Wohnungsmarkt in China:Und ein Auto gratis dazu

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Der Immobilienboom in China ist vorbei, nun kämpfen Baukonzerne und Makler verzweifelt um die Kunden - mit allen Miteln.

Janis Vougioukas

Hunderte Leute sind gekommen. Manche haben seit dem Abend in der Schlange vor dem Verkaufsbüro des Hongkonger Immobilienunternehmens K. Wah gewartet. Irgendwann haben die Nachtwächter dann die Büros aufgeschlossen, damit die Kunden nicht mehr in der Kälte stehen mussten. Sie warten auf den Verkaufsbeginn für die zweite Bauphase der Luxuswohnanlage Westwood im Shanghaier Norden.

Der Boom ist vorbei, Plakate für Villen werden kaum noch beachtet. (Foto: Foto: AP)

40 Wohnungen sind an diesem Tag im Angebot, zunächst die niedrigen Stockwerke, die etwas billiger sind als die hohen - gute Aussicht kostet extra. "Der Durchschnittspreis für die Westwood-Wohnungen liegt bei 17.000 bis 18.000 Yuan", sagt Marketingmanagerin Chan Pui Szee. Umgerechnet sind das rund 1700 bis 1800 Euro pro Quadratmeter. Wer heute kauft, kann bis zu 2000 Yuan pro Quadratmeter sparen.

Massiv investiert

Man könnte in diesem Moment leicht vergessen, dass selbst das Bauwunderland China in den vergangenen Monaten in eine Immobilienkrise gerutscht ist. Rund zehn Jahre dauerte der Boom des chinesischen Immobilienmarktes. Kaum eine Firma und kaum ein wohlhabender Chinese haben in der Zeit nicht in Immobilien investiert. Fast vier von fünf Chinesen wohnen in der eigenen Wohnung, der Anteil der Immobilieneigentümer gehört zu den höchsten der Welt. Der schnelle Anstieg der Immobilienpreise in den vergangenen Jahren hat viele Chinesen auf dem Papier zu Millionären gemacht.

Doch im Jahr 2008 ist dieser Boom zu Ende gegangen. Zum ersten Mal fallen die Preise im ganzen Land. In manchen Städten hat der durchschnittliche Quadratmeterpreis bereits 30 Prozent an Wert verloren. "Angemessene Preissenkungen fördern die rationale und gesunde Entwicklung des Wohnungsmarktes", sagte Zhang Mo, stellvertretender Direktor der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission in der vergangenen Woche in Peking.

Doch viele Immobilienbesitzer sehen das anders.Im September stürmten hundert verärgerte Wohnungskäufer die Büros des Immobilienkonzerns Vanke in der Shanghaier Nachbarstadt Hangzhou und verlangten Entschädigung für Preissenkungen. Ähnliche Szenen gab es auch in Shenzhen und Peking.

Die Immobilienkonzerne kämpfen inzwischen mit allen Mitteln gegen sinkende Quadratmeterpreise. Manche schenken Wohnungskäufern ein Auto oder eine Auslandsreise. Andere versprechen: Wer unsere Wohnungen kauft, bekommt einen Arbeitsplatz kostenlos dazu.

Ähnlich läuft auch der Trend bei Büroflächen. Im Shanghaier Finanzdistrikt Pudong sind inzwischen ganze Büroetagen verwaist. Experten schätzen, dass sich der negative Trend noch mindestens zwei Jahre fortsetzt. Im neu eröffneten World Financial Center, dem mit 108 Stockwerken höchsten Gebäude des Landes, sind die meisten Etagen noch immer ungenutzt. Bei der Eröffnung des Turms im August war das Interesse noch gewaltig. Auch die amerikanische Investmentbank Lehmann Brothers hatte bereits einen Mietvertrag unterzeichnet. Lehman Brothers hat inzwischen Konkurs angemeldet, und auch viele andere Mieter aus der Finanzbranche haben ihre Verträge gekündigt.

Banken in Gefahr

Pekinger Wirtschaftsplaner warnen inzwischen, dass fallende Immobilienpreise auch für die Banken zur Gefahr werden könnten. Viele Wohnungskäufer sind bei ihrer Kalkulation fest von Spekulationsgewinnen ausgegangen. Wenn die Wohnungspreise weiter sinken, wird die Zahl der faulen Kredite schnell ansteigen. Trotzdem gilt es als unwahrscheinlich, dass die Immobilienkrise in China vergleichbare Wellen schlägt wie in den USA. Im Portfolio der chinesischen Banken haben die Immobilienkredite nur einen Anteil von 20 Prozent. In Shanghai wird jede zweite Wohnung mit Bargeld bezahlt - also ohne jeden Kredit.

Am 21. Dezember des vergangenen Jahres veröffentlichte die Pekinger Regierung neue "Richtlinien zur gesunden Entwicklung des Immobilienmarktes". Die Steuern für den Kauf von Wohnungen wurden gesenkt. Auch die Kreditfinanzierung von Zweitwohnung wurde erleichtert.

Doch die meisten Chinesen haben die Begeisterung für den Immobilienmarkt noch nicht verloren. Die Pekinger Immobilienwebseite SouFun.com plant für den Januar eine große Delegationsreise in die USA. "In vielen amerikanischen Städten sind die Wohnungspreise in den letzten Monaten stark gesunken. Auf dem Markt gibt es ganz neue Chancen", sagte Firmenchef Dai Jiangong. Die Reise soll umgerechnet 1800 Euro kosten und führt nach New York, San Francisco und Los Angeles - zehn Tage lang Wohnungsbesichtigungen. Über 300 Kunden haben sich beworben.

© SZ vom 07.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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