Arbeitsplatz Brüssel:Der lange Weg zum EU-Job

Lesezeit: 3 min

Die Europäische Union stellt laufend neue Mitarbeiter ein. Wie man sich bewirbt.

Für viele ist es ein Traum: eine Karriere bei der EU-Kommission in Brüssel, beim Europäischen Rechnungshof in Luxemburg oder im Dienst der EU-Parlamentarier in Straßburg. "Die Arbeit bei der Europäischen Union ist unglaublich bunt und vielfältig", sagt Maximilian Strotmann, stellvertretender Sprecher des EU-Kommissars für Verwaltung, Audit und Betrugsbekämpfung in Brüssel. Die Aufgaben seien fachlich anspruchsvoll und hochpolitisch und man arbeite mit Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen.

(Foto: Foto: sueddeutsche.de)

50 Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge sind allein bei der Kommission etwa 23.000 Mitarbeiter beschäftigt. Neun Prozent davon sind Deutsche, die viertgrößte Gruppe nach Belgiern, Franzosen und Italienern. Doch der Einstieg in eine Beamtenkarriere bei der EU muss gut vorbereitet werden.

Die Aufgaben als EU-Beamter sind vielfältig: Nach Informationen des Europäischen Amts für Personalauswahl (EPSO) gibt es für Hochschulabsolventen Stellen in Management und Verwaltung, aber auch in Wissenschaft und Forschung. IT-Spezialisten werden genauso gesucht wie Juristen. Und natürlich sind Dolmetscher und Übersetzer in der EU heiß begehrt.

Auf die Liste!

Ob mit oder ohne Hochschulabschluss - der Einstieg in die Beamtenlaufbahn ist nur über Auswahlverfahren, so genannte Concours, möglich. Nach Vorauswahltests müssen die Anwärter eine schriftliche und eine mündliche Prüfung bestehen. Wie viele Bewerber in jeder Stufe weiterkommen, ist vorab festgelegt. Bei Erfolg landen sie auf Reservelisten, von denen die Institutionen Mitarbeiter rekrutieren.

"Die Auswahlverfahren werden potenziell für mehrere Stellen ausgeschrieben", erklärt Strotmann. Jeder Concours sei aber anders konzipiert, entsprechend der jeweiligen Ausschreibung. Wer einmal an einem Concours scheitert, kann sich wieder bewerben - wenn er noch die Motivation dazu hat. Denn das Verfahren dauert etwa ein Jahr.

"Es geht darum die besten Leute zu finden", erklärt Strotmann. "Aber auch darum, neutral zu bleiben und Chancengleichheit zu gewähren." So gibt es zum Beispiel keine Länderquoten in der Einstellungspraxis. Im vergangenen Jahr stellte die EU-Kommission etwa 1600 neue Mitarbeiter ein. Meist stehen die Bewerber eines Auswahlverfahrens etwa ein Jahr au der Reserveliste. "Häufig wird dieser Zeitraum aber noch verlängert", erklärt Strotmann.

Laufende und geplante Auswahlverfahren werden in Tageszeitungen, Fachpresse und im Amtsblatt der Europäischen Union angekündigt, das auf der Webseite des EPSO eingesehen werden kann. Dort ist auch nachzulesen, welche Voraussetzungen die Bewerber erfüllen müssen - wie zum Beispiel Sprachkenntnisse: Deutsche Bewerber müssen sich aber grundsätzlich auch in einer der beiden anderen Amtssprachen, also Englisch oder Französisch, verständigen können. Bei Auswahlverfahren für den Sprachendienst seien natürlich noch mehr Sprachkenntnisse vorzuweisen, erklärt Strotmann. So werden derzeit vor allem osteuropäische Sprachen ausgeschrieben. Bis zum 20. März läuft zum Beispiel die Concours-Ausschreibung für Konferenzdolmetscher in Tschechisch, Lettisch, Slowakisch und Slowenisch.

Frühstarter punkten

"Gute Voraussetzungen sind studienbegleitende Vorerfahrungen", sagt Ditmar Königsfeld vom Büro Führungskräfte zu Internationalen Organisationen der Zentralen Arbeitsvermittlung (ZAV) in Bonn. Ein Praktikum bei der EU könne also nicht schaden. "Es ist wie in der freien Wirtschaft", erklärt Strotmann. So haben Bewerber mit guten Qualifikationen und guten Sprachkenntnissen auch bessere Chancen.

Zur Vorbereitung auf den Concours bieten neben dem Auswärtigen Amt auch politische Stiftungen und private Anbieter Kurse an. "Wichtig ist, dass die Dozenten auch aus der Kommission oder anderen EU-Institutionen kommen", sagt Königsfeld. Dazu sollten sich Anwärter mit Fragen aus vorangegangenen Auswahlverfahren beschäftigen und diese auch unter Zeitdruck beantworten.

Neben den Auswahlverfahren für das EU-Beamtentum gibt es auch die Möglichkeit, sich auf befristete Stellen zu bewerben. Von dort könne aber nicht in die Beamtenlaufbahn gewechselt werden, erklärt Strotmann. "Das sind normale Angestelltenverhältnisse". Die Voraussetzungen für diese Verträge reichen nach Angaben des EPSO vom Hauptschulabschluss bis zum Hochschulstudium mit mehrjähriger Berufserfahrung. Offene Stellen, so genannte Aufforderungen zur Interessensbekundung, werden auf der Internetseite des EPSO veröffentlicht. Sie können auch im Internationalen Stellenpool auf der Seite des Auswärtigen Amtes eingesehen werden.

Gut verdienen

"Die Faszination ist, in Europa für Europa zu arbeiten", sagt Maximilian Strotmann. Das lohnt sich auch finanziell: Ein einfacher Assistent erhält ein Einstiegsgehalt von rund 2500 Euro. Ein Hochschulabsolvent mit dreijährigem Studium in der Besoldungsgruppe AD 5 hat ein Grundgehalt von etwa 4000 Euro. Dazu kommen verschiedene Zulagen.

Aber Geld ist nicht alles. "Ich glaube, es gibt auch Leute, die es schwierig finden", sagt Strotmann. Immerhin müsse man unter Umständen Deutschland hinter sich lassen und ständig in Fremdsprachen kommunizieren. "Es gibt auch Leute, die den Posten wieder aufgeben und in die Privatwirtschaft wechseln." Die Chancen für die Rückkehrer stehen nicht schlecht. Die unternehmensbezogene Kompetenz fehle vielleicht, sagt Alexaner Böhne von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. Aber die ehemaligen EU-Bediensteten haben gute Sprachkenntnisse, interkulturelle Kompetenz, und die EU-Institutionen stellten hohe Anforderungen. Die Chancen hängen auch von dem jeweiligen Bereich ab, sagt Böhne. Für Juristen sei Arbeitserfahrung bei der EU mit Sicherheit ein "Plus."

© dpa, von Annika Graf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: