Wirtschaftsweiser Bofinger:"Der Euro ist zu teuer"

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Der Euro hat ein neues Rekordhoch erklommen. Ein Problem für Deutschland, findet Peter Bofinger. Der Wirtschaftsweise hat ein Gegenrezept.

Ansgar Siemens

An der Börse schlägt die Stunde der Rekorde. Öl ist teuer wie nie, Gold schwelgt im Höhenrausch - und jetzt erklimmt auch der Euro einen neuen Gipfel: Er stieg am Donnerstag zum ersten Mal seit seiner Einführung über die Marke von 1,40 Dollar.

Im Vormittagshandel notierte der Kurs bei 1,4064 Dollar. Ausgangspunkt der jüngsten Eurostärke war die überraschend deutliche Zinssenkung der US-Notenbank vom Dienstag um 0,5 Punkte auf 4,75 Prozent.

Deutsche Urlauber in den Vereinigten Staaten freut ein starker Euro: Sie bekommen mehr für ihr Geld, der Flug über den Atlantik wird günstiger. Über der deutschen Wirtschaft könnte sich indes ein Unwetter zusammenbrauen.

"Der Euro ist zu teuer", warnt Peter Bofinger im Gespräch mit sueddeutsche.de. Bofinger ist als Wirtschaftsweiser Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Ein Preis auf einer Skala von 1,15 Dollar bis 1,25 Dollar sei angemessen. "Die Euro-Aufwertung trifft die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie wie eine Lohnerhöhung", sagt Bofinger.

Die Konjunktur leidet

Der Export leide, weil deutsche Produkte im Dollar-Raum teurer werden - die Unternehmen können nach dieser Lesart weniger verkaufen. Besonders die exportorientierten Branchen Auto, Maschinenbau und Chemie, so Bofinger, dürften über den teuren Euro fluchen - sofern die Unternehmen nicht gegen eine Änderung des Wechselkurses versichert sind.

"Im nächsten Jahr wird sich die Konjunktur abschwächen", prophezeit Bofinger. Ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,5 Prozent, wie für 2007 im Schnitt geschätzt, sei wahrscheinlich nicht erreichbar. Es sei problematisch, dass der Euro just in einer Phase aufwerte, in der die Weltwirtschaft Schwung verliert.

Bofinger forderte die Euro-Staaten abermals auf, Währungspolitik zu betreiben. "Länder können Wechselkurse steuern", sagte Bofinger. Sei der Euro-Höhenflug von Dauer, müsse die Europäische Zentralbank eingreifen.

Hinter Bofingers Vorstoß steckt die Idee, dass die Euro-Notenbank am Devisenmarkt Dollar für Euro kauft, die US-Währung stärkt und den Druck von der deutschen Wirtschaft nimmt. Kritiker bemängeln indes, dass die Effekte solcher Interventionen gering sind - und darüber hinaus einen unzulässigen Eingriff in das Marktgeschehen bedeuten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Euro-Kurse Bankenexperten jetzt erwarten.

Unterdessen gehen Bankenexperten davon aus, dass die Euro-Aufwertung weitergeht. "Anhaltend schwache Konjunkturdaten aus den USA und die starke Zinssenkung der US-Notenbank werden den Euro weiter beflügeln", sagte Chefanalyst Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank am Donnerstag. Das "Jahresziel" von 1,42 Dollar pro Euro rücke damit in Sichtweite. Kurzfristig sei allerdings nicht mit einem weiteren markanten Anstieg des Euro zu rechnen.

"Im Blickpunkt der kommenden Wochen werden weitere Konjunkturdaten aus den USA und der geldpolitische Kurs der Federal Reserve stehen", sagte Hellmeyer. Wichtig für die weitere Entwicklung des Eurokurses sei vor allem der private Verbrauch in der größten Volkswirtschaft der Welt, der sich bis zuletzt trotz zum Teil schwacher Konjunkturdaten robust gezeigt hatte.

Zeichen einer "Überhitzung"?

Auch Björn Bender von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sieht prinzipiell weiteres Steigerungspotential für den Eurokurs, wenngleich der Markt derzeit Anzeichen einer "Überhitzung" aufweise.

"Der Euro ist vor allem angesichts der starken Zinssenkung der US-Notenbank etwas überkauft." Für weitere Kursgewinne des Euro sprächen indes vor allem Kurssicherungsgeschäfte von Investoren: Nachdem sich diese vor wenigen Monaten in Form von Devisentermingeschäften noch für Kurse von deutlich unterhalb von 1,40 Dollar abgesichert hätten, könnten sie sich nunmehr zum Abschluss neuer Sicherungsgeschäfte gezwungen sehen. Dies könnte dem Euro einen zusätzlichen Schub geben.

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