Weltbank:Wolfowitz tritt zurück

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Lange hat er sich an seinen Posten geklammert, jetzt muss Paul Wolfowitz doch die Konsequenzen aus einer Gehaltsaffäre ziehen: Am 30. Juni wird der Amerikaner von seinem Amt zurücktreten.

Nach Wolfowitz' Rücktrittsankündigung soll der Nominierungsprozess für einen Nachfolger sofort beginnen. US-Präsident George W. Bush bedauerte den Schritt in einer ersten Reaktion. Er hätte es lieber gesehen, wenn Wolfowitz im Amt geblieben wäre, akzeptiere aber die Entscheidung, zitierte der Sender CNN das Weiße Haus.

Der deutsche Exekutivdirektor der Weltbank, Eckhard Deutscher, erhob dagegen schwere Vorwürfe gegen Wolfowitz. "Ich badauere die Beschädigungen, die Paul Wolfowitz persönlich erlitten hat, aber in viel stärkerem Maße die Beschädigungen, die er der Weltbank zugefügt hat", sagte der Deutsche.

Seinen Angaben zufolge wird der Weltbank-Präsident nun nicht am G8-Gipfel Anfang Juni teilnehmen.

Wolfowitz seinerseits betonte, es sei an der Zeit, einen "Weg vorwärts" zu finden. Die Ärmsten auf der Welt vor allem in Afrika verdienten "das Beste, was wir bieten können". Vor diesem Hintergrund sei er zu dem Schluss gekommen, dass es am besten wäre, wenn diese Mission unter einer neuen Führung fortgesetzt werde.

Wolfowitz (63) war wegen der Beförderung seiner ebenfalls bei der Bank beschäftigten Lebensgefährtin Shaha Riza auf einen weitaus höher bezahlten Posten unter schweren Beschuss vor allem der Europäer geraten.

In den vergangenen Tagen hatten sich die US-Regierung zusammen mit dem Exekutivrat und Wolfowitz selbst um einen Kompromiss bemüht, um einen offenen Bruch innerhalb des Führungsgremiums zu vermeiden und dem ehemaligen Vizeverteidigungsminister einen freiwilligen Rückzug ohne weiteren Gesichtsverlust zu ermöglichen.

"Wir akzeptieren dies"

In einer am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Erklärung des 24-köpfigen Exekutivrats hieß es nun, Wolfowitz habe dem Führungsgremium versichert, dass er ethisch und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe.

"Wir akzeptieren dies", hieß es wörtlich. Akzeptiert werde auch, dass andere an dem Vorgang Beteiligte ebenfalls ethisch gehandelt hätten. Im vorliegenden Fall hätten jedoch "eine Reihe von Einzelpersonen eine Reihe von Fehlern" begangen und sich die Bankregularien als nicht robust genug für die Belastungen erwiesen, denen sie ausgesetzt gewesen seien. Als Konsequenz müssten die geltenden Regeln und Standards überprüft werden.

Das Gremium dankte Wolfowitz zugleich für seine Arbeit und würdigte seine Verdienste. In den zwei Jahren seiner Amtszeit sei viel erreicht worden, hieß es in der Erklärung unter anderem mit Hinweis auf einen umfassenden Schuldenerlass für die armen Länder weiter. Es sei bedauerlich, dass diese Verdienste von den jüngsten Ereignissen überschattet worden seien.

Wolfowitz hatte bis vor Kurzem entschieden um den Verbleib auf dem Posten gekämpft, für den ihn US-Präsident George W. Bush 2005 ausgewählt hatte. Er werde nicht "unter einer dunklen Wolke" zurücktreten, sagte der Bank-Präsident, der zuvor im Pentagon einer der "Architekten" des Irakkrieges gewesen war.

"Im besten Interesse der Institution"

Gegen die Vorwürfe der Begünstigung seiner Lebensgefährtin verteidigte er sich mit dem Argument, er habe den Ethikausschuss der Bank vor seinem Amtsantritt über den Interessenkonflikt informiert und dann bei dem Arrangement für Riza auf einen informellen Rat des Gremiums hin gehandelt.

In seiner Erklärung vom Donnerstagabend sagte Wolfowitz, er sei erfreut, dass der Exekutivrat nach Studium aller Beweismittel "meine Versicherung akzeptiert hat, dass ich ethisch und nach bestem Wissen gehandelt habe im Sinne dessen, was nach meiner Auffassung im besten Interesse der Institution lag".

Deutscher betonte, Wolfowitz sei durch die Art und Weise, wie er die Organisation geführt hat, untragbar geworden. Wolfowitz habe gegen Ethik- und Personalvorschriften der Bank verstoßen. Der 63- Jährige habe zudem wissentlich falsche Darstellungen in der Presse über die Affäre gebilligt, ohne Rücksicht auf Schaden für die Weltbank um seine Position gekämpft sowie Vertraulichkeitsregeln des Weltbank-Exekutivrats ignoriert.

Von der Weltbank hätte Schaden abgewendet werden können, wäre Wolfowitz dem Rat von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) gefolgt, bereits zum Beginn der Krise zurückzutreten, sagte Deutscher.

Die internationale Entwicklungshilfeorganisation Oxfam forderte unterdessen neue Prozeduren bei der Bestimmung des Nachfolgers gefordert. Der nächste Präsident der Bank müsse in einer "angemessenen offenen und verantwortlichen" Weise gewählt werden.

"Das bisherige ungerechte Arrangement, dem zufolge die USA das Recht zur Bestimmung der Weltbank-Führung haben und die Europäer über die Spitze der Internationalen Währungsfonds entscheiden, muss enden."

Die Organisation, die in mehr als 100 Ländern rund 3000 Projekte unterstützt, beklagt im einzelnen, dass die bisherige Praxis ohne Konsultationen die armen Länder benachteiligt habe, die die Hauptklienten der Bank und des IWF seien. Wenn die Bank eine effektive internationale Institution sein wolle, müsse Wolfowitz' Nachfolger ein Präsident für alle Staaten sein.

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