Wohnungsmodernisierung:Mehr Spielraum für die Gemeinschaft

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Ein neues Wohnungseigentums-Gesetz erleichtert Entscheidung über notwendige Modernisierungs-Maßnahmen.

Christoph Neuschäffer

Wer eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus besitzt, der kann oft ein Lied davon singen, wie kompliziert und langwierig die Verfahren zur Entscheidungsfindung innerhalb der Eigentümergemeinschaft sein können. Das reicht von Kleinigkeiten wie der erforderlichen Größe von Mülltonnen oder der fairen Abrechnung des Kabelanschlusses fürs Fernsehen bis hin zu so wesentlichen Dingen wie der Sanierung von Gemeinschafts-Eigentum oder dem Einbau einer neuen Heizung.

Doch ab Mitte dieses Jahres soll ein Großteil der Streitigkeiten, die bislang am Ende nicht selten vor Gericht landeten, der Vergangenheit angehören. Denn am 16. Februar hat der Bundesrat dem neuen Wohnungseigentums-Gesetz zugestimmt und damit den Weg für eine umfassende Modernisierung des Wohnungseigentums-Rechts voraussichtlich zum 1. Juli dieses Jahres frei gemacht.

Die Reform vereinfacht die Verwaltung von Eigentumswohnungen und vereinheitlicht das Gerichtsverfahren in Wohnungseigentums-Sachen mit dem in anderen privatrechtlichen Streitigkeiten. "Wir reagieren mit diesem Gesetz auf den gestiegenen Renovierungsbedarf in vielen Wohnungseigentums-Anlagen. Besonders in mittleren und größeren Wohnanlagen ist die bislang erforderliche Einstimmigkeit für Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen oft schwer zu erreichen.

Das erzeugt Unsicherheit und führt zu Modernisierungsstaus", begründet Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die Gesetzesnovelle. "Die neuen Regelungen stärken die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaften. Die Eigentümer der etwa fünf Millionen Eigentumswohnungen in Deutschland werden ihre Angelegenheiten einfacher als bisher regeln können", so Zypries weiter. Die Reform, so hofft die Ministerin, werde deshalb Wohneigentum praktikabler machen und dessen Attraktivität weiter erhöhen.

Die wichtigste Änderung des Gesetzes betrifft die verstärkte Zulassung von Mehrheitsentscheidungen der Wohnungseigentümer. Künftig können sie beispielsweise mit einfacher Mehrheit über die Verteilung von Betriebs- und Verwaltungskosten entscheiden. Und dabei einen Maßstab zugrunde legen, der sich am individuellen Verbrauch orientiert. Die Wohnungseigentümer können ferner bei der Umlage von Kosten für eine Instandhaltungs- oder Baumaßnahme von der gesetzlichen Verteilung nach Miteigentums-Anteilen abweichen.

Dies führt letztlich zu gerechteren Ergebnissen, da es künftig auf den Nutzen für die einzelnen Miteigentümer ankommt. So mussten beispielsweise aufgrund des sogenannten Abrechnungsschlüssels Eigentümer mit größeren Wohnungen oft mehr für den Kabelanschluss zahlen als Eigentümer mit weniger Quadratmetern. Derart unsinnige Regelungen können künftig per Mehrheits-Entscheidung leichter geändert werden, sodass alle den gleichen Betrag fürs Kabel zahlen.

Qualifizierte Mehrheitsentscheidungen sind in Zukunft möglich, wenn die Wohnungseigentümer ihr gemeinschaftliches Eigentum auf den neuesten Stand der Technik bringen wollen, etwa durch den Einbau eines Fahrstuhls oder Maßnahmen zur Energieeinsparung. Diese qualifizierte Mehrheitsentscheidung liegt vor, wenn die zustimmenden Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentums-Anteile halten.

"Die Interessen der einzelnen Wohnungseigentümer werden dabei gewahrt, weil sie nur mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden können", lobt Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, diese Neuregelung.

Gerechter in Haftungsfragen

Eine Neuregelung wurde auch bei den rechtlichen Verhältnissen zwischen Eigentümergemeinschaft, Wohnungseigentümern und Gläubigern notwendig, nach dem laut neuester Rechtsprechung auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtsfähig ist.

So bleibt die Außenhaftung eines Eigentümers erhalten, wird aber auf seinen Miteigentums-Anteil begrenzt. "Damit steht der Einzelne in Zukunft bei Fragen der Haftung gegenüber Forderungen Dritter nicht mehr mit seinem gesamten Vermögen ein, sondern nur noch in Höhe seines Anteils am Gemeinschafts-Eigentum", erklärt Freitag. Beträgt sein Miteigentums-Anteil zum Beispiel ein Zehntel, schuldet der Eigentümer dem Handwerker bei einer Reparatur am Gemeinschaftseigentum 250 Euro, wobei sich die Gesamtkosten auf 2500 Euro belaufen.

Eine weitere Gesetzesänderung betrifft die Verkürzung der maximalen Frist für die Erstbestellung eines Verwalters von fünf auf drei Jahre. Damit soll verhindert werden, dass ein Verwalter bei neu errichteten Objekten innerhalb der fünfjährigen Frist für Gewährleistungsansprüche den Interessen der Wohnungseigentümer zuwiderhandelt, weil er enge geschäftliche oder freundschaftliche Verbindungen mit dem Bauträger des Objektes unterhält.

Zudem soll sich das Verfahren in Wohnungseigentums-Sachen künftig nach der Zivilprozessordnung (ZPO) und nicht mehr wie bisher nach dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) richten. Letztere ist nach Auffassung des Bundesjustizministeriums oft aufwendiger als die ZPO. Dem widerspricht allerdings der Bonner Verbraucherschutzverein Wohnen im Eigentum, da es künftig für Wohnungseigentümer ohne Anwalt schwieriger und kostenmäßig riskanter werde, vor Gericht Recht zu bekommen.

© SZ vom 9.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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