Wette auf weiter wachsende Weltwirtschaft:Schiffsfonds-Anbieter werben um weitere Milliarden

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Die Anbieter von Schiffsbeteiligungen wollen bei deutschen Anlegern Milliarden einsammeln und mit neuen Schiffen von den dramatisch gestiegenen Preisen für den Seetransport profitieren. Doch das Engagement ist riskant.

Heinz-Josef Simons

Brasilien, Russland, Indien, China - kurz BRIC. Bei diesen vier Buchstaben bekommen Anleger immer noch glänzende Augen. Zwei der beiden, Brasilien und Russland, haben das im Überfluss, was die anderen, Indien und China, dringend benötigen: Öl und andere Rohstoffe wie Eisenerz oder Kupfer. Die schweren Güter müssen auf dem Seeweg in die aufstrebenden Staaten transportiert werden; und Konsumgüter aller Art von dort vorzugsweise nach Europa und Nordamerika.

(Foto: N/A)

Die nötigen Tanker, Containerschiffe und Bulker genannten Massengutfrachter wurden oft von deutschen Privatanlegern finanziert - per Schiffsfonds, einer unternehmerischen Beteiligungen mit meist mindestens 10 000 Euro Einsatz plus fünf Prozent Ausgabeaufschlag. "Bei den geschlossenen Fonds sind Schiffsbeteiligungen nach Immobilieninvestments eine umsatzstarke Produktgattung", sagt Edmund Pelikan, Chef von Edmund-Pelikan-Kompetenz.

Gute Renditen

Für Investoren war das bisher oft ein lohnendes Geschäft. Denn wer Anteile an einem Schiffsfonds kaufte, kam dank bisher geringer Baukosten für die Schiffe und der wegen des florierenden Seehandels hoher Charterraten von teilweise mehr als 30.000 Dollar am Tag auf Renditen von zum Teil deutlich mehr als acht Prozent im Jahresschnitt.

Zwar behaupten die Anbieter von Schiffsbeteiligungen auch weiterhin, dass der Einstieg lohnt. Nur glauben sie selbst nicht mehr, dass alle Segmente - Tanker, Containerschiff, Massengut - attraktive Renditen bringen.

Martin Strothmann, Vorstand des Fondsanbieters Ideenkapital in Düsseldorf, empfiehlt Massengutfrachter. "Die Flotte ist tendenziell überaltert. Um den erwarteten Ladungszuwachs allein von Kohle und Erzen von 70 bis 90 Millionen Tonnen jährlich bis 2009 durch Transportkapazitäten auszugleichen, müssten doppelt so viele Neubauten vom Stapel der Werften laufen wie bislang."

Hans-Jürgen Kaiser-Blum, Geschäftsführer des Initiators Nordkapital in Hamburg, sagt, "die Nachfrage nach Rohstoffen ist ungebrochen hoch. Insbesondere Chinas Erz- und Kohleimporte sind Motor des Marktes. Massengutfrachter sind deshalb derzeit und auch langfristig gefragt." Nordkapital plant für den Spätsommer erstmals die Auflage eines Bulker-Fonds, Ideenkapital hat sowas seit mehreren Wochen im Angebot.

Tobias König, Chef des Emissionshauses König & Cie., hält den Bulkermarkt dagegen für zu schwankungsanfällig. Stattdessen setzt König auf Containerschifffahrt und Öltanker. "Durch die weiter wachsende globale Arbeitsteilung wird der Containermarkt in den kommenden zehn Jahren überproportional wachsen.

Der Bedarf an Transportkapazitäten ist deshalb ausreichend vorhanden", sagt König. Gleiches gelte bei Tankern. "Gründe sind die weiter stark wachsende Nachfrage nach Öl. Und auch der bis zum Jahr 2010 enorme Ersatzbedarf an modernen, doppelwandigen Öltankern".

Unabhängig vom Schiffstyp sollten Interessenten anhand mehrerer Faktoren prüfen, ob sich eine Investition rechnet:

Weltkonjunktur. Sie zeigt dank Indien und China weiter ein starkes Wachstum, doch eine Pause ist absehbar. Zum Beispiel, weil in den USA die Kauflaune durch steigenden Zinsen getrübt wird, was Importe von Konsumgütern aus den asiatischen Ländern trifft.

Zudem drosselt China das üppige Wirtschaftswachstum. Das könnte zumindest vorübergehend die Nachfrage nach Transportkapazitäten auf See schwächen und die Tages-Charterraten der Schiffe drücken. Monatelang weniger Einnahmen bedeuten allerdings geringere Renditen.

Währungsrisiko. Der amerikanische Dollar ist die Währung des weltweiten Schiffsverkehrs. "Dessen Ausschläge können die Renditen deutscher Anleger, die in Euro rechnen, erheblich beeinflussen", sagt Pelikan.

Verliert der Dollar wie in den vergangenen Monaten gegenüber dem Euro, sind Renditeprognosen für Schiffsbeteiligungen schnell Makulatur. Anleger sollten deshalb vor Fondszeichnung in den Beteiligungsprospekt schauen, mit welchen Dollarkursen der Initiator als Grundlage für Renditeprognosen kalkuliert.

Erwerbskosten. Steigende Nachfrage treibt die Preise. Wer als Fondsinitiator erst in den vergangenen Monaten ein Schiff bestellt hat, zahlt mehr als doppelt so viel dafür als noch vor einigen Jahren.

Vor allem im günstigen und nicht im teuren Einkauf liegt aber der Gewinn. "Nur wenn der Baupreis stimmt, und das ist bei einem Schiffseinkauf vor gut zwei Jahren der Fall, hat ein Containerschiffsfonds auch bei womöglich weiter sinkenden Charterraten die Chance auf eine auskömmliche Entwicklung", sagt Nordkapital-Geschäftsführer Kaiser-Blom.

Grundsätzlich raten Marktkenner Anlegern, vor einer Investition den von der staatlichen Behörde Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) genehmigten Beteiligungsprospekt zu prüfen.

"Versteckte Haken und Ösen können bei den Schiffsfonds-Konzeptionen vielerorts lauern: etwa bei den Betriebskosten, die vor allem durch die Steigerung der Ölpreise schwer kalkulierbar sind", warnt Pelikan.

© SZ vom 28.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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