Aufbaustudium:Master für die Welt

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Sie bereiten auf eine Karriere bei EU oder Weltbank vor: internationale Aufbau-Studiengänge, die von Unis und Forschungsinstituten angeboten werden. Was die Programme für die Jobsuche bringen.

Von Nicola Holzapfel

Sie tragen die Welt im Titel - Absolventen von Studiengängen wie "European Studies" oder "Master Internationale Beziehungen". Zwischen ein bis zwei Jahre dauern die Programme im In- und Ausland, die ihre Teilnehmer fit für einen Job bei der Europäischen Union (EU), dem Internationalen Währungsfonds oder weltweit operierenden Firmen machen.

"Europa ist irgendwo modern geworden", sagt Christoph Linden, stellvertretender Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland zu der wachsenden Anzahl von Europa-Studiengängen. Bei ihm landen die Bewerbungen für ein Stipendium für das renommierte Europa-Kolleg in Brügge (Belgien) und Natolin (Polen), das seit 1949 Studenten auf eine europäische Karriere vorbereitet. "Die Bewerberzahlen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen", sagt Linden. Bis zu 160 Interessenten konkurrieren inzwischen um die rund 45 Plätze, die die Europäische Bewegung jährlich für das zehnmonatige Aufbauprogramm vergibt.

Eine "exzellente Ausbildung" und drei Gutachten gehören zu den Bewerbungsvoraussetzungen. Wer die Auswahlkommission überzeugen will, sollte außerdem noch ehrenamtliches Engagement, etwa für amnesty international oder eine Partei, vorweisen. Außerdem wird auf die soziale Kompetenz geachtet: "Wir suchen keine Einzelkämpfer", sagt Linden. Schließlich würden die Studenten am Kolleg in Brügge in einer Gruppe von 300 Leuten aus 40 Ländern sehr eng miteinander leben und arbeiten.

"Wie im Paradies"

Am Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) an der Uni Bonn geht es da etwas beschaulicher zu. Dort macht Christoph Gammler zusammen mit 31 Studenten, die aus 15 Ländern kommen, gerade seinen Master of "European Studies", einem von vier Aufbaustudiengängen in Deutschland, die vom Auswärtigen Amt initiiert wurden, um den deutschen Nachwuchs auf Tätigkeiten bei internationalen Organisationen vorzubereiten.

Christoph Gammler fühlt sich am ZEI "wie im Paradies". "Die Internationalität ist fantastisch und die Dozenten erstklassig. Es ist ein völlig anderes studieren", schwärmt der Student, der zuvor seinen Bachelor an der Uni Düsseldorf gemacht hat. Diese Studienbedingungen sind ihm die 6500 Euro Gebühren Wert: "Man zahlt einen ziemlich hohen Betrag, aber man bekommt unheimlich viel dafür zurück", sagt Gammler.

Bei der Auswahl der Studenten achtet das ZEI auf den sehr guten Hochschulabschluss ("Outstanding academic credentials") und die Motivation der Bewerber. Und natürlich auf die Fremdsprachenkenntnisse: Der Unterricht findet in Englisch statt.

Außerdem wird Wert auf den Praxisbezug gelegt: "Brüssel ist eine ganz eigene Welt. Wer dort weiterkommen will, sollte wissen, wie sie funktioniert", sagt Programmleiterin Cordula Janowski. Also lädt das ZEI EU-Beamte zu Vorträgen und Planspielen ein und organisiert Exkursionen - für die Studenten eine gute Möglichkeit Kontakte fürs zweimonatige Pflichtpraktikum zu knüpfen.

Ein Titel obendrauf

Auch das Advanced Studies Programm am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) wirbt mit seinem engen Kontakt zu den Schaltzentralen der Welt. "Unser Programm ist entstanden, weil Vertreter von internationalen Organisationen auf uns zukamen und sagten, dass es schwierig ist, in Deutschland gute Ökonomen zu finden", sagt Studiendirektor Harmen Lehment.

Seit 1984 bereitet das IfW jährlich 25 Wirtschaftswissenschaftler in zehn Monaten auf eine internationale Karriere vor. Etwa 120 Bewerbungen gehen dafür beim Institut ein. Die Absolventen kommen bei Notenbanken und Ministerien, Forschungsinstituten und international tätigen Investmentbanken, bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) unter. "Wir sind in den vergangenen Jahren die wichtigste Quelle für das IWF-Economist-Programm in Europa geworden", sagt Lehment.

Der Titel Advanced Studies Certificate ist kein akademischer Grad. "Es wird international als ein Abschluss anerkannt, der über ein Diplom oder Master hinausgeht", sagt Lehment.

Nur mit Siegel

Die Uni Bonn kann für ihren European Master seit vergangenem Jahr mit einer anerkannten Akkreditierung der deutschen Agentur Fibaa werben. Fibaa ist eine von sechs Akkreditierungs-Stellen in Deutschland, die Studienangebote mit Bachelor- und Masterabschluss unter die Lupe nehmen. Ihre Arbeit soll die Qualität in Studium und Lehre sichern und für Transparenz sorgen. Nur akkreditierte Studiengänge dürfen sich mit dem Siegel der jeweiligen Agentur schmücken.

Auch wer mit einem international ausgerichteten Aufbaustudium im Ausland liebäugelt, kann sich an Akkreditierungs-Siegeln orientieren. Allerdings hat jedes Land seine eigenen Agenturen. "Es mag viel Arbeit sein, die nationalen Akkreditierungs-Agenturen zu recherchieren", sagt Daisuke Motoki von der Fibaa. "Aber man sollte sich die Mühe machen, schließlich kostet so ein Programm ja viel Geld und vor allem kostbare Zeit." Motoki rät Interessenten, sich jedes Programm einzeln anzuschauen. "Man muss auf jeden Fall darauf achten, dass dieser Titel auch anerkannt ist und dafür spricht eine von einer staatlich anerkannten Akkreditierungsagentur ausgesprochene Akkreditierung".

Geld fürs Studium

In Deutschland sind nicht alle Europa-Studiengänge mit hohen Gebühren verbunden. So bietet etwa die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik seit 2001 einen zweijährigen Master in Europastudien, der vom DAAD gefördert wird und auch akkreditiert ist. Studenten, die zuvor einen Bachelor-Abschluss erworben haben, können fürs Masterstudium einen Bafög-Antrag stellen.

Auch ein Studium am Europa-Kolleg Brügge muss nicht an den Kosten scheitern. Erfolgreiche Kandidaten erhalten von der Europäischen Bewegung mit einem Studienplatz gleichzeitig ein Stipendium. "Der Trend geht zum Teilstipendium", sagt Christoph Linden von der Europäischen Bewegung. "Dadurch können wir mehr Studenten fördern." Inzwischen gibt es auch mehr Teilnehmer, die für die Studiengebühren von 16.000 Euro (inklusive Unterkunft und Verpflegung) selbst aufkommen. "Der finanzielle Hintergrund spielt bei der Auswahl der Bewerber aber überhaupt keine Rolle", betont Linden.

Die Uni Bonn kooperiert mit verschiedenen Stipendiengebern, um auch finanzschwachen Bewerbern ihr Master-Programm "European Studies" zu ermöglichen. Unterstützung gibt's auch beim "Advanced Studies Programm" des IfW in Kiel, das 9000 Euro kostet. Den Stipendiaten werden die Gebühren erstattet und sie erhalten 800 Euro monatlich für ihre Lebenshaltungskosten.

Schwere Zeiten für Alt-Europäer

Die zunehmende internationale Ausrichtung deutscher Studenten und auch das Bemühen der Bundesregierung, den Nachwuchs für den internationalen Dienst zu interessieren, macht sich inzwischen auch bei den Bewerberzahlen bemerkbar. So haben sich auf das jüngste Auswahlverfahren der Vereinten Nationen mehr als 1500 junge Deutsche beworben - fast sieben Mal so viel wie im Jahr 2002. Bei der großen Konkurrenz war ein internationales Diplom kein Garantieschein in die nächste Runde.

Mit der Erweiterung der Europäischen Union wird es auch in Brüssel für Deutsche nicht einfacher einen Job zu bekommen. "In den Vorjahren sind viele Absolventen in europäischen Institutionen untergekommen", sagt Christoph Linden. Bei einem der letzten Auswahlverfahren der EU-Kommission hätten von 80 erfolgreichen Kandidaten mehr als 20 ihren Abschluss in Brügge gemacht. "Man sollte aber nicht meinen, dass einem der zukünftige Job auf dem silbernen Tablett serviert wird. Die Konkurrenz ist gewaltig und die Plätze sind weniger geworden", sagt Linden.

Christoph Gammler, der dieses Jahr seinen European Master in Bonn machen wird, zielt mit seinem Studium nicht unbedingt auf den internationalen Dienst ab. "Ich will nicht unbedingt in eine EU-Institution. Wenn man nicht aus den neuen Beitrittsländern kommt, sondern aus einem der alten EU-Länder wie Deutschland und Frankreich, wird das die nächste Zeit auch sehr schwierig dort einzusteigen". Doch erst einmal freut er sich auf sein Praktikum in Brüssel. Ab Juni wird er bei der ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU arbeiten.

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