Zertifikate:Namen, die keiner versteht

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Es gibt sehr viele unterschiedliche Zertifikate-Typen. Die meisten von ihnen lassen sich allerdings vier Grundtypen zuordnen.

Bernhard Wild

Zertifikate-Emittenten sind erfinderisch. Dummerweise gilt dies nicht nur für die Zertifikate-Ausgestaltung selbst und die Basiswerte, die den strukturierten Wertpapieren zugrunde liegen, sondern auch für die Namen der Zertifikate.

(Foto: Foto: dpa)

Viele Produktentwickler scheinen es als krönenden Abschluss ihrer schöpferischen Tätigkeit zu empfinden, wenn sie ihren Zertifikaten einen möglichst unverständlichen Namen verpassen können.

Was beispielsweise ein "Rolling Deep Discount Zertifikat" ist, dürfte Ihnen wahrscheinlich auch Ihr Bankberater nicht auf Anhieb erklären können. Dabei hat das Produkt noch einen relativ einfachen Namen.

Allerdings lassen sich allen Innovationen zum Trotz die meisten Zertifikate auf vier Grundtypen unterteilen: Garantie-, Bonus, Discount- und Indexzertifikate. Besonderes beliebt unter den Investoren sind dabei Garantiezertifikate. Dies verdeutlicht eine Studie, die die DZ BANK vor kurzem veröffentlicht hat.

Dabei erklärten mehr als 60 Prozent derjenigen, die ihr Geld in Zertifikate anlegen würden, sie hielten Garantiezertifikate für attraktiv. Angesichts der aktuellen Unsicherheit an den Märkten ist das hohe Interesse zumindest auf den ersten Blick verständlich. Denn wer in Garantiezertifikate investiert, ist normalerweise vor Kursverlusten sicher.

Der Grund: Die Emittenten garantieren den Anlegern, dass sie am Laufzeitende des Zertifikates auf alle Fälle die investierte Anlagesumme (abzüglich der Provisionen) zurückerhalten. Darüber hinaus bieten die Zertifikate den Investoren die Chance, bis zu einem vorher festgelegten Höchstniveaus von einer möglichen Kurssteigerung des Basiswertes zu profitieren.

Andreas Beck, der Leiter des Instituts für Vermögensaufbau in München, beurteilt die Produkte denn auch sehr positiv: "Die meisten Privatanleger haben vor allem das Ziel, ihr Verlustpotenzial zu reduzieren. Deshalb sind Garantiezertifikate die sinnvollste Erfindung am Zertifikatemarkt überhaupt."

Der faire Vergleichsmaßstab für Garantiezertifikate seien Anleihen. Sicherheitsorientierte Anleger sollten also, so Beck, "abwägen, ob eine in Frage kommende Anleihe oder ein mögliches Garantiezertifikat ein besseres Auszahlungsprofil hat."

Lesen Sie weiter, was Bonus- und Diskountzertifikate beinhalten.

Gerade die in der jüngeren Vergangenheit emittierten Garantieprodukte waren dabei eher mit schlechten Konditionen versehen. Das allerdings ist systembedingt. Denn wenn die Märkte sehr volatil sind, fallen die Ertragspotenziale dieser Zertifikate. Unabhängig davon "gibt es bei bei den Garantieprodukten Licht und Schatten", warnt Beck. "Es gibt fair strukturierte Produkte und Mogelpackungen."

Bonus- und Diskountzertifikate

Als Mogelpackung empfindet der Experte zum Teil auch die Werbung, die für Bonus- und Diskountzertifikate gemacht wird. "Bei diesen beiden Zertifikate-Arten hebt der Vertrieb oft die vermeintliche Sicherheit der Produkte hervor, ohne darauf hinzuweisen, dass in Krisenzeiten das zugrundeliegende Risiko der Basiswerte zuschlägt", kritisiert Beck.

Das erklärt sich schon allein aus der Funktionsweise der Zertifikate. Bei Bonuszertifikaten beispielsweise setzt der Anleger darauf, dass der Basiswert - also z.B. die Aktie, auf die das Zertifikat lautet - nicht unter eine bestimmte Kursschwelle fällt; und zwar zu keinem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats.

Mogelpackungen

Berührt der Basiswert während der Laufzeit des Zertifikates allerdings die untere Schwelle oder fällt auch nur einmal darunter, dann verfällt der Bonusanspruch des Anlegers. Er erhält dann zum Schluss nur noch den tatsächlichen Kurswert des Basiswertes ausgezahlt. Auch hier würde er also so viel erhalten wie bei einem direkten Investment in den Basiswert.

Wie viel Luft dabei zwischen dem aktuellen Kursniveau des Basiswertes liegt und der Schwelle, unter die dieser nicht fallen darf, ist von Fall zu Fall verschieden. Generell gilt allerdings die Regel: Je größer die Differenz, desto niedriger fällt der Bonus aus, den der Anleger erhält. Im Gegensatz zu Garantiezertifikaten profitierten die Anleger hier zuletzt allerdings von den hoch volatilen Märkten. Denn je stärker die Kurse schwanken, desto bessere Konditionen können die Banken anbieten.

Der Risikoabschlag

Bei Discount-Zertifikaten wiederum gewähren die Banken den Anlegern einen Abschlag (Discount) auf den aktuellen Kurs des Basiswertes. Dieser fungiert als Risikopuffer für den Fall, dass der Basiswert fällt. Den Puffer lassen sich die Banken bezahlen. Denn die Investoren profitieren nur bis zu einer vorher festgelegten Grenze von einem Kursanstieg des Basiswertes. Kursverluste des Basiswertes schmälern die Rendite des Anlegers dagegen in vollem Umfang.

Behält er recht, erhält er am Ende der Laufzeit sein investiertes Kapital und einen zuvor festgelegten Bonus zurück. Liegt der Kurs des Basiswertes sogar über dem sogenannten Bonus-Level, kassiert der Anleger statt des Bonus den tatsächlichen Kurswert des Basiswertes. Er würde also den gleichen Gewinn kassieren, den er auch bei einem direkten Investment in den Basiswert erzielt hätte.

Lesen Sie weiter, was Indexzertifikate beinhalten.

Dazu ein fiktives Beispiel: Eine Aktie notiert bei 100 Euro, die Bank bietet dem Anleger ein Discountzertifikat auf die Aktie für 90 Euro an. Die Obergrenze für die Gewinnbeteiligung liegt bei 110 Euro. Notiert der Aktienkurs zum Ende der Laufzeit unter diesen 110 Euro überträgt die Bank dem Anleger die Aktie. Diese kann er dann über die Börse verkaufen.

Begrenzte Ertragschancen

Fällt der Aktienkurs dagegen beispielsweise auf 75 Euro, würde der Anleger damit lediglich 15 Euro Verlust erzielen und nicht die 25 Euro, die er bei einem direkten Investment in die Aktie gehabt hätte. Liegt der Kurs über seinem Einstandskurs von 90 Euro, aber unter 110 Euro, schließt er das Geschäft mit einem Gewinn ab.

Im Idealfall beträgt sein Verdienst dabei 20 Euro. Mehr werden es allerdings auch nicht, wenn die Aktie beispielsweise auf 120 Euro gestiegen ist. Denn in den Fällen, in denen der Kurs der Aktie über der Obergrenze liegt, liefert die Bank nicht die Aktie, sondern zahlt dem Anleger nur den zuvor festgelegten Höchstbetrag aus.

Nicht wenige Verbraucherschützer sehen Discount-Zertifikate deshalb kritisch. Sie monieren vor allem, dass die Anleger letztlich das Kursrisiko tragen, aber nicht die volle Ertragschance haben. Banken-Experten wiederum empfehlen die Papiere vor allem für ruhige Börsenzeiten mit geringen Kursveränderungen.

Indexzertifikate

Im Gegensatz zu den vorgenannten Zertifikatvarianten erwirbt der Anleger durch den Kauf von Indexzertifikaten ein pures Investment auf einen Index. Bewegt sich der Index nach oben, steigt auch das Zertifikat in gleicher Weise, fällt der Index, geht das Zertifikat parallel mit nach unten.

Einziger Unterschied: Die meisten Indexzertifikate sind mit einem relativ niedrigen Bezugsverhältnis ausgestattet. Dadurch halten die Banken den Preis für die Zertifikate auf einem überschaubaren Niveau. So haben beispielsweise Indexzertifikate auf den Dax in der Regel ein Bezugsverhältnis von 1:100. Dadurch kostet ein Papier eben nicht aktuell um die 6800 Euro, sondern lediglich rund 68 Euro.

Rolling Deep Discount Zertifikate

Und sollten Sie jetzt doch in Rolling Deep Discount Zertifikate investieren wollen: Das sind eigentlich nichts anderes als Discount Zertifikate, die zwei Eigenschaften haben: Erstens verfügen sie über einen großen ("deep") Sicherheitspuffer gegenüber Kursrückschlägen ihres Basiswertes und zweitens wird der Höchstkurs des Basiswertes, bis zu dem das Zertifikat an der Kursentwicklung des Basiswertes teilhat, regelmäßig ("rolling") neu angepasst.

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