Arbeitsmarkt:Zweifel am Boom bei Minijobs

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Florian Gerster hält die Effekte auf dem Arbeitsmarkt für gering.

Von Robert Jacobi

Regierung und Opposition bestätigen sich gerne gegenseitig, wie wundervoll die Sache mit den Minijobs läuft. Kein Wunder, verstehen sich doch beide Seiten als Urheber der Regelung, die vor rund einem Jahr spätabends im Vermittlungsausschuss verabschiedet wurde und seit April gilt. Von einer "Ermutigung" angesichts der düsteren Lage am Arbeitsmarkt sprach Wirtschaftsminister Wolfgang Clement am Donnerstag. Und Unionsfraktionsvize Friedrich Merz sagte, "es ist gut, dass wir das haben" - auch wenn er einschränkte, dass diese "Mikroökonomie" lange nicht alle Probleme löse.

Wie erfolgreich die Minijobs aber wirklich sind, ist höchst umstritten. Die Bundesknappschaft, bei der sich Minijobber anmelden müssen, hat in dieser Woche mehr als eine Million neue geringfügige Beschäftigungsverhältnisse seit April gemeldet. Die Statistiker bei der Bundesanstalt für Arbeit warnen aber davor, diese Zahl als Beweis für einen grenzenlosen Boom heranzuziehen, wie es SPD und Grüne gerne tun. Die Lage sei "nicht so eindeutig positiv" wie zuweilen kolportiert, sagte Behördenchef Florian Gerster.

Zwar sei die Zahl der Minijobber schon im April um 1,36 Millionen Menschen nach oben geschnellt. Rund 1,2 Millionen davon seien aber Arbeitnehmer, die einer Zweitbeschäftigung nachgehen. Die Hälfte dieser Gruppe bestehe aus Menschen, die schon vor der Neuregelung nebenberuflich tätig waren, ohne in der Beschäftigtenstatistik gezählt zu werden - es handelt sich laut Gerster um nichts anderes als einen statistischen Sondereffekt. Dazu kommen jene, die vor der Reform sozialversicherungspflichtig zum Niedriglohn beschäftigt waren und jetzt Minijobs machen, um Beiträge und Steuern zu sparen. Einen dritten Effekt gibt es, den die Statistik verhüllt: Entgegen aller Beteuerungen werden sehr wohl Vollzeitjobs in mehrere Minijobs aufgeteilt. Belastbare Zahlen gibt es dafür noch nicht.

Nach Gersters Schätzungen ist die Zahl derer, die einen Minijob haben und sonst nichts, bis Ende August im Vergleich zum Vorjahr immerhin um rund 300.000 gestiegen. Die Effekte auf dem Arbeitsmarkt sind laut Gerster "gering". Immerhin gebe es aber neue Anreize zur Legalisierung von Schwarzarbeit.

© SZ vom 7.11.2003 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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