Arbeiten im Luxushotel:Herr Ober, sind Sie so freundlich?

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Zuverlässig und freundlich - so stellen sich Luxushotels Mitarbeiter vor. Doch viele Jobs bleiben frei, weil Bewerber gutes Benehmen verlernt haben.

V. Assmann

Höflichkeit, Kundenorientiertheit und zuvorkommendes Auftreten sind Umgangsformen, die zur gehobenen Hotellerie gehören wie poliertes Besteck. Was Gäste für gewöhnlich voraussetzen, bereitet den Unternehmen jedoch häufig Schwierigkeiten, denn nach Einschätzung von Hoteliers enttäuschen immer mehr Lehrstellenbewerber die Erwartungen. Deshalb konnten im derzeit beginnenden Ausbildungsjahr nicht alle Lehrstellen im Hotelgewerbe besetzt werden. "Wir vermissen bei sehr vielen Bewerbern soziale Kompetenz", klagt Willy Weiland, Präsident des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes und seit 1991 Chef des Intercontinental Berlin. "Zuverlässigkeit, Freundlichkeit und Fröhlichkeit sind immer seltener zu finden."

Ausbildung in der Hotellerie: Hotels im Fünf-Sterne-Bereich tun sich schwer, ihre Ansprüche an Bewerber zurückzuschrauben. (Foto: Foto: ddp)

Dabei tun sich die Hotels im Fünf-Sterne-Bereich bisweilen schwer, ihre Ansprüche an die Bewerber zurückzuschrauben. "Wir waren in den vergangenen Jahren gewohnt, dass sich viele Abiturienten für eine Ausbildung bewerben, oft mit Auslands- und Gastronomieerfahrung", berichtet Dirk Blumenthal, Personalleiter im Kempinski Hotel Bristol Berlin. Unerreichbare Voraussetzungen also für viele Haupt- oder Realschulabsolventen. Ein Kompromiss sei schwierig, so Blumenthal, schließlich wolle jedes Hotel sein hohes Anforderungsprofil behalten. "Wir führen mehr Gespräche und laden auch Kandidaten ein, die auf den ersten Blick nicht vielversprechend sind."

"Daran war der Lehrer schuld"

Im Schnitt 450 Interviews, und damit fast doppelt so viele wie in früheren Jahren, führt auch das Intercontinental Berlin alle sechs Monate, um die 15 bis 20 neuen Lehrstellen zu besetzen. Ein viel zu großer Aufwand, findet Direktor Weiland. Er beklagt, dass viele Bewerber überhaupt kein Interesse mehr am Hotelbetrieb zeigten, bemängelt aber auch fehlende soziale Kompetenz. "Wenn ich heute jemanden frage, warum er in der Schule so häufig gefehlt hat, und ich höre als Antwort, daran war der Lehrer schuld, fällt bei uns die Klappe", sagt Weiland. Von der Vermutung, dass eine Hotelausbildung für junge Leute in Zeiten unbesetzter Lehrstellen in allen Branchen nicht die attraktivste Wahl ist, hält er nichts: "Die Arbeit im Hotel ist doch so interessant, man erlebt bei uns Staatsbesuche und große Bälle, und später steht einem die Welt offen."

Fest steht, dass die Ausbildung in Hotels besonders anstrengend ist, mit Arbeitszeiten am Wochenende und nachts sowie Überstunden - bei jedem fünften zudem ohne Freizeitausgleich, wie eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbunds ergeben hat. Hinzu kommt die Vergütung. Bei tariflicher Bezahlung verdienten Hotelfachleute in der Ausbildung 2006 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Westen monatlich 564 Euro, im Osten 435 Euro. "Viele Hotels zahlen jedoch weniger", sagt Gerd-Joachim Langecker von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Wenn dann noch die Qualität der Ausbildung schlecht sei, dürften sich Hotels über zu wenige Lehrstellenbewerber nicht wundern.

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Während aber Lehrstellen immer schwieriger zu besetzen sind, kooperieren Hotels verstärkt mit Berufsakademien und schätzen deren Absolventen als besonders motiviert, diszipliniert und kompetent. Voraussetzung dafür ist allerdings das Abitur. Die älteste Berufsakademie, aus der viele Hoteldirektoren hervorgegangen sind, ist die BA Ravensburg mit dem Studiengang Hotel- und Gastronomiemanagement. Schon seit vielen Jahren sei die Nachfrage nach Studienplätzen groß, sagt Simone Besemer von der BA. Seit 1999 gibt es deswegen zwei zeitlich versetzte Studiengänge. Die gezielte Ausbildung von Fach-und Führungskräften für den Hotelbetrieb scheint für viele Abiturienten attraktiver als eine Lehre zu sein - obwohl auch eine klassische Ausbildung bei Fleiß und Talent in die Direktionsebene führen könne, sagt Besemer. Dennoch: "Viele Hotels können sich vor Anfragen für die duale Ausbildung an einer Berufsakademie kaum retten."

Der Hotellerie und Gastronomie bleibt der Lehrstellenüberhang, vor allem in den Bereichen Restaurantfach und Küche. Wie groß die Auswahl für Schulabsolventen zwischen verschiedenen Unternehmen oft ist, zeigen branchenspezifische Jobportale wie Hotelcareer.de. Knapp 8000 Hotelkunden schreiben hier ihre Stellen aus, darunter viele Fünf-Sterne-Häuser auf der Suche nach Auszubildenden. Eintrittstermin: ab sofort/September 2008.

© SZ vom 28.8.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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