Ausbildungsversicherungen:Vertreter nutzen Angst vor Hartz IV

Lesezeit: 3 min

Verbraucherschützer warnen vor irreführender Werbung für Policen mit geringen Renditen. Andere Anlageformen seien gewinnbringender.

Von Andreas Kunze

Die Anrechnung von Kindesvermögen beim Arbeitslosengeld II hat in den vergangenen Wochen zu viel Aufregung geführt. Das Hartz-IV-Gesetz sah zunächst vor, dass Kinder bis zum Alter von 14 Jahren einen Freibetrag von 750 Euro erhalten sollten. Vermögen darüber hinaus sollte auf die Kinderzulage angerechnet werden.

Aufgrund zahlreicher Proteste - es wurde vor allem auf die Ausbildungsvorsorge verwiesen - lenkte die Bundesregierung jedoch ein: Auch Kinder unter 14 Jahren sollen neben dem Anschaffungsfreibetrag von 750 Euro einen Grundfreibetrag von 4100 Euro geltend machen können, insgesamt sind das also 4850 Euro. Das Bundeskabinett hat das entsprechende Änderungsgesetz am 1. September verabschiedet.

Doch die Diskussion blieb nicht ohne Folgen. "In vielen Köpfen hat sich festgesetzt, der höhere Freibetrag für Kinder könne nur beansprucht werden, wenn das Geld für die Ausbildung von Kindern angelegt sei, und zwar in einer so genannten Ausbildungsversicherung", sagt Lilo Blunck, Geschäftsführerin vom Bund der Versicherten (BdV).

"Manche Versicherungsvertreter wollen daraus offenbar jetzt Kapital schlagen und versuchen, Ausbildungsversicherungen unters Volk bringen." Tatsächlich ist der Freibetrag jedoch, egal wie alt das Kind ist, nicht zweckgebunden. Die Bundesregierung selbst spricht ganz allgemein von "Sparguthaben" - das Geld kann also auch im Sparschwein stecken.

Nur geringe Rendite

Eine Ausbildungsversicherung ist eine spezielle Kapitallebensversicherung, die durchaus kritisch gesehen wird. Denn sie schneidet - je nach Vertragsgestaltung - oftmals erheblich ungünstiger ab als eine herkömmliche Police.

"Deshalb ist in der Reklame meist nur von großen Summen die Rede, nicht aber von der Rendite. Gerade bei der Ausbildungsversicherung ist die meist jämmerlich", sagt etwa der Finanzanalytiker und gerichtlich zugelassene Versicherungsberater Michael Kronenberg.

Bei durchschnittlichen Anbietern liegt die jährliche Rendite der garantierten Auszahlung derzeit meist bei unter einem Prozent. Jedes Tagesgeldkonto bringe mehr, so die Experten. "Selbst die prognostizierten - und damit völlig unverbindlichen Auszahlungen - erreichen häufig nicht mal drei Prozent Rendite", warnt BdV-Geschäftsführerin Lilo Blunck.

Bei Ausbildungsversicherungen werden oft sehr geringe monatliche Prämien von zum Beispiel 25 Euro vereinbart. Je geringer die Prämie ist, desto höher fallen aber die anteiligen Verwaltungskosten aus. Ein gutes Drittel der Prämie geht dadurch mitunter schon verloren.

Versichert ist bei einer Ausbildungsversicherung nicht etwa das Kind, sondern in der Regel das Leben des Vaters oder auch der Großmutter. Wenn die versicherte Person stirbt, werden die restlichen Prämien erlassen. Der Haken: Je älter die versicherte Person ist, desto mehr wird anteilig als Risikokosten von der Prämie abgezogen.

Schließt eine 70-jährige Rentnerin eine Ausbildungsversicherung für ihren Enkel ab, ist das im Hinblick auf die Risikokosten genau so, als würde sie noch eine Kapitallebensversicherung für sich selbst abschließen. Ein Unterschied zur Kapitallebensversicherung besteht nur darin, dass das Geld ausschließlich zu einem festen Termin ausgezahlt wird, also nicht im Todesfall.

An wen und für welchen Zweck zu diesem festen Termin das Geld ausgezahlt wird, ist völlig beliebig. Auszahlungstermin kann etwa der 20. oder 25. Geburtstag des Enkels sein. Ob der Enkel dann vom Geld Studiengebühren zahlt oder auf Weltreise geht, spielt keine Rolle.

Bis zum Auszahlungstermin kann der Begünstigte außerdem beliebig geändert werden. Als Beispiel: Statt des Enkels kann die Großmutter bis dahin auch noch den neuen Lebensgefährten einsetzen.

Leichter Start in den Beruf

Die Ausbildung eines jungen Menschen kostet sicher Geld: Schon für den Meisterbrief eines Handwerkers sind etwa 10 000 Euro zu veranschlagen, für ein Studium je nach Fachrichtung rund 50 000 Euro, sagen Experten. Der Start ins Berufsleben dürfte einfacher sein, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben zur Verfügung steht.

Die Idee der Ausbildungsversicherung lässt sich aber auf jede andere Geldanlage übertragen. Sollen zum Beispiel in 20 Jahren 10 000 Euro zur Verfügung stehen, müssen bei einem angenommenen Zins von drei Prozent etwa 30,50 Euro monatlich gespart werden.

Um für den eigenen Todesfall vorzusorgen, kann zum Beispiel der Vater zusätzlich eine so genannte Risikolebensversicherung abschließen. Im Todesfall wird mit dieser Policenauszahlung der Sparplan noch aufgefüllt. Solch eine Risikolebensversicherung kostet bei günstigen Anbietern wenige Euro im Jahr.

© Süddeutsche Zeitung vom 03.09.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: