Wohnen:"Lieber einen schlechten Geschmack als gar keinen"

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Es gibt einen neuen Wohn-Ratgeber. Der sieht nicht nur gut aus, sondern stiftet dazu an, das eigene Heim wirklich schöner zu machen. Ein Interview mit der Autorin Simona Heuberger über Do's and Don'ts beim Einrichten.

Eike Schrimm

Schön wohnen will jeder, deshalb sind die Regale in den Buchhandlungen prall gefüllt mit Wohn-Ratgebern. Aus dieser Masse sticht seit dem 19. September 2006 ein Buch besonders hervor: "Wohne lieber ungewöhnlich", geschrieben von Jana Jung und Simona Heuberger. Für dieses Buch wurden nicht künstliche Studio-Welten geschaffen. Stattdessen werden Wohnungen vorgestellt, denen man ansieht, dass sie nicht schnell an einem Wochenende eingerichtet worden sind, sondern dass sie Tag um Tag immer wieder neu gestaltet werden. Und das Beste: Der Leser kann viele Ideen auf sein eigenes Reich übertragen.

Simona Heuberger (Jahrgang 1968) arbeitet seit Jahren als Autorin und Journalisten im Bereich Wohnen und Design. (Foto: Foto: Callwey Verlag)

Simona Heuberger, eine der Autorinnen von "Wohne lieber ungewöhnlich", erklärt im Interview die Do's and Don'ts beim Einrichten.

sueddeutsche.de: Wetten bei Ihnen steht kein Billy-Regal in der Wohnung?

Heuberger: Da schätzen Sie mich vollkommen falsch ein. Ikea ist ein Segen. Jedes Jahr freue ich mich auf den neuen Katalog, zwei- bis dreimal im Jahr kaufe ich dort ein...

sueddeutsche.de: ... um dann die günstigen Möbel mit den teuren zu mischen.

Heuberger: Genau. Denn erst durch die Mischung entsteht der eigene Stil.

sueddeutsche.de: Aber das gelingt nicht immer. Gibt es demnach eine Todsünde beim Einrichten?

Heuberger: Ja, wenn man sich selbst nicht treu bleibt. "Lieber einen schlechten Geschmack als gar keinen", ist meine Devise.

sueddeutsche.de: Wie sieht eine geschmacklose Wohnung aus?

Heuberger: Da sind wir wieder bei Mischung: Wenn zum Beispiel die gesamte Wohnung im Stil des 19. Jahrhunderts eingerichtet ist, ist das kein eigener Stil, sondern eine uninspirierte Komplettlösung.

sueddeutsche.de: Also heißt die goldene Regeln beim Einrichten: Immer kombinieren. Doch oft stehen alte Erbstücke wie Außerirdische neben den modernen Möbeln. Wie kommt das?

Heuberger: Brüche müssen inszeniert sein. Manchmal stehen die Gegensätze sofort schön nebeneinander, aber sehr oft passen sie erst einmal nicht zusammen. Dann hilft nur noch eins: üben, üben, üben. Das heißt: Immer wieder Möbel verrücken oder mit Stoffen arbeiten. Oft verbindet gemeinsames Dekor.

sueddeutsche.de: Gibt es neben der Misch-Regel noch andere Wohn-Rezepte, an die sich der Laie halten kann?

Heuberger: Die muss ich gar nicht erfinden, die hat schon der Wiener Architekt Josef Jung formuliert: weiße Wände, mobile Möbel, bunte Stoffe.

sueddeutsche.de: Sie beschäftigen sich beruflich mit Wohnen und Design. Fehleinkäufe kommen deshalb bei Ihnen nicht vor, oder?

Heuberger: Schon wieder schätzen Sie mich falsch ein. Gerade auf Design-Schnäppchen falle ich herein. Vor zwei Jahren habe ich eine lila Plastikvase gekauft, wenn man sie umstülpt, ist sie ein Hocker. Ganz toll, aber in meiner Wohnung gefällt sie mir überhaupt nicht mehr.

sueddeutsche.de: Wohin mit diesen missglückten Einkäufen?

Heuberger: Auch wenn sie teuer waren, nicht gleich wieder verscherbeln. Man soll schon den Mut haben, sie wegzustellen. Aber erst einmal auf den Speicher oder in den Keller. Bestimmt kommt irgendwann einmal die Zeit, wo man froh ist, dass das Stück noch da ist.

sueddeutsche.de: Auf welches Möbelstück kann Ihrer Meinung nach die Menschheit gut verzichten?

Heuberger: Auf den Media-TV-Stereo-Schrank. Ich gebe zu, er ist sehr praktisch, aber immer hässlich.

sueddeutsche.de: Und welches Möbelstück braucht die Menschheit unbedingt?

Heuberger: Ganz klar: der Kleiderschrank. Er war lange, lange Zeit das Stiefkind bei der Einrichtung und wurde deshalb auch vom Regal verdrängt. Aber dann hat die Sonne Blusen, Anzüge und Kleider ausgebleicht oder sie sind eingestaubt. Ein Schrank dagegen macht den Alltag einfach. Deshalb ist er unglaublich nützlich.

sueddeutsche.de: Es kommen Gäste zu Ihnen ins Haus: Müssen sie die Schuhe ausziehen, damit der Boden keinen Schaden nimmt?

Heuberger: Um Himmels Willen, nein! Ich verlange das nicht von meinen Gästen, deshalb ziehe ich auch anderswo nicht meine Schuhe aus. Nie. Auf einer dieser Sockenpartys habe ich übrigens meinen Freund kennen gelernt, er in Socken, ich in Sandalen. Aber natürlich leide ich wahnsinnig, wenn mein Sohn mit seinen verschlammten Schuhen auf meinem Schmetterlings-Teppich herumtänzelt. Aber das ist eben so, nichts ist für die Ewigkeit.

In einer dreiteiligen Serie werden Auszüge aus dem Buch vorgestellt: Den Anfang machen patente Wohnweisheiten (19.9.), dann folgen Tipps, wie Farben und Muster den Raum schön in Szene setzen (26.9.) und am Schluss wird die Frage beantwortet, wo passt welches Licht (29.9.).

Das Buch: "Wohne lieber ungewöhnlich" von Jana Jung und Simona Heuberger, 144 Seiten, ca. 250 Farbfotos, Callwey Verlag, 29,95 Euro. Das Buch gibt es in drei Farben: lila, orange und grün.

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