Weitreichendes Urteil:Der Dax kostet nix

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Ein Gericht gibt Commerzbank im Streit um Lizenzgebühren recht.

Martin Hesse

992 Produkte, die den Dax im Namen führen, spuckt die Suchfunktion auf der Internetseite der Commerzbank-Tochter Comdirect aus. Für jedes dieser Produkte muss der Bank-Konzern Lizenzgebühren an die Deutsche Börse zahlen, die den Leitindex konstruiert hat und seit dem 23. Juni 1988 berechnet. So sieht es die Deutsche Börse.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat jedoch jetzt in zweiter Instanz entschieden, dass die Commerzbank weiterhin mit Optionsscheinen handeln darf, die sich auf den Dax beziehen, ohne dafür Gebühren zu zahlen. Die Deutsche Börse hatte auf Unterlassung geklagt. Das Gericht urteilte, die Bank dürfe den Begriff Dax nur nicht im Sinne einer Marke verwenden.

Frei verfügbare Information

Die Commerzbank argumentiert, sie beziehe sich auf eine frei verfügbare Information. Dagegen beruft sich die Börse darauf, es koste Geld, einen Index zur Verfügung zu stellen.

Deshalb müsse auch die kommerzielle Nutzung eines Index kostenpflichtig sein. Das Landgericht Frankfurt als erste Instanz hatte die Auffassung der Börse bestätigt. Ein Börsen-Sprecher kündigte jetzt an, der Handelsplatzbetreiber werde beim Bundesgerichtshof in Revision gehen.

"Sollte das Urteil vor dem BGH Bestand haben, könnten sehr schnell auch andere Emittenten fragen, warum sie noch für die Nutzung irgendeines Index Lizenzgebühren zahlen müssen", sagte der Kapitalmarkt-Experte Wolfgang Gerke.

Er ist Mitglied des Börsenrates, hat aber selbst ein Zertifikat emittiert, das sich auf den Index Euro Stoxx 50 bezieht. Die Argumentation der Commerzbank sei nachvollziehbar, da der Begriff Dax in den Sprachgebrauch übergegangen sei, sagte Gerke. Jedoch sei auch die Sicht der Börse verständlich.

Die Börse verdient mit der Lizensierung ihrer Indizes nach Angaben eines Sprechers einen einstelligen Millionenbetrag und will die Frage der Index-Nutzung grundsätzlich klären lassen.

Für spezialisierte Index-Anbieter wie Stoxx könnte ein Urteil im Sinne des OLG noch weit größere Bedeutung haben als für die Deutsche Börse. Sprecher anderer Großbanken wollten vor einem rechtskräftigen Urteil nicht dazu Stellung nehmen, ob sie künftig die Zahlung von Gebühren für ihre Indexprodukte verweigern.

© SZ vom 14.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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