Auszeichnung:"Für Ihre Leistungen in höchster Vollendung"

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Helmut Kohl hat viele, Joschka Fischer nur einen und Gerhard Schröder bekommt seinen vierten. Die Rede ist vom Ehrendoktor und davon, was der Titel bedeutet.

Von Nicola Holzapfel

Es ist sein erster und vierter zugleich. Gerhard Schröder darf sich bereits Ehrendoktor der Universitäten Sankt Petersburg und Tongji in Shanghai sowie der Marmara University in Istanbul nennen. Am Dienstag erhält er die Auszeichnung erstmals von einer deutschen Hochschule. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät der Uni Göttingen will so seinen "außerordentlichen Einsatz" als niedersächsischer Ministerpräsident "für die Förderung der Naturwissenschaften an der Georg-August-Universität" würdigen. Außerdem habe er als Bundeskanzler "wichtige Anstöße für eine Debatte über die Biowissenschaften in Deutschland gegeben."

Wer sich hier über seinen neu erworbenen Ehrendoktor lustig macht, verrät unsere Bildergalerie (s.u.). (Foto: Foto: AP)

Soweit der offizielle Grund. Denn in Deutschland ist der Ehrendoktor an Verdienste für die Wissenschaft gebunden. Ansonsten ist es Sache jeder Hochschule und der einzelnen Fakultäten, wen sie zum Doktor ehrenhalber erklären. Darüber, ob und wann sich Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens die Auszeichnung verdient haben, gibt es daher ganz unterschiedliche Meinungen. In der Regel geht die Initiative von den Fakultäten aus, manches Mal werden aber auch Wünsche an die Hochschulen herangetragen.

"Wir vergeben einen Ehrendoktor nur an Wissenschaftler mit herausragendem internationalen Standing, die ein Fach vertreten, das es auch an unserer Fakultät gibt. Wir machen uns die Auswahl nicht leicht und sind eher zurückhaltend", sagt Axel Schenzle, Dekan der Fakultät für Physik an der Münchner Ludwigs-Maximilian-Universität. Einen Ehrendoktor an Politiker würde Schenzle niemals vergeben. "Bei einer politikwissenschaftlichen Fakultät ist das eher zu verstehen. Bei anderen Fakultäten ist das eine rein politische Angelegenheit und hat mit der Würdigung einer wissenschaftlichen Leistung nichts zu tun. Seitens der Hochschulen ist das oft der Versuch, öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken."

Wer sich die Titel deutsche Politiker anschaut, stößt häufig auf die Namen ausländischer Hochschulen. So ist etwa Außenminister Joschka Fischer Ehrendoktor der Universität Haifa. Helmut Kohl hat weit mehr als 20 Titel und mit dem Zählen, zumindest öffentlich, schon aufgehört. Unter anderem ist er Ehrendoktor der philippinischen Anteneo-Universität und der Harvard-Uni in den USA.

Einen Ehrendoktor erkennt man am Anhängsel h.c. (honoris causa), wer gar mehrere Auzeichnungen hat, fasst sie unter Dr. h.c. mult. zusammen. Bei Ehrengraden, die im Ausland verliehen wurden, muss nur noch die verleihende Hochschule mit aufgeführt werden und fertig ist der Doktor.

So schöne schnelle Titel gefallen nicht nur Politikern. Weil ein Doktor vor dem Namen so viel her macht und nach Ansicht mancher auch für Karriere und Gehalt förderlich ist, blüht der Handel damit.

Davon profitieren Webseiten wie doktormacher.info des Berliner Unternehmens Gentlemen's Digest Ltd. Hier werden Doktor-Aspiranten mit Sinn für schnellen Erfolg in die Welt des Titelhandels eingeführt. Wer mehr ins Detail gehen will, kann den schmalen Ratgeber "Zum Doktortitel ohne Promotion" für stolze 24,95 Euro erwerben. Hier erfährt man dann unter anderem, dass "alle osteuropäischen Universitäten, aber auch Universitäten von Entwicklungsländern" einer Verleihung des Dr.h.c.-Titels gegenüber "aufgeschlossen" sind.

Schöne Fantasie

Doch auch in Deutschland wuchern die Titel. So hat es Verona Pooth, eher bekannt unter ihrem Mädchennamen Feldbusch, vor zwei Jahren zu ganz neuen wissenschaftlichen Ehren gebracht. Sie ist "Ehrenbetriebswirtin" der Fachhochschule Neu-Ulm. "Ich habe ihr den Titel für Leistungen in der Kommunikationstechnik in höchster Vollendung überreicht", lacht Gerhard Hack, Präsident der Fachhochschule Neu-Ulm. "Das ist ein Fantasietitel von mir". Den hatte sich Pooth verdient, weil sie mit der FH für ein Marketing-Seminar zusammen arbeiten wollte. Die Studenten sollten an ihrem Beispiel lernen, wie man eine Person als Marke kreiert.

"Das hat hohe Wellen geschlagen", sagt Hack. Noch immer erhält er Anrufe, ob er Pooth wirklich zur Ehrendoktorin gemacht hätte. An seiner Idee hält der FH-Präsident aber fest: "Erfolgreiche Persönlichkeiten", die mit seiner Fachhochschule zusammen arbeiten, haben gute Chancen, dort "Ehrenbetriebswirt" zu werden.

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