter möglich. Und: Der Staat mischt inhaltlich nicht mehr bei der Ausbildung mit. "Die Universitäten sind durch die staatlichen Vorgaben zu festgelegt", klagt Zimmer. Das schränke in der wissenschaftlichen Profilbildung erheblich ein. Als Beispiel nennt er die Uni Regensburg. Dort sind lediglich 25 Prozent der Studenten im Lehramt eingeschrieben, doch 70 Prozent der Studiengänge werden durch LPO-Vorgaben beeinflusst.

Nur noch ein Fach

Im Einzelnen soll die Lehrerausbildung mit einem sechssemestrigen Grundstudium beginnen, das mit einem Bachelor endet. Anwärter für das Gymnasium wählen dabei nur ein Fach. Und sie studieren gemeinsam mit Kommilitonen, die anschließend in die Wissenschaft oder Industrie gehen. Nach drei Semestern können sie jedoch bereits "berufsbezogene Module" belegen, also auch Erfahrungen in der Schule sammeln. Erst nach dem Bachelor müssen sie sich für das Lehramt entscheiden. In diesem Fall haben sie sich für einen Master-Studiengang zu bewerben. Beim Auswahlverfahren spricht dann maßgeblich das Kultusministerium mit. In den Master-Studiengang wird auch das Referendariat integriert.

Ähnlich soll die Ausbildung für andere Schularten laufen wie die Haupt- oder Realschule, nur dass kein Master als zusätzlicher Abschluss verlangt wird.

International vergleichbar

Zimmer hofft nun auf eine schnelle Entscheidung der Staatsregierung. Denn bereits 2011 - so der Beschluss der Kultusminister in Bologna (1998) - müssen Absolventen international vergleichbare Abschlüsse haben. "Sonst droht eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof", sagt er.

Das heißt aber, spätestens 2005 sollte die neue Ausbildung Angebot an allen Hochschulen sein. Das aber gelingt nur, wenn das Reform-Konzept bereits in diesem Jahr von der Staatsregierung verabschiedet wird. Ob der Zeitplan einzuhalten ist, bleibt fraglich. Zimmer rechnet mit erheblichen Protesten bei Lehrerverbänden, hofft aber auf Unterstützung beim Kultus- und Wissenschaftsministerium. Gerade dessen Auftrag an die Universitätsleitungen, Effektivitätsreserven zu erschließen und abzubauen, sieht der Rektor vor allem in den Fächern mit Staatsexamina gegeben. Neben der Lehrerbildung sind das Jura, Medizin und Pharmazie. "Hier kann wissenschaftlich wieder Herausragendes geschehen, wenn sich der Staat aus den Universitäten zurückzieht."

© SZ vom 23.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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