Wohnungssuche in München:Ratloser Oberbürgermeister

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Termin bei Oberbürgermeister Christian Ude. Der Mann, der sich so gern als Mieteranwalt präsentiert und schon dreimal die Wahlen gewonnen hat. Und der vor einiger Zeit einen Beitrag für ein Buch geschrieben hat, in dem er sich richtig für uns Wohnungssuchende ins Zeug legt. Gegen den freien Markt, der zu wenig Wohnungen schafft. Gegen mehr Gewerbe in der Stadt, wo der Wohnraum doch schon knapp genug ist. Und gegen einen Wohnungsbauminister, der permanent mit Statistiken wedelt und behauptet, in Deutschland gebe es so viel Wohnraum wie noch nie.

Statistischer Durchschnitt und soziale Realität "sind zwei paar Stiefel", konterte Ude. Das ist mein Mann.

Geduldiger Zuhörer

Er hört mir geduldig zu. Ja, 1200 Euro sind schon viel Geld. Hm, ist schon ein Kreuz, diese Wohnungssuche. Allerdings, "das wird Sie jetzt nicht trösten", Mieten wie heute von 20 Euro pro Quadratmeter gab's auch schon mal 1990. Solange Menschen in die Stadt drängen und hier Jobs finden, wird das wohl so bleiben, "das ist die Kehrseite des wirtschaftlichen Erfolgs".

Er sei kürzlich in Berlin gewesen, dort stehen 100.000 Wohnungen leer bei 17 Prozent Arbeitslosigkeit ? das kann doch hier im Ernst keiner wollen.

Und bei all den Klagen über hohe Mieten müsse man doch auch mal sehen, dass die Münchner ja viel mehr ausgeben können als der Rest der Repub-lik ? zum Beispiel 30 Prozent mehr als die Bremer oder Dortmunder. Im Durchschnitt.

Übrigens schafft die Stadt kräftig Gewerbeflächen. Auf dem Gelände der 8 Kasernen, die in den nächsten Jahren frei werden, entstehen nicht nur Tausende der von Ude einst vehement geforderten Wohnungen, sondern fast genauso viele Arbeitsplätze.

"Wenn die Stadt schon nicht auf öffentlichem Grund preiswerte Wohnungen baut, wer dann?", schimpft Udes Vorgänger Georg Kronawitter. "Das Problem ist doch, dass München auf Biegen und Brechen die Hightech-Hauptstadt sein muss. Aus aller Welt locken wir Spezialisten, meist Singles, an, die mit ihren Spitzengehältern die Münchner Mieter vertreiben."

Ude gibt sich geschmeidig, locker hebelt er solche Vorwürfe aus ? mit Statistiken. Nicht die Stadt ist für die Flut an Hightech-Jobs verantwortlich, sondern das Umland. In München blieb die Zahl der Arbeitsplätze während der vergangenen 10 Jahre konstant, in den angrenzenden Gemeinden wie Ismaning, Martinsried oder Ottobrunn wuchs sie um 70.000. "Aber ihre Wohnungsprobleme schieben sie aufs Münchner Rathaus ab. Fragen Sie doch mal die Kollegen bei Premiere oder ProSieben, wer von ihnen in Unterföhring wohnt und wer in München!"

Keine Antwort

Nur einmal kommt der OB ins Schlingern, als ich ihn frage: Wie finde ich denn nun eine Wohnung? Gut, Zeitung kommt nicht in Frage, sagt er. Zu teuer, was da angeboten wird. Inserieren bringt sowieso nichts. Aber es gibt immer wieder Leute ? auch im eigenen Bekanntenkreis ? die Schnäppchen landen. Meistens haben sie jemand gekannt. Was soll er schon sagen, der OB?

Entspannte Aussichten in weiter Ferne

Mut macht mir ausgerechnet ein Makler. Thomas Strahlhuber, seit 1984 im Geschäft, meldet das Ende der fetten Jahre. Er habe gerade 2 Wohnungen in Schwabing inseriert, nur 18 Anrufe. Vergangenes Jahr hätten sich auf ein Inserat noch 70 gemeldet. "Es dauert aber noch 2, 3 Jahre, bis die Marktteilnehmer das realisieren." Dann könnten die Mieten tatsächlich fallen.

Noch eine gute Nachricht: Seit einer Woche stehen wir ganz oben auf der Interessentenliste für eine Altbauwohnung in Schwabing. Auf unser Inserat, Herr Ude, hatte ein Paar angerufen, das Nachmieter sucht. 82 Quadratmeter für 930 Euro. Mit Balkon sogar. Die Küche ist zwar nur 4 Quadratmeter groß, außerdem werden 4000 Euro Ablöse fällig. Doppelte Miete müssten wir wohl auch zahlen, weil unsere alten Verträge noch 3 Monate laufen. Wenn schon. Kleinigkeiten.

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