Wohnen in Holz:Erdverbundene Eleganz

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Holz hat sich ein modernes Image zugelegt. Darüber hinaus bietet der Baustoff handfeste Vorzüge.

Von Stefanie Kneer

Ein Blockhaus an einem finnischen See oder eine rustikale Alm in den Bergen - solche Assoziationen weckt der Baustoff Holz bei vielen. Kaum ein Material ist mit so vielen Klischees behaftet wie dieses. Dabei gibt es inzwischen auch Bürogebäude aus Holz. Denn der nachwachsende Rohstoff lässt sich gut mit anderen Materialien kombinieren. Nach Angaben des Holzabsatzfonds in Bonn wird in Deutschland meist Fichten-, Kiefern-, Tannen- und Douglasienholz für den Hausbau verwendet.

Diese Kindertagesstätte von Siemens in Erlangen ist ein Holzbau, der Behaglichkeit mit moderner Architektur verbindet. (Foto: Foto: Siemens)

52 Forstwissenschaftler, Materialwissenschaftler, Bauingenieure und Architekten von der Technischen Universität München, der Fachhochschule Rosenheim und dem Institut für Fenstertechnik Rosenheim haben unlängst Holz als Baustoff erforscht. Das Ergebnis einer aktuellen Studie des Forschungsverbundes "Holzbau der Zukunft", die im Rahmen der High-Tech-Offensive Bayern mit 3,1 Millionen Euro gefördert wurde, hat unter anderem gezeigt, wie vielfältig der Naturstoff eingesetzt werden kann.

Zum Beispiel in Form von Holzbeton. Dieser setzt sich aus Holzspänen, Zement und Wasser zusammen und bietet besseren Schallschutz als herkömmlicher Beton. An mancher österreichischen Autobahn steht bereits eine Schallschutzwand aus Holzbeton.

Dass Bauten aus dem nachwachsenden Rohstoff besonders leicht brennen, lässt sich laut Ludger Dederich vom Holzabsatzfonds nicht verallgemeinern. Holz brennt nur, wenn es dünn ist und genug Sauerstoff vorhanden ist. Massivholz bildet grundsätzlich eine Kohleschicht und fackelt nicht vollständig ab - Konstruktionen aus Stahlbeton hingegen seien bei Hitze unberechenbar und könnten leicht einstürzen. "Eine Holzstütze können wir so verstärken, dass die Konstruktion so lange hält, bis die Helfer den Brand in den Griff bekommen haben", sagt Dederich.

Warm, aber nicht heimelig

Ein anderes Vorurteil klebt am Holz wie das Harz: Holz lasse ein Bauwerk alpenländisch wirken. Moderne Bauten aus dem Naturstoff beweisen aber das Gegenteil. Das Bundesumweltamt in Dessau beispielsweise. Die geschwungene Form aus Holz und Glasbändern gilt als Beispiel für ressourcensparendes Bauen, das auch architektonisch gelungen ist.

Auch Peter Dürschinger baut nur moderne Gebäude. Der Nürnberger Architekt spielt mit dem Holz so geschickt, dass dessen behagliche Wirkung erhalten bleibt, ohne dass die Bauten ländlich wirken. Dürschinger hat die Kinderlaube Röthelheimpark in Erlangen gebaut. Das Naturmaterial konterkariert die strenge Architektur der Kindertagesstätte der Firma Siemens. Sie ist einer Laube nachempfunden, die Wärme ausstrahlt, ohne im traditionellen Sinne heimelig zu sein. Auch um Kosten zu sparen, wollte Dürschinger innen wie außen mit Holz arbeiten. Verkleide man hingegen einen Betonbau mit Holz, sei dies meist kostspieliger, "denn dann müssen mehrere Handwerker zusammenarbeiten".

Als größter Vorteil des natürlichen Materials gilt seine Umweltverträglichkeit. "Es wächst viel mehr Holz nach als verbraucht wird", sagt Tom Kaden. Der Architekt hat in Berlin ein siebenstöckiges Holzhaus gebaut. "Und der Primärenergieaufwand - also die Energie, die von dem Moment an, in dem die erste Kreissäge im Wald ansetzt, bis zur Fertigstellung des Rohbaus benötigt wird, ist dreißig Prozent geringer als bei einem vergleichbaren Gebäude aus anderen Materialien."

Dabei macht Bauen mit Holz ein Gebäude nicht zwangsläufig teurer. Bei dem Berliner Projekt kostete der Quadratmeter beispielsweise 2500 Euro - ein Haus mit den gleichen energetischen Werten von ähnlicher Qualität hätte laut Kaden genauso viel gekostet.

Günstig wird ein Holzhaus vor allem durch den problemlosen Transport: Die Fertigteile sind leicht. Aber auch die schnellen Bauzeiten machen Holz immer attraktiver. Die meisten Bauteile sind schon vorgefertigt, das Haus muss nur noch am jeweiligen Ort zusammengesetzt werden, fast wie bei Gebilden aus Legosteinen. "Der Rekord bei einem 240-Quadratmeter-Haus in Holzbauweise liegt bei acht Tagen bis zur Fertigstellung des Rohbaus", sagt Ludger Dederich, "das muss man erst mal toppen."

Noch in Zeiten des ersten Booms in den neunziger Jahren konnten Holzhäuser trotz aller Vorteile nicht mit Gebäuden aus Ziegel oder Beton mithalten. Sie litten noch unter mangelnder Winddichtigkeit. Doch inzwischen können Häuser aus Holz mit einer überzeugenden Energiebilanz aufwarten; manche haben sogar Passivhaus-Charakter. Die Wände sind dünner als bei Ziegel und Beton, sodass das Haus an Fläche gewinnt.

In puncto Holzbau gilt Skandinavien als Vorbild. Doch in Schweden durften Häuser mit mehr als zwei Stockwerken bis 1994 nicht aus Holz gebaut werden, denn zahlreiche Brände hatten ihren Städten zugesetzt. Heute bauen die Schweden in Växjo, 220 Kilometer nördlich von Malmö, ein Vorzeigeprojekt mit dem Namen Välle Broar: Dabei handelt es sich um vier achtgeschossige Häuser aus Holz, weitere sind geplant. Die ersten Bewohner sind bereits eingezogen. Auf 150.000 Quadratmetern sollen insgesamt 1000 Wohnungen entstehen. Ein Vorhaben, das dabei helfen soll, bis 2025 den Kohlendioxid-Ausstoß um 75 Prozent zu verringern.

Viel weniger Kohlendioxid

Tobias Schauerte, der im Rahmen seiner Doktorarbeit an der School of Technology and Design in Växjo an dem Projekt mitarbeitet, erklärt: "Für jeden Kubikmeter Holz statt Stahl oder Beton gelangt eine Tonne Kohlendioxid weniger in die Atmosphäre." Umgerechnet entspricht dies bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung in einem mehrgeschossigen Haus je nach Bauweise zwischen 15 und 25 Tonnen.

Der Berliner Architekt Tom Kaden plant inzwischen ein weiteres Holzhaus im Viertel Prenzlauer Berg. Neben einem Gesundheitszentrum mit Arztpraxen sind in dem siebenstöckigen Gebäude Betreuungseinrichtungen für Kinder und Wohnungen vorgesehen. Der Baubeginn ist für Sommer 2009 anvisiert.

Im Süden der Bundesrepublik hebt sich die baden-württembergische Landeshauptstadt in Sachen Holzbau besonders hervor. Sie hat in diesem Jahr den ersten Preis beim Wettbewerb "Holz in Städten und Gemeinden" vom Holzabsatzfonds und dem Deutschen Städtetag bekommen. In Stuttgart wurden etliche Gebäude aus Holz errichtet, beispielsweise Kindertagesstätten, Jugendhäuser, eine Aussegnungshalle, Sporthallen und Schulen. "Wir bauen aus Tradition mit Holz", lautet die knappe Erklärung von Ulrich Klenk, Leiter des Stuttgarter Hochbauamts. "Allerdings ist da nichts Heimeliges oder Anbiederndes dabei", betont er.

© SZ vom 12. 12. 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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