Wohnen in der Zukunft:"Vergesst die Altersheime"

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Der demographische Wandel wird auch den Immobilienmarkt verändern. Zukunftswissenschaftler sagen voraus: Wohnen in der Stadt statt auf dem Land sei das Thema von morgen.

Peter Horn

Was der Vorstandssprecher der Bausparkasse BHW, Michael Meyer, unlängst auf einem Forum in Berlin zum Thema "Die Immobilie als Altersvorsorge" in seinem Kurzvortrag fast beiläufig erwähnte, hat in seiner Wirkung Brisanz. Es geht um die Veränderungen am Immobilienmarkt, verursacht durch den demographischen Wandel. Politik, Bauwirtschaft, die Gesellschaft und die Bürger bekommen es mit einem bisher noch wenig spürbaren Veränderungsprozess zu tun. Die Rolle der Immobilie als Altersvorsorgeinstrument scheint weiter grundsätzlich akzeptiert zu sein.

Wohnungen in Frankfurt am Main (Foto: Foto: dpa)

In einer alternden Gesellschaft verschieben sich die Wünsche und Ansprüche. Der Rückzug der Familie steht den völlig anderen Vorstellungen einer wachsenden Zahl von Einpersonenhaushalten gegenüber. Viele Eigenheime, einst für Familien konzipiert, sind später nicht alterstauglich und werden am Markt anders gehandelt.

Die Nachfrage verändert sich, beeinflusst die Preisbildung. "Angesichts dieser Entwicklung müssen wir die Wohnimmobilie neu definieren", sagte Meyer.

Grundsätzlich hat sich am Wunsch nach Immobilienbesitz wenig geändert, wie verschiedene Umfragen bestätigen. Die Mehrzahl der Haushalte favorisiert immer noch die eigenen vier Wände. Doch nur vergleichsweise wenige realisieren sie. Im europäischen Vergleich steht Deutschland fast am Ende der Skala der Immobilieninhaber.

Wer die Immobilie unter Renditeaspekten betrachtet, kann nach Einschätzung von Dietmar König wenig falsch machen. Wenigstens sei das in der Vergangenheit so gewesen.

Als Beleg dafür pickte sich der BHW-Marketingexperte den Bereich Ein- und Zweifamilienhäuser in ihrer Entwicklung zwischen 1974 und 2004 heraus. "Hier gab es eine durchschnittliche Rendite von 7,38 Prozent. Damit rangieren sie nur knapp hinter Aktien, aber vor festverzinslichen Wertpapieren, Gold und dem Sparbuch," sagte König.

Welches Potential im deutschen Immobilienmarkt insgesamt steckt, zeigen in der Tat die Aktivitäten ausländischer Investoren wie Blackstone, Cerberus oder Fortress. Sie setzen unter anderem auf die vergleichsweise günstigen Preise in Deutschland. Gute Bausubstanz und niedrige Zinsen verstärken diesen Vorteil noch. "Argumente, die auch den privaten Kapitalanleger interessieren," sagte König.

Was resultiert daraus, wenn immer mehr Familienhaushalte kinderlos bleiben? Was passiert, wenn in immer mehr Haushalten betagte Inhaber wohnen? Wird sich das Eigentumsdenken deutlich verändern? Der Zukunftswissenschaftler Horst Opaschowski jedenfalls glaubt daran. Er sieht einen Trend zum Geschosswohnungsbau in den Innenstädten und im städtischen Umland weg vom Neubau in ländlichen Regionen. Die Wohnung der Zukunft werde für die wachsende Zahl von Singles und Senioren gleichermaßen "Ankerplatz für das Ego" und Kommunikationsbörse für Nachbarn und Freunde sein.

"Vergesst die Altersheime", rief er dem Publikum zu. Opaschowski begründete diesen Appell mit der Feststellung, dass die meisten Menschen sich am liebsten bis an ihr Lebensende in ihren Wohnungen aufhielten. Für diese müsse es - Pflegefälle ausgenommen - entsprechende Netzwerke geben, in denen Wohnungsunternehmen auch soziale Dienste anböten. Nachbarschaftshilfen müssten selbstverständlich einspringen. "Die Wiederentdeckung und Pflege von Hausgemeinschaften und Nachbarschaftshilfen wird die große soziale Aufgabe des 21. Jahrhunderts sein", sagte Opaschowski.

"Die Zukunftsfähigkeit der Immobilien ist an bestimmte Entwicklungen zu knüpfen. Erneuern zur Zukunftssicherung lautet die Herausforderung, die sich kompetent und phantasievoll der Bausubstanz annimmt. Und dies ist die originäre Aufgabe meiner Berufskollegen", sagte der Münchner Architekt Florian Lichtblau. Zusammenfassend erläuterte er: "Die Erneuerung alter Wohnhäuser mit Unterstützung speziell erfahrener Fachleute bietet schon energetisch die erfolgversprechendste Rendite auf dem Markt. Andere Faktoren wie attraktive Gestaltung, hoher Raumkomfort, Betriebssicherheit und langer Marktwerterhalt kommen hinzu. Nach dem Motto, mach's gut, altes Haus.

Wohnen in den eigenen vier Wänden bis ins hohe Alter seiner Bewohner ist möglich, meinte seine Kollegin Insa Lüdtke: "Unsere Prämisse unterliegt dem sogenannten Unauffälligkeitsprinzip. Hilfsbedürftigkeit wollen wir nicht ausstellen."

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