Wohnungsbau in Europa:Deutsche Neubauten im Keller

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1996 war Deutschland noch "Vize-Europameister" im Wohnungsbau. Sechs Jahre später sind die Zahlen für neugebauten Wohnungen eingebrochen: Deutschland fällt auf die letzten Ränge zurück.

Das Etikett vom "Schlusslicht in Europa" haftet der Bundesrepublik nicht nur wegen schlechter Wachstums- und Beschäftigungszahlen an. Auch bei der Wohnungsbautätigkeit ist Deutschland jetzt auf die letzten Ränge zurückgefallen, wie LBS-Research auf der Grundlage aktueller statistischer Daten mitteilt.

Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau je 1000 Einwohner im europäischen Vergleich 2002. (Foto: LBS Research/ Euroconstruct/ifo)

Im europäischen Vergleich liege Deutschland mit 3,1 neuen Wohnungen je 1.000 Einwohner für 2002 inzwischen weit abgeschlagen. 253.696 fertiggestellte Wohneinheiten in neuen Wohngebäuden bedeuten ein Minus von 11,3 Prozent zum Vorjahr. Ganz anders die aktuellen europäischen Spitzenreiter Irland, Spanien und Portugal: Mit 14,3, 10 bzw. 9,6 Wohnungen je 1.000 Einwohner sei die Wohnungsbauintensität dort drei- bis viermal so hoch wie hierzulande.

Europäischer Abwärtstrend

Deutschland bleibt nur ein schwacher Trost: Nach Einschätzung von Immobilienmarkt-Experten befindet sich der Wohnungsbau in Europa insgesamt in einer klaren Abwärtsbewegung, allerdings meist auf einem wesentlich höheren Niveau. Sogar die iberischen Länder Spanien und Portugal beispielsweise, die seit einigen Jahren nach Irland Platz zwei und drei in der Spitzengruppe einnehmen, verzeichnen aktuell Minusraten im zweistelligen Prozentbereich.

Irländer bauen fleißig weiter

Nicht in allen europäischen Ländern ist die Situation vergleichbar. Das beste Ausnahmebeispiel ist Irland. Seit Jahren behauptet die grüne Insel schon ihren Platz an der Spitze: Sie hat nicht nur mit 14,3 fertiggestellten Wohnungen je 1.000 Einwohner die höchste Pro-Kopfzahl, der Neubau weist sogar eine neuerliche Zuwachsrate von 4,4 Prozent gegenüber 2001 auf. Die wirtschaftlichen Boomjahre wirken sich noch immer auf den Wohnungsmarkt aus, und mit der Bautätigkeit trägt das Land auch der höchsten Geburtenrate in Westeuropa Rechnung. Irland widerlegt schließlich diejenigen, die den Erwerb von Wohneigentum mit dem Argument steigender beruflicher Mobilität schlechtreden wollen. Häufige Arbeitsplatzwechsel sind dort nämlich gang und gäbe.

Steigende Arbeitslosigkeit stoppt Eigenheim-Bau

Andererseits zeigt der Blick über die Grenzen auch, dass manche Töne in der nationalen Wohnungspolitik-Debatte in die Irre führen. Hohes Versorgungsniveau, älter werdende Bevölkerung, niedrige Geburtenraten und rückläufige Zuwanderung - all das gibt es im Prinzip auch anderswo, ohne dass das Neubau-Niveau darunter so stark leidet wie in Deutschland. Der gravierendste Unterschied ist der Rückstand beim Wachstum und der Beschäftigung.

(sueddeutsche.de/ LBS-Research)

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