Arbeitszeit:Arztklage landet beim Europäischen Gerichtshof

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Ob der ärztliche Bereitschaftsdienst in Deutschland als Arbeitszeit anerkannt und dementsprechend bezahlt wird, entscheiden jetzt die europäischen Richter.

Kiel Der Kieler Justizstreit um die Anerkennung ärztlicher Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit wird höchstrichterlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Das schleswig-holsteinische Landesarbeitsgericht legte die Klage eines Arztes vom Städtischen Krankenhaus jetzt dem EuGH vor (3 Sa 611/01). Während Kläger Norbert Jaeger darauf am Dienstag enttäuscht reagierte, sprach der Vorsitzende des Klinikärzteverbandes Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, von einer großen Chance.

Jaeger bedauerte, dass eine Entscheidung nun voraussichtlich frühestens in einem Jahr getroffen werde. Der Kieler Assistenzarzt fordert, dass Bereitschaftsdienst als volle Arbeitszeit anerkannt und auch entsprechend bezahlt wird. Er hatte in zweiter Instanz gegen seinen Arbeitgeber, die Stadt Kiel, geklagt. "Mein Bereitschaftsdienst in der Klinik ist zum Teil so arbeitsintensiv, dass ich nicht einmal Zeit habe, auf Toilette zu gehen", erläuterte Jaeger der Richterin Birgit Willikonsky.

Nicht nur er, sondern viele seiner Kollegen seien überarbeitet und müssten teilweise 27 Stunden am Stück arbeiten. Das städtische Krankenhaus sei kein Sonderfall.

Erfolgreiche Klage in Spanien

Jaegers Klage geht zurück auf ein Urteil des EuGH. Es hatte Bereitschaftsdienste von spanischen Ärzten als Arbeitszeit gewertet. Jaeger ist der Meinung, dass sein Fall identisch ist.

Die Richterin entschied dagegen, dass viele Fragen vom EuGH noch zu klären seien. Unter anderem geht es darum, ob es sich beim Bereitschaftsdienst in der Klinik generell um Arbeitszeit handelt, und zwar auch insoweit, dass dem Arbeitnehmer Schlaf in Zeiten gestattet wird, in denen er nicht in Anspruch genommen wird. Die Beantwortung aller Fragen werde sicherlich ein Jahr dauern.

"Die Entscheidung des LAG Schleswig-Holsteins ist für die Klinikärzte strategisch das Beste, was passieren konnte", sagte Montgomery. "Denn wir haben nun Verfahren vor dem entscheidenden Bundesarbeitsgericht und dem EuGH anhängig. Ich bin davon überzeugt, dass die europäischen Richter für deutsche Ärzte gleiches Maß anlegen werden." Nach einem Justizstreit in Hamburg muss sich auch das Bundesarbeitsgericht mit diesem Problem befassen.

(sueddeutsche.de/dpa)

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